Hermes-Handtaschen, Rolex-Uhren, Chanel-Parfüm, die Sonnenbrille von Ray Ban, Poloshirts von Lacoste: In vielen Urlaubsländern wie der Türkei oder Thailand locken an jeder Ecke Fälschungen bekannter Luxusmarken zum Spottpreis. Millionen deutsche Touristen erliegen jeden Sommer wieder dem Reiz, stapelweise abgekupferte Designer-Artikel, Medikamente oder Kosmetika aus den Ferien mitzubringen. Hauptsache billig und das Etikett macht Eindruck daheim. Doch wie viel Raubkopie ist eigentlich erlaubt?
Die Spielregeln für die Einfuhr von Plagiaten sind zunächst einmal erstaunlich großzügig. Ein bisschen Designer-Imitat für den Privatgebrauch darf tatsächlich sein. Der Handel mit Fälschungen ist zwar verboten. Der Besitz bis zum Wert von 430 Euro pro Person aber nicht, wenn es um Reisen außerhalb der Europäischen Union geht. Kommt ein Urlauber etwa mit einer nachgemachten Uhr sowie einer „Fake“-Handtasche im Gepäck zurück, ein paar gefälschten T-Shirts und Jeans, die ganz offensichtlich für eine Person gedacht sind, ist das noch im grünen Bereich.
Bei Dutzenden imitierter Uhren im Gepäck plus massenweise T-Shirts, Hemden, Jeans und Schuhen in verschiedenen Größen hört die Straffreiheit dagegen schnell auf, wie der Münchner Rechtsanwalt Alexander Gaul erklärt, der im Namen von Luxusherstellern gegen groß angelegte Produktpiraterie vorgeht.
Unwissenheit schützt nicht
Das Einführen größerer Mengen Plagiate nach Deutschland ist schlichtweg illegal. Wird ein Tourist mit Koffern voller Imitate erwischt, geht der Zoll unweigerlich davon aus, dass er die Mitbringsel weiterverkaufen will. „Unwissenheit schützt nicht vor Strafe“, warnt Thomas Meister, Sprecher des Hauptzollamts am Münchner Flughafen. Das gilt selbst für ertappte Urlauber, die mit Handel gar nichts im Sinn haben, sondern auf dem Basar in Antalya nur dem Kaufrausch verfielen und für Kinder, Neffen und Nichten gleich mal „mitgeshoppt“ haben.
Wer im Urlaub nicht widerstehen kann und sich mit Billig-Imitaten für den Privatgebrauch ausstaffieren will, darf es also nicht übertreiben. Und er sollte noch vor der Heimreise gut rechnen. Die mitgebrachten Raubkopien dürfen keinesfalls mehr als 430 Euro zusammen kosten. Pro Person. „Dabei zählt der tatsächlich gezahlte Preis am Urlaubsort, nicht der Originalpreis daheim“, erläutert Meister. Diese Freimenge gilt bei der Rückreise per Flugzeug oder Kreuzfahrtschiff. Bei der Einreise per Bahn oder Auto liegt das Limit bei 300 Euro. Kinder unter 15 Jahren dürfen Plagiate für 175 Euro dabei haben.
Wer bei der Ankunft daheim den grünen Ausgang beim Zoll nimmt, sollte dann auch wirklich nicht mehr im Koffer haben als erlaubt. Bei einer Stichprobe durch die Zollbeamten kann es für den ertappten Schmuggler sonst ungemütlich werden. Er muss dann noch vor Ort einen Zollzuschlag als eine Art Bußgeld zahlen und schlimmstenfalls mit einem Steuerstrafverfahren rechnen. Plus hohen Kosten.
Hohe Geldstrafen
Mit dem Durchschreiten des grünen Ausgangs am Flughafen gibt der Reisende unausgesprochen eine Art Steuererklärung ab. Ist die Freimenge überschritten, wird der Urlauber für den „überschrittenen“ Wert zur Kasse gebeten. Kann er keine Kaufbelege vorzeigen, wird die Ware von den Zollbeamten geschätzt. Wem nachgewiesen werden kann, dass er mit Fälschungen handeln wollte, muss sich warm anziehen: Auf das „Inverkehrbringen von markenverletzender Ware“ stehen hohe Geldstrafen, immer abhängig von Mengen und Wiederholungstaten, erläutert Rechtsanwalt Gaul. Außerdem kann die Firma, deren Markenrechte verletzt wurden, Schadenersatzansprüche geltend machen. Die Unterlassungserklärung allein kostet ab tausend Euro aufwärts.
Plagiate kaufen sei „wirklich kein Kavaliersdelikt“, warnt Gaul. Reisende sollten beim Kauf imitierter Waren nicht nur an den eigenen Geldbeutel denken. Jedem müsse klar sein, dass er Firmen damit schade. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung schätzt den durch Raubkopien verursachte Schaden weltweit auf über 250 Milliarden US-Dollar pro Jahr.
Dazu kommt, dass sich der Imitat-Fan auch selbst schaden kann. Fälschungen sind häufig billigst produziert, oft von schlechter Qualität und selbst das wenige Geld meist nicht wert. „Vorsicht ist vor allem bei kopierten Arzneimitteln geboten“, warnt Zollamtssprecher Meister.