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Einst nur für Kaiser und Mönche
Von unserer Mitarbeiterin Ebba Lorenzen
 |  aktualisiert: 11.11.2021 14:29 Uhr

Die kalte Jahreszeit zeigt ihre beste Seite bei einer gemütlichen Teestunde im Advent: Vermischter Duft von Bienenwachskerzen und Gewürzen steigt in die Nase, ein hübsches Service schmeichelt dem Auge und eine Tasse mit heißem, aromatischem Tee, gerne auch verfeinert mit Kandiszucker oder einem Schuss Rum, weckt die Lebenskraft.

Tee erwärmt Körper und Seele, er beflügelt den Geist, schwärmen die einen. „Ich mag den Tee lieber kühl und gelb“, entgegnete dem Winston Churchill, der sich dabei dem Whiskey zugewendet haben soll.

Viele Geschichten ranken sich um das Kultgetränk, welches schon vor 5000 Jahren gereicht wurde. Ursprünglich stammt der Teestrauch (Camellia Sinensis) aus China. Erst 1823 wurden auch im nördlichen Indien, in der Provinz Assam, aromatische, wild wachsende Teepflanzen (Camellia assamica) entdeckt, die, mit bewährten Sorten gekreuzt, heute in unterschiedlichen Klimazonen von Asien, Afrika und Amerika weitergezüchtet werden. Einst eine Kostbarkeit für Kaiser und Mönche gilt Tee heute, neben Wasser, als das meist konsumierte Getränk weltweit. 3,2 Billionen Tassen werden pro Jahr aufgebrüht, das entspricht etwa 450 Tassen pro Kopf.

Viele Völker nennen Tee als ihr Nationalgetränk, dessen Genuss sie wirkungsvoll zelebrieren. Je nach Kulturkreis wird er unfermentiert als grüner Tee oder komplett oxidiert als schwarzer Tee aufgebrüht. In chinesischen oder japanischen Teehäusern trank man aus extra zarten und fein bemalten Porzellantassen, plauderte oder lauschte Theateraufführungen. Im russischen Samowar wurde Tee den ganzen Tag über heiß gehalten, in Nordafrika oder im Orient wird er als eine Willkommensgeste angeboten.

Nach Europa kam der Tee Anfang des 17. Jahrhunderts. 1610 brachte ein holländisches Schiff die erste Ladung mit grünem Tee in die Niederlande, von wo aus sich die Begehrlichkeit über europäische Adels- und Bürgerhäuser verbreitete. Aber nicht jeder konnte sich begeistern: „Tee kommt mir vor wie Heu und Mist, mon Dieu, wie kann so was Bitteres und Stinkendes erfreuen,“, mäkelte 1710 Liselotte von der Pfalz über die neuen Sitten am Hofe von Versailles. Zur Erklärung: Lieferungen auf dem Seeweg von Asien nach Europa waren sechs bis neun Monate unterwegs, die Teesäcke lagerten unterdessen im muffigen Schiffsbauch. Von 1669 bis 1833 verteidigte die Britische Ostindien-Kompanie ihr Handelsmonopol mit Fernost gegen andere Seemächte. Als aber die Briten 1773 in Amerika Zölle und Teesteuern einführen wollten, protestierten Bostoner Bürger und schütteten, als Indianer verkleidet, die Ladung eines englischen Schiffes, 45 Tonnen Tee, in den Hafen. Als Symbol für Protest und Unabhängigkeit ist diese Tat heute den Anhängern der „Tea-Party-Bewegung“ Vorbild.

Tee schon am frühen Morgen oder „afternoon-tea“ war in England ab dem 17. Jahrhundert ein Muss. Ein „Teelöffel“ bestimmte die Menge der Blätter pro Tasse. Bequemer ist heute der Teebeutel, eine Idee des New Yorker Teehändlers Thomas Sullivan, der seinen Kunden 1908 seidene Beutelchen mit Teeproben zuschickte. Die Erfindung wurde in Deutschland von der Firma Teekanne aufgegriffen und verbessert, um damit im Ersten Weltkrieg die Soldaten zu versorgen.

Tee wird heute von Gesundheitsbewussten vor allem wegen seiner anregenden Wirkung und Heilkraft geschätzt. Teeblätter enthalten mehr Koffein als Kaffeebohnen. Tee wirke auch gegen Zahnkaries, steigere die Elastizität der Blutgefäße, und die enthaltenen antioxidativen Flavonoide könnten das Krebsrisiko senken, heißt es in neueren Untersuchungen. Ob aber letztlich der schwarze Tee oder die unfermentierten grünen und weißen Sorten heilsamer sind, darüber wird weiter gestritten.

Geschenktipp: Mehr über Tee erzählt der Bildband zur Iphofener Tee-Ausstellung „Teewege – Historie, Kultur, Genuss“, Verl. J.H. Röll, ISBN 978-3-89754-437-6, Preis 39 Euro. Im Handel findet man traditionelles oder modernes Teegeschirr: hübsche Becher, ein ganzes Service oder Zubehör. Und über besondere Teesorten freuen sich alle Tee-Liebhaber.

 
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