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Der Weise - Pater Anselm Grün
Wie kann jemand, der so viel arbeitet, so ruhig sein? Pater Anselm Grün kennt keine Hektik, er schreibt schnell und spricht langsam, er zieht die Menschen in Scharen an und ist doch ganz bescheiden.
Von Ludwig Sanhüter
 |  aktualisiert: 11.11.2021 14:02 Uhr
Wie kann jemand, der so viel arbeitet, so ruhig sein? Pater Anselm Grün kennt keine Hektik, er schreibt schnell und spricht langsam, er zieht die Menschen in Scharen an und ist doch ganz bescheiden. Er ist berühmt und nimmt sich doch Zeit, wenn jemand das Gespräch mit ihm sucht.

Pater Anselm Grün, Benediktiner der Abtei Münsterschwarzach (Lkr. Kitzingen), teilt mit seinen Zuhörern. Seine Zeit, und das, was ihm selbst Kraft gibt. Er lehrt sie, aus den "klaren Quellen" zu schöpfen, nicht aus den trüben. Denn: "Wer viel arbeitet, um Bestätigung zu erhalten, wer viel arbeitet, um sich vor Kritik zu schützen, wer viel arbeitet, um Probleme zu verdrängen, der ist bald erschöpft." Klare Quellen, das sind die klassischen Tugenden wie Gerechtigkeit, Klugheit, Tapferkeit, aber auch "Quellen des Heiligen Geistes, die nie erschöpfen".

Sätze wie dieser sind es wohl, die ihn für immer mehr Manager und Führungskräfte interessant machen. Im Haus Benedikt in Würzburg leitet er die Kursreihe "Führen und geführt werden". Zusammen mit Friedrich Assländer hat er vor kurzem das Buch "Spirituell führen" verfasst. "Führen", sagt er, "führen heißt, Menschen aufrichten." Neben der griechischen Philosophie und der Bibel ist ihm die Ordensregel des Heiligen Benedikt wichtig: "Bete und arbeite."

Zu seinen Vorträgen kommen einmal 600, einmal 1000 Zuhörer. Und selbst eine ganz unspektakuläre Buchpräsentation zieht einige hundert Interessierte an. Und doch ist Anselm Grün kein Guru, der Jünger um sich schart, der es darauf anlegt, bewundert zu werden. Wenn er so da steht, groß und schlank, im schwarzen Ordensgewand der Benediktiner, mit langem Haar und wallendem Bart, will er nicht belehren, er will lehren: "Ich will den Menschen nichts beibringen, sondern ihnen ihre inneren Quellen zugänglich machen." Keine moralischen Appelle im Stil eines "Du sollst", kein erhobener Zeigefinger. Er verwendet Gesten, wie man sie an antiken Redner-Statuen sieht: die flache Hand erhoben, die Hand auf die Brust gelegt. Pater Anselm Grün will Lebensmöglichkeiten zeigen, für die sich seine Zuhörer entscheiden können.

Weisheit strahlt er aus - und eine Freiheit, die nur jemand haben kann, der Gehorsam gelobt hat. So bleibt er auch angesichts seines enormen Erfolges gelassen - eine Millionenauflage macht ihn zu einem der erfolgreichsten christlichen Autoren der Gegenwart. "Schreiben ist für mich ein Klären meiner eigenen Gedanken. Ich versuche, im Schreiben Menschen zu antworten, mit denen ich gesprochen habe."

Doch der Pater ist nicht nur Theologe und geistlicher Lehrer, sondern auch Betriebswirt und Cellerar, also Verwaltungsleiter der Abtei Münsterschwarzach. "Wir haben 280 Angestellte, wir müssen richtig wirtschaften", sagt er. Wie er zu all dem die Zeit findet? Die Antwort verrät ebenso viel Weisheit wie Disziplin: "Natürlich ist die Zeit begrenzt, aber die Kunst ist es, in der Zeit, die wir haben, gegenwärtig zu sein. Schließlich gehört uns die Zeit und nicht wir der Zeit."

 
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