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WÜRZBURG
Die kuriosen Verkäufe bei Ebay
Teure letzte Ruhe: 2009 versteigerte Elsie Poncher bei Ebay das Grab über der Gruft von Marilyn Monroe auf dem Pierce Brothers Westwood Village Friedhof in Los Angeles – für 4,6 Millionen US-Dollar. Ponchers Mann hatte das Grab von Joe DiMaggio nach dessen Scheidung von Monroe erworben.
Foto: dpa | Teure letzte Ruhe: 2009 versteigerte Elsie Poncher bei Ebay das Grab über der Gruft von Marilyn Monroe auf dem Pierce Brothers Westwood Village Friedhof in Los Angeles – für 4,6 Millionen US-Dollar.
Von unserem Redaktionsmitglied SIMON METZGER
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:39 Uhr

Der VW-Golf von Papst Benedikt XVI., ein Nierenstein von „Kiss“-Sänger Gene Simmons, der alte Formel-1-Wagen von Michael Schumacher oder ein Abendessen mit Sarah Palin – auf Ebay wurde schon allerlei Kurioses versteigert. Erst vor kurzem bot ein französischer Ebay-Nutzer die vielleicht größte Videospielesammlung der Welt zum Verkauf an: Über 7000 Spiele für die unterschiedlichsten Plattformen wechselten für fast eine Million Euro den Besitzer – zuzüglich 1000 Euro Versandkosten.

Selbst in der Politik war Ebay vor einigen Wochen durch das sogenannte „Hosengate“ ein Gesprächsthema, als die SPD über die kurzen Hosen, die Piratenpartei-Abgeordneter Fabio Reinhardt im Parlament trug, lästerte. Reinhardt konterte mit einer Ebay-Auktion: Die von ihm getragenen Shorts brachten 43 Gebote und 501 Euro ein, die der Pirat an iranische Flüchtlinge in Würzburg spendete.

17 Jahre nach seiner Gründung blüht das Geschäft bei Ebay. Die dieser Tage veröffentlichten Quartalszahlen belegen ein rasantes Wachstum des Unternehmens, dessen Geschichte 1995 in den USA begann. Damals konzipierte der Informatiker Pierre Omidyar die Auktionswebseite „AuctionWeb“ und verkaufte darüber den ersten inoffiziellen Ebay-Artikel: einen kaputten Laserpointer für 14 Dollar. Kurze Zeit später entwickelte sich die mittlerweile in „Echo Bay“ und später in „Ebay“ umgetaufte Internetseite zur ersten Auktionsplattform für Privatpersonen im Netz. 1996 zählte das Portal rund 41 000 registrierte User. Heute nutzen laut Ebay mehr als 104 Millionen aktive Mitglieder weltweit den Online-Marktplatz zum Kaufen und Verkaufen.

2011 wurden über Ebay Waren und Dienstleistungen im Wert von rund 69 Milliarden US-Dollar gehandelt. Der Umsatz des Unternehmens lag im vergangenen Jahr bei mehr als 6,6 Milliarden US-Dollar. Wachstumstreiber ist vor allem die Ebay-Tochter Paypal. Der Umsatz des hauseigenen Bezahldienstes macht mittlerweile mehr als ein Drittel der gesamten Konzernumsätze aus; der Dienst selbst verzeichnet laut Ebay etwa 113 Millionen Nutzer. Längst kann via Paypal auch auf Ebay-fremden Webseiten eingekauft werden. Als Grund für den Erfolg gilt die Expansion innerhalb des Internets. Als größter Ebay-Rivale gilt momentan Amazon. Im Unterschied zu Ebay tritt das Online-Versandhaus auch selbst als Verkäufer auf.

