Immer mehr Männer stellen sich heute die Frage: Kind und Karriere – wie soll das gehen? Ein kultureller Wandel entsteht, angetrieben von den überraschend gut angenommenen Papamonaten. In seinem Buch „Die neuen Väter zwischen Kind und Karriere“ (Buderich Verlag, 12,90 Euro) beschreibt der Journalist Thomas Gesterkamp das Dilemma der Väter zwischen Laptop und Wickeltisch und liefert Ideen für die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Partnerschaft.
Thomas Gesterkamp: Die modernen Väter wollen zu Hause nicht mehr randständig sein, sie wollen von ihren Kinder etwas mitbekommen und sie stellen neue Ansprüche an ihre Vorgesetzten und Kollegen. Viele Väter haben aber Probleme, ihre Wünsche am Arbeitsplatz durchzusetzen und haben daher ein Vereinbarkeitsproblem, was jahrelang nur von Frauen besetzt schien.
Gesterkamp: Traditionell arbeiten Männer Vollzeit, ohne Unterbrechung, durchgehend bis zur Rente. Frauen gesteht man Unterbrechungen in ihrer Berufsbiografie eher zu und daher gibt es für Frauen auch viel mehr Teilzeitangebote. Noch vor ein paar Jahren wurden Männer, die Elternzeit nehmen oder Teilzeit arbeiten wollten, als Weichei belächelt. Mittlerweile ist es in der Gesellschaft positiv besetzt, wenn sich Väter um ihre Kinder kümmern wollen.
Gesterkamp: Finden Sie das wenig? Vor 20 Jahren gingen 1,5 Prozent der Männer in Erziehungsurlaub, so hieß das damals. Als 2007 das Gesetz zu Elterngeld und Elternzeit reformiert wurde, beantragten 3,5 Prozent der Väter das neue Elterngeld. Im Jahr 2013 haben 28 Prozent der Väter in Deutschland Elterngeld bezogen, in Bayern waren es sogar 35 Prozent. Die Zahlen belegen, dass das staatliche Angebot des Elterngeldes das Verhalten der Männer verändert hat.
Gesterkamp: Ja, aber das passiert schleichend. Der in vielen Bereichen noch patriarchale Sozialstaat fördert mit Ehegattensplitting, Krankenmitversicherung von Ehefrauen und Witwenversorgung weiterhin die alte Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern. Elterngeld und „Papamonate“ sind für aktive Väter sicher ein großer Fortschritt. Erstmals wird ihnen auch finanziell ein attraktives Angebot gemacht, das berücksichtigt, dass sie in vielen Familien weiterhin die Haupternährerrolle stemmen. Die Erwartungen ihrer Partnerinnen sind für viele Männer aber auch ein echtes Dilemma: Sie sollen oft die Versorger bleiben, sich aber auch privat engagieren und liebevoller Erzieher sein.
Gesterkamp: Viele Männer würden gerne Teilzeit arbeiten, allerdings gefällt ihnen nicht, dass sie kein Recht zur Rückkehr auf eine Vollzeitstelle haben. Das schreckt noch die meisten Männer ab. Wir brauchen eine väterfreundlichere Personalpolitik.
Gesterkamp: Flexible Arbeitszeitmodelle für Männer und Frauen wären eine gute Lösung. Dabei müssen Mütter und Väter nicht sklavisch genau die gleiche Arbeitszeit haben. Im ersten Jahr können Männer zu Hause kaum mit der Frau konkurrieren. Doch dann geht es darum, vom Assistenten zum Teilhaber zu werden. Denn viele Männer verlieren schon im ersten Lebensjahr des Kindes den Anschluss. Manche Männer haben ihr Leben lang das Gefühl, sie spielen die zweite Geige.
Gesterkamp: Familien brauchen vor allem Zeit. Diese Freiräume, die Eltern und Kinder zustehen sollten, muss man sich auch gegen Widerstände erkämpfen. Dazu beitragen könnte eine staatlich geförderte Familienarbeitszeit, wie sie die Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig bereits vorgeschlagen hat.