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SCHWEINFURT
Dialyse: Patient und Experte in Einem
Pascal Kopperschmidt.
Foto: Anand Anders | Pascal Kopperschmidt.
Karl-Heinz Körblein
Karl-Heinz Körblein
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:29 Uhr
Alle zwei Tage verbindet Pascal Kopperschmidt am Abend seinen Körper mit einer Maschine, schläft acht Stunden und radelt dann bei gutem Wetter von Dittelbrunn zur Arbeit. In den Schweinfurter Hafen, zu Fresenius Medical Care.

Kopperschmidt leidet an chronischem Nierenversagen, ist seit 25 Jahren Dialysepatient. Seit 14 Jahren arbeitet der 47-Jährige für den größten und führenden Hersteller von Dialysegeräten weltweit – in der Entwicklung. Es deutet nichts darauf hin, dass man in dem kleinen Büro im dritten Stock im Werk in der Hafenstraße einem eigentlich Kranken gegenübersitzt. Der Raum hat ein bisschen vom Charme des kreativen Chaos. Papierstöße stapeln sich, der Computerbildschirm ist mit unzähligen Merkzettel beklebt, ganz oben auf dem Regal liegt ein Skateboard, die Pinnwand zeigt Fotos mit Pascal Kopperschmidt als Spieler während eines Fußballturniers, beim Skifahren und im Gespräch mit Kollegen aus Asien und Übersee.

„Ich bin durch die Erkrankung nicht beeinträchtigt“, sagt Kopperschmidt. Er ist promovierter Physiker und in einem kleinen Team damit beschäftigt, die Dialysegeräte, die von Schweinfurt in alle Welt gehen – rund 45  000 sind es im Jahr – kontinuierlich zu verbessern.

Bei der Dialyse übernimmt moderne Technik wichtige Funktionen der Niere. Am verbreitesten ist die Hämodialyse, bei der ein Dialysegerät das Blut aus dem Körper über ein Schlauchsystem in einen Filter, den Dialysator, die künstliche Niere, pumpt. Hier wird das Blut des Patienten von Abfallprodukten des Stoffwechsels gereinigt und von überflüssigem Körperwasser befreit. Eine Dialyselösung schwemmt die unerwünschten Stoffwechselprodukte aus. Danach wird das gereinigte Blut dem Körper wieder zugeführt.

Während dieses Vorgangs überwacht das Dialysegerät den Blutkreislauf außerhalb des Körpers, pumpt Blut und Dialysierlösung in den Dialysator und setzt dem Blut ein gerinnungshemmendes Medikament zu.
Wenn Kopperschmidt von mathematischen Algorithmen spricht, mit denen er arbeitet, dann muss man ihm als Laie nicht unbedingt sofort folgen können. So viel wird jedoch schnell klar. Die Dialyse ist eine Technik, die nicht revolutioniert werden wird. In vielen kleinen Schritten wird jedoch versucht, die Behandlung zu optimieren. Dabei löst die Veränderung einzelner Parameter einen Prozess aus, den man am Computer simulieren kann. Da geht es beispielsweise um den Druck, mit dem gearbeitet wird, um das Verhältnis der Spülflüssigkeit zum Blut, aber auch um äußere Einflüsse, wie die Höhenlage, die Abstrahlung anderer Geräte, die Stabilität der Stromspannung oder auch die Qualität des Wassers.

Um verstanden zu werden, zieht Kopperschmidt gelegentlich den Vergleich mit dem Automobil heran. Das grundlegende Prinzip des Otto-Motors ist immer noch das alte, nur wird man ein Auto unserer Tage kaum mit dem ersten Daimler vergleichen können.

Ähnlich verhält es sich mit der Dialyse. Es sind unzählige, oft kleine Veränderungen, die die Dialyse ständig besser, verträglicher macht. Dazu arbeitet Fresenius Medical Care eng mit Kliniken zusammen, tauscht sich mit Ärzten und Patienten aus. Und da sieht sich Kopperschmidt schon in einer besonderen Situation, weil er durch die eigene Geschichte mit diesen schneller ins Gespräch kommt, besser versteht, was sein Gegenüber sagen will. Ähnlich beschreibt er auch die Zusammenarbeit in der Firma. „Die Kollegen schätzen meine Doppelrolle als Patient und Mitarbeiter.“ Aufgrund seiner persönlichen Erfahrung sind ihm Dinge geläufig, über die andere machmal nur spekulieren können. „Das ist mein täglich Brot.“

Fresenius beschäftigt sich seit den 1960er-Jahren mit der Dialyse. Zunächst als Anbieter von Dialysatoren und im Vertrieb von Dialysegeräten. 1979 stieg das Unternehmen in die Produktion eigener Geräte ein, mit dem Aufbau des mehrfach als innovativ ausgezeichneten Werkes in der Schweinfurter Hafenstraße.
Mit seinen Geräten will Fresenius Medical Care möglichst vielen Patienten helfen. Derzeit unterziehen sich weltweit drei Millionen Menschen der Hämodialyse. Durch die höhere Lebenserwartung und, weil in Schwellenländern die Behandlung zunehmend finanziert werden kann, werden es immer mehr. Auch darum gibt es sie auch unterschiedlich ausgestattet. In Ländern mit niedrigen Personalkosten können sie weniger automatisiert sein. Auch bei Fresenius Medical Care muss man auf die Kosten achten, eine Reduzierung sei aber nur möglich, wenn die Qualität nicht beeinträchtigt wird. So lässt sich teure Technik auch mal durch tausendfach kopierbare Software ersetzen.

Oberstes Unternehmensziel ist die optimale Behandlung der Patienten. Ein Ziel, das Kopperschmidt natürlich vollauf teilt. „Ich arbeite hier doppelt gerne, weil ich ja von dem Erfolg meiner Arbeit selbst profitiere.“
 
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