Auf die Bildschirme der deutschen Schnäppchenjäger fand Ebay erst über einen Umweg: Im März 1999 gründeten die Brüder Marc, Oliver und Alexander Samwer zusammen mit drei Freunden in Berlin die Online-Auktionsplattform Alando. Die Idee zu einem deutschen Ebay-Pendant kam den Internetunternehmern während ihrer Praktikumszeit im Silicon Valley. Bereits wenige Monate später wurde Ebay auf das deutsche Auktionsportal aufmerksam und kaufte Alando für 43 Millionen US-Dollar. Konzernangaben zufolge zählt der deutsche Ebay-Marktplatz heute über 16 Millionen aktive Mitglieder, von denen 175 000 gewerbliche Händler sind. Über 1,1 Milliarden Artikel mit einem Gesamtwert von rund 42 Milliarden Euro gingen seit der Gründung über die virtuelle Ebay-Ladentheke in Deutschland, berichtet das Unternehmen.

Durch das 1996 eingeführte Bewertungssystem prägte das Internet-Auktionshaus die Netzkultur entscheidend mit: Statt selbst als Aufpasser tätig zu werden, setzte Ebay auf das Prinzip Selbstkontrolle. Die Mitglieder können sich gegenseitig positive oder negative Bewertungen geben – Tricksereien nicht ausgeschlossen. Einige Ebay-Nutzer der ersten Stunde verfügen bereits über mehr als zwei Millionen Bewertungen.

2001 folgten weitere Neuerungen: Neben der „Sofort Kaufen”-Funktion wurden die ersten Ebay-Shops eingeführt, auch viele kommerzielle Händler entdeckten Ebay für sich. Das Online-Auktionshaus wandelte sich so vom Flohmarkt zum Großhändler. Seit Mai 2009 gibt es bei Ebay einen eigenen Bereich für Markenshops, die von den Herstellern selbst betrieben werden. Im gleichen Jahr stellte Ebay die sogenannten „WOW! Angebote“ vor, bei denen Einzelprodukte von ausgewählten Verkäufern für einen begrenzten Zeitraum zu besonders günstigen Preisen angepriesen werden.

Des Weiteren erhalten Top-Verkäufer, die nach Ebay-Kriterien ein durchgehend hohes Serviceniveau an den Tag legen, seit Oktober 2009 die Auszeichnung „Verkäufer mit Top-Bewertung“ – was die Angebote eben dieses Users für potenzielle Käufer besonders attraktiv machen soll. Auch im Kleinanzeigen-Sektor ist Ebay erfolgreich aktiv. Die Kehrseite: Viele Anzeigenblätter mussten mit dem wachsenden Erfolg von Ebay ihr Erscheinen einstellen.

Und das Shoppen im Internet hat noch mehr Risiken und Nebenwirkungen: Manche User empfinden das Online-Stöbern auf Ebay inzwischen als Sucht; außerdem kommt es immer wieder zu Betrügereien und dem Handel mit Plagiaten. Leute verkaufen beispielsweise Dinge, von denen sie lediglich ein Foto besitzen. Andere verscherbeln leere Kartons oder Hehlerware. Besonders üble Abzocker täuschen einen Treuhandservice vor, an den gutgläubige Käufer ihr Geld überweisen sollen – mit Erfolg, zumindest aus Sicht der Betrüger.

Zudem stören sich viele Ebay-Verkäufer an den steigenden Gebühren, über die sich das Unternehmen in Deutschland finanziert. Wer etwas verkaufen will, zahlt pro Artikel eine Angebotsgebühr von bis zu 4,80 Euro sowie eine Provision in Höhe von zwei bis zwölf Prozent des Verkaufspreises.

Doch trotz wiederkehrender Negativschlagzeilen und Kritik (so soll Ebay etwa nicht oder nur träge auf Betrugsmeldungen bei Verkäufern reagieren): Das Prinzip, Unbekannte online zum Kaufen und Verkaufen zusammenzubringen, hat das Netz geprägt – und funktioniert auch 17 Jahre nach seiner Entstehung.

Die digitalen Medien entfachten Mitte der 90er-Jahre eine Revolution. Welche heutigen Portale gab es schon damals und wie haben sie sich entwickelt? Anlässlich „15 Jahre mainpost.de“ werfen wir im Rahmen einer Serie einen Blick zurück. Alle bisher erschienenen Teile: www.mainpost.de/15jahre

 
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