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BERLIN
Ein hartes Brot: Bäcker haben einen Knochenjob
Von dpa-Korrespondentin Kristin Kruthaup
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:39 Uhr

Klar, für Morgenmuffel ist der Beruf des Bäckers nichts. Und die Arbeit ist kein Zuckerschlecken. Doch das Gute ist: Wer die Lehre schafft, hat hinterher so gut wie sicher einen Job. Denn Bäcker sind gesucht.

Die Faust saust auf den Holztresen. Von der kleinen Teigkugel bleibt nur ein Flatschen zurück, etwas größer als ein Ein-Euro-Stück. Nun bearbeiten die Finger die Teigmünze einmal rundherum – bis sie noch etwas platter und größer ist. Dann das Ganze vom Tresen abgeklaubt, in der Schüssel mit den Streuseln gewendet und ab auf das Blech zu den anderen Streuselschnecken. „Insgesamt machen wir 400 davon“, sagt Bäckermeister Karsten Berning, und schon haut er mit seiner Faust auf die nächste Teigkugel ein. Die Uhr an der Wand zeigt 7.15 Uhr. In weniger als drei Stunden ist in der Backstube die Schicht vorbei.

Jeder zehnte Lehrling wirft hin

Wer einem Bäcker bei der Arbeit zugucken möchte, kommt um 7 Uhr morgens im Prinzip zu spät. Um 2 Uhr haben Berning, die beiden Gesellen und der Praktikant mit den Brötchen angefangen. Als sie 700 von ihnen fertig hatten, kamen die Brote. Nun, gegen Ende, sind nur noch die süßen Teile zu machen. „Das Schöne ist, dass man am Ende der Schicht im Verkaufsraum sieht, was man geschafft hat“, sagt Berning.

Im Jahr 2011 haben 3966 junge Menschen eine Lehre zum Bäcker begonnen. „Der Ausbildungsberuf ist bei den jungen Menschen aber nicht sonderlich beliebt“, sagt Siegfried Poll von der Gewerkschaft Nahrung, Genuss und Gaststätten. „Es ist harte Arbeit für wenig Geld“. Jeder zehnte Lehrling wirft wieder hin.

Denn Bäcker arbeiten dann, wenn andere schlafen. Jede Nacht stehen sie in der Backstube, wiegen und mischen die Teigzutaten, formen Brötchen und schieben sie in den Ofen. „Die Nachtarbeit hält nicht jeder aus“, sagt Bäckermeister Berning. Dazu kommt die Arbeit am Wochenende.

Trotz der Plackerei ist der Lohn nicht eben üppig. Auszubildende verdienen laut der Bundesagentur für Arbeit im ersten Lehrjahr 380 bis 400 Euro, im zweiten Lehrjahr 460 bis 500 Euro und im dritten Lehrjahr 550 bis 600 Euro. Und als Geselle wird es nicht viel rosiger. Gesellen bekommen in den ersten fünf Berufsjahren rund 1900 Euro brutto, sagt Poll von der Gewerkschaft. Danach steigt der Lohn auf 2100 Euro brutto.

Weltweites Arbeiten möglich

Dennoch gibt es durchaus Gründe, sich für diesen Beruf zu entscheiden. „Die Jobaussichten sind ausgesprochen gut“, sagt Sylvelie Laß von der Handwerkskammer in Berlin. Wer die Ausbildung beende, habe danach seinen Arbeitsplatz so gut wie sicher. Zudem könne man als Bäcker weltweit arbeiten. „Das können sie genauso in der Bäckerei um die Ecke machen wie auf einem Kreuzfahrtschiff“, so Laß.

Wer in einem kleineren Familienbetrieb als Lehrling anfängt, lernt die Arbeit von der Pike auf. Denn anders als in den meisten Großbäckereien sind hier viele Prozesse noch nicht automatisiert.

So wie in der Backstube von Karsten Berning. Hier ist es am Ende der Schicht sehr heiß. Seit Stunden bullert der große, schwarze Ofen in der Ecke vor sich hin. Berning, den Gesellen und dem Praktikanten läuft der Schweiß von der Stirn. Immer wieder machen sie den Ofen auf, ziehen ein Backblech mit fertigen Streuselschnecken heraus und schieben ein neues hinein. Um die riesigen Backbleche hin- und her zu wuchten, braucht es zwei Personen.

„Diesen Job muss man wollen“, sagt Berning. Sucht er neue Lehrlinge aus, schaut er nicht auf die Noten. „Ich achte auf die Motivation“, sagt er. Denn wer diese Lehre nicht unbedingt machen will, schaffe es nicht, jede Nacht um 2.00 Uhr pünktlich zur Schicht. Außerdem empfiehlt er jedem, zunächst einmal ein Praktikum bei einem Bäcker zu machen. „Es gibt einfach Leute, die können das mit dem nachts arbeiten nicht“, sagt er. Das merke man aber erst, wenn man es ausprobiere.

Sylvelie Laß sagt, Bewerber bräuchten handwerkliches Geschick. Außerdem seien Grundkenntnisse in Mathe nötig. Auch sie rät dringend dazu, ein Praktikum zu machen.

Menschen, die zu Allergien neigten, seien in dem Beruf ebenfalls nicht gut aufgehoben. Unter Bäckern ist die Berufskrankheit Mehlstauballergie immer noch sehr verbreitet. Wer in dieser Hinsicht empfindlich ist, sollte sich daher auf eine mögliche Mehlallergie beim Arzt testen lassen, empfiehlt Laß.

Heute sei es mit der Mehlstauballergie aber längst nicht mehr so schlimm, sagt Berning. Das sei nicht mehr wie früher, als der Spruch galt: Wenn Du kein Bäckerasthma hast, bist du kein Bäcker gewesen.

Obwohl es inzwischen 8.00 Uhr morgens ist und Berning schon seit Stunden arbeitet, ist er bester Laune. „Das sieht doch klasse aus“, sagt er, als er ein Blech aus dem Ofen holt und das nächste hineinschiebt. Der Praktikant neben ihm nickt müde. Er wirkt schon leicht abgekämpft. Und das, obwohl auf seinem T-Shirt steht: „Party all night long.“ Party die ganze Nacht lang.

 
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