
Der Hofgarten – das ist die blühende Oase in der Würzburger Innenstadt, beliebtes Ziel für Sonntagsspaziergänge, Mekka für Touristen und UNESCO-Weltkulturerbe. Seine Lage macht ihn so markant. Auf einer Gesamtfläche von nur neun Hektar wurde er von dem Gartenkünstler Johann Prokop Mayer 1770 in die alte Stadtbefestigung hinein komponiert. Im Osten steigt der Garten über Terrassen, Rampen und Treppenanlagen um mehr als zwölf Meter an. Der im Süden gelegene Gartenteil ist eben und wird auf der einen Seite von der Residenz und auf der anderen Seite von dem über 100 Meter langen Baukörper der Orangerie eingefasst.
Bereits während des Residenzbaus von Balthasar Neumann wurde der Hofgarten angelegt. Die entscheidenden Akzente bei der Gartengestaltung wurden erst in der Regierungszeit Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim (1755 bis 1779) erzielt. „Er war ein richtiger Gartenfan“, sagt Manuel Bechtold, der als Landschaftsarchitekt heute für den Hofgarten verantwortlich ist. Noch während der Bauarbeiten ließ der Fürstbischof 1776 den Garten für die Allgemeinheit öffnen.
Heute können die Besucher durch vier Tore in die Anlage gelangen: Rennweger Tor, Kirchen-Tor (neben der Hofkirche), das Tor an der Balthasar-Neumann-Promenade oder das Ottotor. „Die Verbindung von Zierde und Nutzen stand im Mittelpunkt“, erläutert Bechtold. Berühmt war der Garten des Fürstbischofs für seine kunstvoll geschnittenen Formobstgehölze, deren Pflege großen Sachverstand erforderte. Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Garten oft verändert. Die Bayerische Schlösserverwaltung versucht heute, den Garten wieder dem Erscheinungsbild des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts anzunähern.
14 Gärtner und drei Auszubildende sind heute für das blühende Paradies zuständig. Jährlich über 70 000 Stück der farbenfrohen und üppigen Pflanzen werden in der Hofgärtnerei selbst gezogen. Zwischen 1998 und 2005 wurde der Küchengarten hinter der Orangerie rekonstruiert. Seither ziehen die Gärtner dort wieder Formobst, das unter Johann Prokop Mayer den gesamten Garten prägte und von ihm in seinem dreibändigen Werk „Pomona Franconica“ gewürdigt wurde. Birnen mit Kegelkronen, Äpfel mit Kesselkronen. 120 hochstämmige Obstbäume sowie 60 Beerensträucher wurden neu gepflanzt und beschildert. „Der Garten war nicht als Ort für träumerische Muße oder stille Betrachtungen konzipiert, sondern stand vielmehr im Dienste der festlichen, größeren Geselligkeit“, beschreibt die Kunsthistorikerin Ulrike Bausewein.
Betritt man den Garten durch das Kirchen-Tor, begrüßen Japanische Blütenkirschen den Besucher. Besonders zur Blüte Anfang Mai sind diese ein echter Hingucker. Genau wie die rahmenden Blumenrabatten in Anlehnung an historische Vorbilder. Hinter den scheinbar spontan wild wuchernden Blühpflanzen steckt ein ausgeklügeltes System. „Unsere Gärtner arbeiten nach einem exakten Bepflanzungsplan“, erläutert der Gartenchef. „Ziel ist dieser perlmutt- oder emailleartige Schimmer“, den bereits Antoine-Joseph Dezallier d'Argenville 1709 in seinem Buch „La theorie et la pratique du jardinage“ beschrieben hat. Schlüsselblumen stehen im Frühjahr neben Vergissmeinnicht, Waldanemonen oder Bellis.
Zweimal im Jahr wird die Rabattenbepflanzung ausgetauscht. Neben den Blumen prägen heute die acht großen Eiben, die im Zentrum um ein rundes Wasserbassin stehen, diesen Gartenteil. Immer in der Woche vor Ostern werden die Eiben zu regelmäßigen Kegeln geschnitten. „Der exakte Schnitt dauert fast eine Woche“, sagt Bechtold. Einige Pflanzen zieren in großen Töpfen den Garten wie Oleander, Palmen, Feigen, Lorbeeren und Pomeranzen (Bitterorangen).
Der Ostgarten ist heute geprägt von Rosen, die das Formobst von damals vertrieben haben. Durch Laubengänge von Maulbeeren gelangt man zur oberen Ebene des Gartens. Noch heute schweift der Blick zu den seitlichen Mauern der Stadtbefestigung, deren Flächen früher reichlich Platz für Spalierobst boten. „Besonders Aprikosen wurden dort kultiviert“, erläutert Bechtold. Flieder und Goldregen sorgen von oben für Farbtupfer. Die Blutbuche oben an der Bastion bildet den farbigen Schlusspunkt des Gartens. Von dort aus hat man einen herrlichen Blick über die geometrischen Gartenanlagen und den großen Stadtpalast. Die Balustrade ziert eine Fülle von Vasen, Pflanzenschalen und Figuren, die alle aus der Werkstatt des Bildhauers Johann Peter Wagner stammen.
Hofgarten Würzburg
Öffnungszeiten: Der Hofgarten, Residenzplatz 2, 97070 Würzburg, wurde 1770 von Johann Prokop Mayer angelegt. Er ist ganzjährig ab 7 Uhr bis zum Einbruch der Dunkelheit, längstens bis 20 Uhr geöffnet.
Führung: Gruppenführungen zum Thema „Gartenkunst in Würzburg – Hofgarten der Residenz und Ringpark“ können über die Tourismus Zentrale Würzburg gebucht werden, Tel. (09 31) 37 23 35, www.wuerzburg.de
Literatur: Gartenlust – Lustgarten: Die schönsten historischen Gärten in Deutschland, 2003, Schnell & Steiner Verlag.
Pomona Franconica, Früchte für den Fürstbischof. 2007, Bonitas-Bauer Druck.
Franz-Christian Czygan, U. Bausewein, J. G. Mayer (Hrsg.), Würzburg – Herbipolis. Stadt der Gärten, der Pflanzen und des Weines, 2009, Schnell & Steiner Verlag.
ONLINE-TIPP
Mehr Informationen und Bilder zur Serie unter www.mainpost.de/gartenserie