Die Arbeiten am Zeller Bock schreiten voran. Das ganze Umland wartet sehnsüchtig auf die Neueröffnung der wichtigen Verbindung in den westlichen Landkreis im Jahr 2015. Bei den Bauarbeiten in der Frankfurter Straße fand man jetzt in einer Wasserstube einen „Hydraulischen Widder“, der noch in einem sehr guten Zustand war. Lediglich eine Glasabdeckung der Stube fiel auf den Widder ohne etwas zu beschädigen und war dort noch vorhanden. Dieser „Hydraulische Widder“ diente der Versorgung der umliegenden Häuser am Zeller Bock wie dem Wohnhaus der Familie Bolza, die enge Beziehungen zu dem Druckmaschinen-Hersteller Koenig & Bauer hatte.
In der Wasserstube befand sich eine Tafel mit folgender Inschrift: „Wasserleitung für die Villa Waldeck, erbaut im Jahre 1901“. Auf dem Widder ist die Firmenbezeichnung „Maschinen- und Armaturenfabrik vorm. H. Breuer & Co Höchst a/Main“ vermerkt. Der „Widder“ wurde mittlerweile sorgfältig abgebaut und soll in der Wassergemeinde Zell seine neue Heimat finden.
Bürgermeisterin Anita Feuerbach bestätigt das in einem Gespräch. „Wir haben bei Koenig & Bauer nachgefragt und uns wurde mündlich bestätigt, dass wir das historische Teil in der Gemeinde ausstellen können.“ Der Widder soll nicht wie zuerst mal angedacht im Zeller Wassermuseum im Gasthaus „Rose“ untergebracht werden, sondern am Bürgerbräustollen in einer Wandnische.
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Das Wasser wurde früher durch den hydraulischen Widder hochgepumpt. Auf dem Speicher des Wohnhauses Bolza, in der Friedrich-Koenig-Anlage, befand sich ein Tank aus Blei, der es aufnahm. Friedrich von Koenig, der 1774 in Eisleben geboren wurde, schuf die nach ihm benannte Anlage. Gestorben ist er am 17. Januar 1833 in Oberzell, wo er auch beerdigt wurde.
Der Hausbesitzer, Diplom-Ingenieur Hans Bolza, war langjähriger Vorstandsvorsitzender und Familienmitglied des Firmengründers der traditionsreichen Druckmaschinenfabrik Koenig & Bauer. Er wurde im Jahre 1889 geboren und war der Urenkel des Erfinders der Zylinderdruckmaschine Friedrich Koenig. Sein Vater war Albrecht Bolza, Sohn von Luise Koenig, der Tochter von Friedrich Koenig, der 1886 in die Firma eintrat.
Unter seiner Leitung wurde im Jahr 1901 ein Werksneubau am heutigen Standort auf der rechten Mainseite errichtet und 1905 dann die Schnellpressenfabrik Koenig & Bauer in eine GmbH umgewandelt. Ab1919 begann Hans Bolza in der Firma „Koenig und Bauer“ zu wirken.
Unter seiner Leitung erfolgte im Jahre 1920 die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft und die Übernahme der Schnellpressenfabrik Bohn & Herber in Würzburg. 1945 wurde Hans Bolza von den Besatzungsbehörden als Präsident der IHK eingesetzt.
Was aber ist nun ein „Hydraulischer Widder“? Eine Pumpe, die das Wasser ohne Zufuhr von Fremdenergie auf ein höheres Geländeniveau befördert. Die Bezeichnung ist eine direkte Übersetzung des französischen „belier hydraulique“ ins Deutsche. Der „Widder“ aus der Frankfurter Straße stammt aus dem Jahre 1901.
Er ist eine Einrichtung, um am einfachsten und kostengünstigsten Wasser zu pumpen. Er benötigt fast keine Wartung und braucht weder elektrische Energie noch fossile Brennstoffe. Wie Professor Tiago Filho feststellte, handelt es sich bei einem Widder um eine automatisch arbeitende Maschine, die sich einen physikalischen Effekt zunutze macht, um Wasser zu pumpen. Der physikalische Effekt ist der „Widderstoß“, eine plötzliche Druckwelle, die immer dann auftritt, wenn bei einem von Wasser durchströmten Rohr plötzlich der Auslass verschlossen wird.
Der hydraulische Widder geht auf den französischen Erfinder und ersten Ballonfahrer Joseph Michel Montgolfier zurück und ist eine ganz einfache Maschine. Sie besteht aus einer Wasserfassung als Vorratsbehälter, einer Treibleitung, einem Stoßventil, einem Druckventil, einem Windkessel als Druckbehälter und einer daran angeschlossenen Steigleitung. Die Größe des Widders hängt davon ab, welche Zulaufhöhe und welche Wassermenge zur Verfügung stehen. Die geförderte Wassermenge hängt ihrerseits wieder von der Größe des Widders und vom Verhältnis der Zulaufhöhe zur Förderhöhe ab.
Durch den Druck wird am Anfang das Druckventil geöffnet und Wasser strömt in den Windkessel. Dadurch wird die dort befindliche Luft komprimiert, bis ein Druckausgleich entsteht. Unter dieser Bedingung ist der hydraulische Widder betriebsbereit. Mit einem „Hydraulischen Widder“ können Förderhöhen bis über 500 Meter erreicht werden. Widder werden auch heute noch gebaut, in Europa beschränkt sich ihre Anwendung auf die Wasserversorgung abgelegener Berghütten und Gehöfte. Es ist bemerkenswert, dass dieses so wertvolle „Industriedenkmal“ noch erhalten blieb, gerettet wurde und bald in Zell zu besichtigen ist.
Unser Gastautor Willi Dürrnagel ist Stadtrat der CSU und Vorsitzender des Verschönerungsvereins Würzburg. Sein umfangreiches Wissen über die Stadt und ihre Geschichte gibt der 66-Jährige häufig bei Führungen an Interessierte weiter.