zurück
EICHELSEE
Der Schrecken kam beim Gottesdienst
Die ME 262: Ein Flugzeug dieses Typs zerschellte am 25. Februar 1945 am Ortsrand von Eichelsee.
Foto: ArchivDPA | Die ME 262: Ein Flugzeug dieses Typs zerschellte am 25. Februar 1945 am Ortsrand von Eichelsee.
Von unserer Mitarbeiterin Hannelore Grimm
 |  aktualisiert: 16.12.2020 11:53 Uhr

Der 25. Februar 1945 war ein Tag, an dem in dem kleinen Gaukönigshöfer Ortsteil Tod und Leben einander die Hand gegeben haben: Am selben Tag, an dem der Pilot eines deutschen Düsenjägers nach dem Beschuss durch amerikanische Jagdbomber sein Leben verlor, wurde das fünfte Kind einer Eichelseer Landwirtsfamilie geboren. Die Geschichte, die den älteren Einwohnern bis auf den heutigen Tag in Erinnerung geblieben ist, hat der ehemalige Oberlehrer Gerhard Schwarz nach Berichten von Augenzeugen in seiner Broschüre „Das Ende des Zweiten Weltkrieges in Eichelsee“ festgehalten.

Im Gottesdienst aufgeschreckt

Auf der kleinen, südöstlich am Ortsrand gelegenen Wiese schildert Schwarz die damaligen Geschehnisse: Die Gemeinde, die sich am 25. Februar, einem Sonntag, zum Gottesdienst in der Kirche versammelt hatte, wurde durch einen lauten Knall aufgeschreckt.

Aus Angst vor der vorhergehenden Schießerei und den lauten Geräuschen eines Aufpralles suchten die Kirchenbesucher panisch nach Möglichkeiten, sich zu verstecken. Die, die nach dem Gottesdienst zur 150 Meter vor dem Ort gelegenen Absturzstelle geeilt waren, beruhigten die Gemeinde und den damaligen Ortsgeistlichen Pfarrer Ehing.

An der Absturzstelle erwartete sie ein schreckliches Bild. Die linke Turbine eines Düsenjägers vom Typ ME 262 hatte sich in den Boden gebohrt, das Flugzeug war förmlich auseinandergerissen. Der Rumpf, das rechte Triebwerk und eine Tragfläche lagen etwa 50 Meter von der Aufprallstelle entfernt. Dort lag auch der Pilot Hans Klausner, laut Augenzeugen „unzerstückelt in seiner Uniform.“

Wie Alois Dürr, einer der Augenzeugen, Gerhard Schwarz später berichtet hat, war er an diesem Sonntagvormittag mit einigen weiteren Volkssturmmännern auf dem Heimweg von einer Übung in Gaukönigshofen. Dabei beobachteten sie, wie vier amerikanische Jagdbomber im Tiefflug die deutsche Maschine verfolgten, auf sie feuerten und sie so zum Absturz brachten. Vermutlich wollte der deutsche Pilot auf dem Flugplatz in Giebelstadt landen, als er von den amerikanischen Piloten gestellt wurde.

Giebelstadt war einer der deutschen Flugplätze, auf denen die Messerschmitt ME 262 unter großer Geheimhaltung stationiert war. 1944 in Dienst gestellt, war der Jagdbomber das weltweit erste in Serie gefertigte Flugzeug mit Strahltriebwerken. Von Hitler als „Wunderwaffe“ propagiert, hofften die Nazis darauf, dass die Neuentwicklung das Kriegsglück wenden könnte. Doch die ME 262 war technisch nicht ausgereift und mit vielen Mängeln behaftet, die dazu führten, dass viele Piloten schon während der Erprobungsphase und bei den späteren Kriegseinsätzen ihr Leben verloren.

In großer Höhe war die Messerschmitt ME 262 aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit den propellergetriebenen Jagdflugzeugen der Alliierten weit überlegen. Fehlende Bremseinrichtungen hatten allerdings einen langen Landeanflug zur Folge, währenddessen die Düsenjäger zur leichten Beute für gegnerische Jagdflugzeuge wurden. Diese technische Schwäche war vermutlich auch dem bei Eichelsee abgeschossenen Piloten zum Verhängnis geworden.

Wrackreste

Nach dem Absturz kamen Soldaten vom Flugplatz Giebelstadt und bedeckten den toten Piloten mit seinem Fallschirm, berichtet Gerhard Schwarz in seinen Aufzeichnungen. Bevor der Leichnam und die Flugzeugtrümmer abgeholt wurden, war der tote Pilot zunächst auf den roten Bretterwagen des Bauern Kämmer geladen und in den Hof seines Anwesens gebracht worden.

Die Reste des Düsenjägers, die unter einem Weidenbaum zurückblieben, zeugten, so der Chronist, noch jahrelang von dem Geschehnis, das die Schrecken des Krieges den Eichelseern ganz nahe vor Augen geführt hatte.

Gerhard Schwarz an der Absturzstelle.
Foto: Hannelore Grimm | Gerhard Schwarz an der Absturzstelle.
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Eichelsee
Flughäfen
Jagdbomber
Jagdflugzeuge
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen