Die Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte hatte sich Chris Kramer anders vorgestellt: Der kämpferische Guard begeisterte in der vergangenen Saison der Basketball-Bundesliga die Fans der s. Oliver Baskets und führte die Würzburger als Topscorer bis ins Play-off-Halbfinale. Im Sommer wechselte der US-Amerikaner zu den EWE Baskets Oldenburg, fehlt seinem Team am kommenden Sonntag (17 Uhr, s. Oliver Arena, Live-Ticker auf www.mainpost.de) aber wegen Problemen an Achillessehne und Leiste.
Kramer steht dennoch sinnbildlich für die Tugenden, mit denen die EWE Baskets die verkorkst vergangene Saison vergessen machen wollen: Einsatz und Team-Play. Im letzten Jahr hatte vor allem Bobby Brown das Spiel der Norddeutschen geprägt. Zwar war der Aufbauspieler mit 16,9 Punkten im Schnitt Top-Scorer, statt das Spiel zu gestalten kämpfte der US-Amerikaner jedoch größtenteils für sich selbst, sodass das restliche Team kaum seine Stärken entfalten konnte. Am Ende verpasste der Meister von 2009 zum erst zweiten Mal innerhalb der letzten zehn Jahre die Play-offs und blieb damit weit hinter den eigenen Erwartungen zurück. Brown verließ das Team im Sommer und schloss sich dem italienischen Meister Siena an.
Um wieder auf die Erfolgsspur zurückzukehren, kam der 40-jährige Cheftrainer Sebastian Machowski vom Ligakonkurrenten Braunschweig. Dort erreichte der ehemalige Nationalspieler trotz begrenzter finanzieller Mittel in den letzten drei Jahren die Play-offs und schmiss 2010 sogar eben jene Oldenburger, die als Hauptrundenerster ins Duell mit den Niedersachsen gegangen waren, aus der ersten Runde. Obwohl für Machowski der Teamgedanke an vorderster Stelle steht, kristallisiert sich auch diese Saison bereits wieder ein Schlüsselspieler heraus: Dru Joyce kam aus Trier an die Weser und soll das Spiel der Oldenburger leiten, dabei aber im Gegensatz zu Brown auch Defensive und Mitspieler nicht außer Acht lassen. Der 27-Jährige scheint die in ihn gesetzten Erwartungen bisher zu erfüllen: Neben 10,8 Punkten pro Partie gibt Joyce im Schnitt 4,8 Assists und ist damit aktuell viertbester Vorlagengeber der Liga. „Dass Dru ein Team führen kann, hat er die letzten beiden Jahre in Trier eindrucksvoll bewiesen. Jetzt ist er heiß darauf, mit Oldenburg den nächsten Schritt zu machen und die Play-offs zu erreichen“, sagt Machowski über Joyce und macht dabei aus seinen Erwartungen für die neue Saison keinen Hehl.
Damit diese erfüllt werden und Oldenburg wieder zu den Top-Teams der Liga aufschließt, wurde auch auf den anderen Positionen kräftig investiert. Mit Julius Jenkins kam der zweifache „Spieler des Jahres“ zu den Donnervögeln. Nachdem er vergangene Saison in Bamberg nicht heimisch wurde, will der offensivstarke 31-Jährige nun wieder an seine erfolgreichen Zeiten von 2006 bis 2011 in Berlin anknüpfen. Außerdem steht seit diesem Jahr neben Kramer ein weiterer in Würzburg bekannter Name im Kader der Norddeutschen: Konrad Wysocki, nicht zu verwechseln mit seinem Bruder Kevin, der 2010/2011 in der Aufstiegssaison für die s. Oliver Baskets in der zweiten Liga Pro A auf dem Parkett stand. Der 30-Jährige war die letzten Jahre in Polen aktiv, zuvor für Frankfurt und Ulm in der Bundesliga. Zusätzlich stehen für Wysocki, der als engagierter Arbeiter gilt, 51 Länderspiele für Deutschland zu Buche.
Center Adam Chubb, Shooting-Guard Dominik Bahiense de Mello sowie die Forwards Ronald Burrell und Rickey Paulding runden die große Rotation der Oldenburger ab. Machowski verteilt – gemäß seiner Idee vom Teambasketball – die Spielzeit auf viele verschiedene Schultern. Die Spieler danken es ihm mit guten Leistungen, beim 79:64-Sieg gegen Ludwigsburg am Mittwoch trugen sich alle elf eingesetzten Akteure in die Punkteliste ein. Und auch sonst scheint die Taktik aufzugehen: Nach drei Siegen – darunter ein Auswärtserfolg in München – und nur einer Niederlage gegen Meister Bamberg, belegen die Norddeutschen aktuell Rang zwei.
