Zahnarzt in Marktbreit
Der 1896 geborene Sohn eines Bahnmeisters wurde im Ersten Weltkrieg mehrfach ausgezeichnet und studierte danach Zahnmedizin. Schon 1919 steckte er in Marktbreit (Lkr. Kitzingen) während der Nachtstunden antisemitische Flugblätter in Briefkästen. Nach der Promotion zum Dr. med. dent ließ sich Hellmuth in Marktbreit nieder. Er machte in der weit verzweigten Organisation des Trutzbundes Karriere, zunächst als Kreisleiter von Unterfranken dann 1923 als Gauleiter von Nordbayern.
Bereits 1922 trat Hellmuth auch der NSDAP bei. Um diese Zeit holte er die rechtsradikale Agitatorin Andrea Ellendt ins Maindreieck, wo sie in Hunderten von Veranstaltungen gegen die Juden und die Weimarer Republik hetzte.
Nach der Auflösung des Schutz- und Trutzbundes verstärkte Hellmuth sein Engagement in der NSDAP und machte rasch Karriere: 1927 ernannte Hitler den Zahnarzt zum "Gauleiter" der unterfränkischen Nationalsozialisten. Im folgenden Jahr wurde er in den Bayerischen Landtag gewählt.
Als im März 1929 in Manau bei Hofheim ein fünfjähriger Bub mit einer Halswunde tot aufgefunden wurde, behauptete Hellmuth, Juden hätten einen "Ritualmord" begangen, was die Justizbehörden detailliert widerlegten. Bei einer Versammlung in Hofheim rief der Zahnarzt kaum verhüllt zur Lynchjustiz an Juden auf.
Am 16. Juni 1931 prophezeite Hellmuth in einer Landtagsdebatte: "Wenn Hitler und die Nationalsozialisten ans Ruder kommen, dann werden sie durchgreifen. Köpfe werden dann in den Sand rollen." Bald konnte Hellmuth, der seit März 1933 Reichstagsabgeordneter und ab Mai 1934 Regierungspräsident von Unterfranken war, seinen Worten Taten folgen lassen. Außer einer prononciert antikirchlichen Politik - mehrmals wurde das Würzburger Palais von Bischof Matthias Ehrenfried gestürmt - machte Hellmuth vor allem durch antijüdische Aktionen auf sich aufmerksam.
"Das von Otto Hellmuth geführte Mainfranken wollte Julius Streicher im benachbarten Nürnberg nicht nachstehen und wurde in seiner Politik des Judenhasses und der Judenaustreibung einer der ersten und gefürchtetsten Gaue Deutschlands", schrieb später Curt C. Silberman, ein aus Würzburg stammender amerikanischer Anwalt.
Euthanasie-Morde
Im September 1940 ordnete Hellmuth persönlich die sofortige Räumung mehrerer Abteilungen der Heil- und Pflegeanstalt in Werneck (Lkr. Schweinfurt) an. Hunderte von psychisch Kranken allein aus dieser Einrichtung wurden im Rahmen der "Euthanasie" ermordet.
Zur Durchsetzung seiner rabiaten rassenpolitischen Vorstellungen rief der Gauleiter den "Dr.-Otto-Hellmuth-Plan" für die Rhön ins Leben. Um die Folgen von "Degeneration" und "Inzucht" auszumerzen, ließ Hellmuth in Zusammenarbeit mit der Universität Würzburg zahlreiche Rhöndörfer durchkämmen. Am Ende standen oft "rassehygienische Maßnahmen", die von der Sterilisation ganzer Familien und ihrer Verschleppung in Arbeitslager bis zur Tötung reichten.
Als Würzburg am 16. März 1945 zerstört wurde, gab Hellmuth Durchhalteparolen an die Bevölkerung aus. Er selbst floh jedoch mit seinen Mitarbeitern zu einer Volkssturm-Einheit nach Südbayern. Eine bizarre Karawane schlängelte sich durch Unterfranken, die Dorfbewohner trauten ihren Augen nicht. Der Tross der Autos aus Würzburg hatte Massen von Lebensmitteln dabei, während die Bürger schon lange hungerten.
Liquidierung angeordnet
Nach Kriegsende gelangte Hellmuth unerkannt in amerikanische Gefangenschaft, floh im Sommer 1945 und schlug sich in Norddeutschland durch, wo er zwei Jahre unter falschem Namen lebte. Nach der Enttarnung und Verhaftung im Mai 1947 verurteilte ihn der Oberste US-Militärgerichtshof in Dachau zum Tod durch den Strang, weil er die Liquidierung abgeschossener alliierter Bomberpiloten angeordnet hatte. Mindestens sechs Piloten starben. Später wurde Hellmuth begnadigt; unter anderem hatte sich der Würzburger Bischof Matthias Ehrenfried für den Katholiken Hellmuth eingesetzt.
Otto Hellmuth saß bis 1955 im Gefängnis Landsberg, wo er sich als Zahnarzt für die Mitgefangenen betätigte. Im Juni dieses Jahres wurde er freigelassen. In Kassel beantragte und erhielt er eine "Heimkehrer-Entschädigung" von 5160 Mark für die Haft. 1958 ließ sich Hellmuth als Zahnarzt in Reutlingen nieder. Die AOK erteilte ihm und nicht den 21 Mitbewerbern die Zulassung für alle Krankenkassen, weil er "die älteste Approbation" vorweisen konnte. Die Kassenzahnärztliche Vereinigung von Unterfranken und der DGB hatten vergeblich protestiert.
Hellmuth nahm sich 1968 das Leben, ganz bewusst an Hitlers Geburtstag. Schon nach seiner Verhaftung 1947 hatte er einen Selbstmordversuch unternommen und an die Zellenwand mit seinem eigenen Blut "Heil Hitler" geschrieben. Hellmuth blieb "verbohrt bis zuletzt". Das ist auch der Titel einer Radiosendung des Bayerischen Rundfunks, die am Sonntag ausgestrahlt wird (siehe Artikel links).