
„I would hire them all!“ Brian Adkins, Chef-Manager der Schweinfurter US-Garnision, trägt legeres Zivil und gibt den Zivilangestellten der Army erstmal ein optimistisches Feedback: „Ich würde sie alle anstellen!“ Etwa ein Jahr wird es dauern, bis der Standort endgültig schließt, der bis vor kurzem 12 000 Menschen beherbergt hat. Ende des Jahres werden es noch 3000 Personen sein. Kommunikationseinheiten, Ingenieure und Logistiker halten die Stellung. Hunderte „Civilian Employees“ müssen sich auf Jobsuche begeben, dazu kommen über 400 Schüler von Schweinfurts Elementary und Middle High School.
Die in Jahrzehnten gewachsene Partnerschaft und Freundschaft soll 2014 aber nicht Geschichte werden: Darauf legt Oberbürgermeister Sebastian Remelé Wert, im schicken, historischen Ambiente des Conn Community Clubs in den Conn Barracks, eigentlich Landkreisgebiet. Vizelandrat Paul Heuler vertritt „County Commissioner“ Florian Töpper. „You are very welcome in Schweinfurt“, sagt Remelé im Saal, wo allerhand Unternehmen und Institutionen, von den Stadtwerken bis zur Handwerkskammer, ihre Fühler nach den „Freigestellten“ austrecken: „Stay, if you can, if you want, we are very happy“, „Bleiben Sie, wenn Sie wollen und können, wir freuen uns.“
Schweinfurts Integrationsbeirat, Wirtschaftsjunioren und Paritätische Wohlfahrt laden zur „Job Fair“, zur Jobbörse, ein, zusammen mit dem „Soldier and Family Assistance Center“, der Familienberatung der Army, und den „Schweinfurt Expats“, den am Main lebenden, „expatriierten“ Amerikanern. Viele der EDV-, Verwaltungs- und Logistik-Spezialisten, Transporteure, Pädagogen, Techniker oder Mechaniker haben deutsche oder amerikanische Partner im Land. Auch Pressesprecher Nathan Van Schaik fühlt sich seinem Wohnort verbunden. Für „Expat“ Sean D. Hillyer, Army-Veteran, Politikstudent und Mitorganisator aus Ohio, ist „Unn'r Frangg'n“ auf jeden Fall die Heimat seiner Wahl. Die Meldungen von zu Hause sind auch nicht gerader ermutigend. Ausgabenstopp der Regierung, auch in Schweinfurt ist man davon betroffen.
Amerika entdeckt die Alte (Arbeits-)Welt neu: Die unkomplizierten Immigranten aus Ohio, New York oder Kalifornien und regelungsfreudige deutsche Ämter steuern dabei eher eine Vernunftehe an. Eine junge Mitarbeiterin von der FOSA der Industrie- und Handelskammer Nürnberg, des „Foreign Skills Approval“, der Anerkennungsstelle für ausländische Berufe: Sie weist im Vortrag darauf hin, dass nicht jede amerikanische Tätigkeit 1:1 mit einem deutschen Äquivalent gleichgestellt werden kann.
Zwei smarte Logistiker aus Virginia wirken da doch etwas irritiert: Im Lande Bismarcks muss der Arbeitssuchende nicht nur seinem zahlenden Boss nachweisen, dass er einen guten Job machen wird? Die Anforderungen scheinen so komplex verschachtelt zu sein wie die Sprache: Saima Weber stellt als Migrationsberaterin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands das Ausbildungs- und Berufsintegrationsprojekt ABBI vor, stimmt auf korrekte Bewerbungsmappen und Vorstellungsgespräche ein. Die ehemalige Militärpolizistin mahnt, das Wichtigste an die erste Stelle zu setzen: „Vergesst nicht, dass es zwei unterschiedliche Bildungssysteme sind.“ Der höchste Abschluss zähle. Es gebe im Prinzip „tons of jobs“, „tonnenweise Arbeit“. Und: „In Deutschland haben Arbeitnehmer so viele Rechte, sie wissen es gar nicht“, sagt die Nebenjob-Tauchlehrerin. „You are fired, diesen Spruch kennt man hier nur aus Hollywood.“
Auch Träger der „ID-Card“ anderer Standorte, wie Grafenwöhr, sind vor Ort. Ein Amerikaner aus Hessen hat gehört, dass ältere Leute auf dem deutschen Arbeitsmarkt kaum Chancen hätten. Das ändere sich gerade, beruhigt Weber. Deutschland lerne die Erfahrung und Zuverlässigkeit von Senioren zu schätzen. Weitere Hilfe gibt es bei der Beratungsstelle in der Langen Zehntstraße 1. „Hopping the Fence: I Made It and So Can You” nennt sich dann das „Briefing“ von Randy Heiserman: „Der Sprung über den Zaun: Was ich geschafft habe, könnt Ihr auch.“
Der junge Ex-Soldat arbeitet heute in einer Computerfirma bei Heidelberg, dank deutsch-amerikanischer „Schiller International University“. Seine Erfahrungen trägt er in leicht augenzwinkernder Form vor: Einen Job formal über Anzeigen zu bekommen, sei schwer, man sollte lieber Zufallsbekanntschaften pflegen. Nicht nur für Amerikaner kaum zu verstehen: Was in der Bundesrepublik zähle, sei der schriftliche Nachweis, das gestempelte Dokument, nicht praktisch bewiesene Befähigung oder Erfahrung. Der Amtsschimmel galoppiert da gerne mal im Teufelskreis: „Ohne Job keine Arbeitserlaubnis, ohne Arbeitserlaubnis kein Job.“ Per Bank Account flüssig zu sein ist ebenfalls Pflicht. Zum Glück sei kein Beamter wie der andere, sagt der Heidelberger, Nettigkeit und etwas Improvisation helfen. Selbst von einem Harvard-Abschluss lasse sich das hiesige Bildungswesen wenig beeindrucken.
Im Club herrscht reger Andrang, mindestens 200 Interessierte, meist Amerikaner, eilen an die Infostände. Deren Kombination aus Pioniergeist, Flexibilität, Pragmatismus und besten Englischkenntnissen kommt offenbar gut an: Ein Schweinfurter Logistikunternehmen nimmt gleich sechs Leute in die engere Auswahl.