Den Frühling erschnuppern konnten die Besucher von FORUM 55 bei einem Spaziergang durch den Botanischen Garten. Dr. Gert Voss, wissenschaftlicher Leiter des Botanischen Gartens, führte die Gruppe auf Waldwegen zu den Frühblühern, erklärte die Besonderheiten von bekannten oder unscheinbaren Pflanzen, erzählte Legenden und erklärte die Tricks mancher Blumen für die Bestäubung.
In dem kurzen Zeitfenster, wenn die Bäume noch keine Blätter haben und die Frühjahrssonne den Waldboden erreicht, beeilen sich Frühlingsblumen wie Buschwindröschen, Scharbockskraut oder der hohle Lerchensporn mit der Blüte. In Wurzelknollen, Wurzelausläufern oder Zwiebeln legen sie dazu schon im Herbst Reserven an, so dass sie im Frühjahr schneller austreiben können. Die jungen Blätter des Scharbockskrauts, die viel Vitamin C enthalten, galten früher als Heilmittel gegen Skorbut; nach der Blüte werden sie giftig.
Eindringlich warnte der Wissenschaftler vor dem unbekümmerten Sammeln der Bärlauchblätter. Man müsse schon sehr genau hinschauen, um eine Verwechslung mit dem Grün der Maiglöckchen zu vermeiden. Noch gefährlicher aber seien die sehr ähnlichen, aber hochgiftigen Blätter der Herbstzeitlosen, die schon im Frühjahr wachsen, aber erst im Herbst blühen. Eine Geruchsprobe reiche nicht aus, der Verzehr könne tödlich sein.
Ein Stückchen weiter wächst das echte Lungenkraut, dessen Blüten mit der Zeit die Farbe wechseln: jung sind sie zartrosa, später dann violett. So zeigen sie den Insekten an, wo ein Besuch am verlockendsten ist und sichern damit ihre Bestäubung. In voller Blüte standen noch die roten und weißen Blüten der Christrosen, von deren Namensgebung die Legende erzählt: Ein ungläubiger keltischer König habe die christlichen Missionare ausgelacht: Bevor er sich zum Glauben bekehre, müssten erst im Winter die Rosen blühen. Und siehe da, von Dezember bis März blüht der Schwarze Nieswurz, auch Schneerose genannt.
Im Frühling wechselt die Blütenpracht im Garten von Woche zu Woche, sagte Dr. Voss. Es lohne sich, immer mal wieder vorbeizuschauen.
Der Botanischen Gartens der Universität, Julius-von-Sachs-Platz 4, am Ende des Mittleren Dallenbergwegs, ist ganzjährig, auch an Wochenenden und Feiertagen, geöffnet, von April bis September von 8 bis 18 Uhr. Die Pflanzenschauhäuser schließen 30 Minuten früher. Der Eintritt ist frei.