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Ein Spartaner in Würzburg
Von unserem Mitarbeiter Stefan Römmelt
 |  aktualisiert: 16.12.2020 11:43 Uhr

Am Ostersonntag ist Antonios Maroussis nach Griechenland geflogen. Wieso geht der langjährige Pfarrer und jetzige „Hilfspfarrer“ der Würzburger griechisch-orthodoxen Gemeinde in Urlaub, während seine deutschen Kollegen im Feiertagsstress sind? Der Grund ist einfach: Die griechisch-orthodoxe Kirche feiert das Osterfest in diesem Jahr am 5. Mai, knapp einen Monat später als die Katholiken und Protestanten.

Frage: Herr Pfarrer, wo fühlen Sie sich zu Hause?

Maroussis: Ich fühle mich in Würzburg wohl. Aber Sparta mit seinen 20 000 Einwohnern ist meine eigentliche Heimat. Ich bin in dieser südgriechischen Stadt mit großer Vergangenheit geboren und habe dort 21 Jahre gelebt. Man kann nur eine Heimat lieben. Ich bin ein Patriot.

Was schätzen Sie besonders an Sparta?

Maroussis: Oh, dort sind sehr viele Sachen schön. In Sparta wachsen die besten Orangen von Griechenland. Das Klima ist gut, und die Früchte sind süß.

Und was schätzen Sie an Deutschland?

Maroussis: Die Deutschen haben Ordnung, sie gehorchen den Gesetzen. Fast zu viel. Und sie sind fleißig. Aber die heutige Jugend ist nicht mehr so fleißig wie früher. In der Not arbeitet man mehr. Wohlstand ist die Katastrophe eines Volkes.

Wer ist eigentlich schuld an der schwierigen Lage Griechenlands?

Maroussis: Viele, auch die Deutschen, sind schuld. Aber die griechischen Politiker sind auch mit verantwortlich. Sie sind die schlimmsten.

Sehen Sie eine Lösungsmöglichkeit?

Maroussis: Nur wenn eine echt patriotische Partei mit gläubigen Politikern in Griechenland an die Macht kommt, wird es besser. Aber generell sehe ich sehr große Probleme. Nur Gott weiß.

Welche Erfahrungen haben Sie hier in Würzburg gemacht?

Maroussis: Hier habe ich viele Freundschaften geschlossen. Ich pflege zahlreiche Kontakte mit der römisch-katholischen Kirche. Schon in den Jahren von 1971 bis 1973 habe ich im Würzburger Dom an der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland als Beobachter teilgenommen. Besonders mit Bischof emeritus Paul-Werner Scheele und Weihbischof emeritus Helmut Bauer verbinden mich viele fruchtbare Begegnungen.

Auf Ihre Kapelle sind Sie sehr stolz . . .

Maroussis: Ja, unsere jetzige Kapelle in der Martinstraße hat uns das Domkapitel kostenlos zur Verfügung gestellt. Dafür sind wir sehr dankbar. Die Kirche mit den Fresken von Karl-Heinz Fülbier ist unsere Heimat.

Seit Januar konzentrieren Sie sich als „Hilfspfarrer“ auf die Feier der göttlichen Liturgie. Wie hat in den Jahrzehnten zuvor Ihr Arbeitsalltag ausgesehen?

Maroussis: Meine Pfarrei reicht von Fulda im Norden bis nach Künzelsau im Süden und von Aschaffenburg bis nach Schweinfurt. Deswegen war ich von Freitagnachmittag bis Sonntagabend immer unterwegs. Meine 2010 verstorbene Frau Evanthia hat das akzeptiert und war als Sängerin oft dabei. Sie war auch eine wichtige Ansprechpartnerin für die griechischen Frauen. Wie wichtig sie für viele Menschen gewesen ist, habe ich erst nach ihrem Tod erfahren.

Sie haben aber nicht nur Gottesdienste gehalten.

Maroussis: Ja, ich habe in ganz Deutschland bis auf Hamburg über 500 Vorträge gehalten. Über Griechenland, die griechisch-orthodoxe Kirche, die griechische Kultur mit Musik und Text. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Von 1961 bis heute.

Wie sehen Sie die Zukunft der griechischen Gemeinde in Würzburg?

Maroussis: Die meisten bleiben hier. Die Griechen passen gut in die deutsche Kultur. In den deutschen Krankenhäusern arbeiten viele griechische Ärzte. Es gibt kaum ein Krankenhaus, in dem nicht ein Grieche ist. Schuld ist nicht nur die ökonomische, sondern auch die moralische Krise. Die Welt ist fern von Gott.

Und was muss Ihrer Meinung nach geschehen, damit die getrennten Kirchen wieder zueinander finden?

Maroussis: Wir haben Unterschiede zwischen der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche. Wir sind die urkatholische, ungeteilte Kirche. Wir haben die Lehre Christi und der Apostel ohne Zusätze oder Abstriche bewahrt. Deswegen ist eine Vereinigung nur dann möglich, wenn die römisch-katholische Kirche zum alten gemeinsamen Glauben der sieben ersten ökumenischen Konzile der ersten acht Jahrhunderte der Kirchengeschichte zurückkehrt.

 
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