zurück
Der Park der Domherren
Blick auf den Park der Fürstbischöfe: Bürgermeister Wolfgang Back an der Stahlquelle.
| Blick auf den Park der Fürstbischöfe: Bürgermeister Wolfgang Back an der Stahlquelle.
Von unserem Redaktionsmitglied ISOLDE KRAPF
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:09 Uhr

Maria Prinzessin von Bayern lustwandelte so gern in Bocklets Grünanlagen, dass sie gleich zweimal dort kurte. Die österreichische Kaiserin Sissi reiste hierher, um von der eisenhaltigen Mineralquelle zu kosten. Und sogar die Sturm- und-Drang-Poeten Goethe und Schiller sollen die vierreihige Ulmen-Allee des Parkes auf der Suche nach Erholung auf und abgeschritten sein. Der Kurgarten wurde 1785/86 von Fürstbischof Georg Karl von Fechenbach angelegt, denn die Würzburger Domherren pflegten nach Bad Bocklet in die Sommerfrische zu gehen. Inzwischen erstrecken sich dort rund um diesen historischen Kern weiträumige Parkanlagen.

Wer heute nach Bad Bocklet kommt, sucht Ruhe, schätzt das satte Grün der Auen und die Blumenpracht der Beete. Das Gezwitscher der Vögel und das Rauschen der nahen Saale machen die Harmonie vollkommen: In diesem Kurpark kann man aufatmen und zu sich kommen. Der einstige Erholungsort der Würzburger Kirchenfürsten ist übrigens in Form einer Bischofsmitra angelegt. Heute stehen dort 42 hohe Linden, unter denen man an heißen Sommertagen gerne rastet.

Der Ort Bad Bocklet selbst liegt in einer Saaleschleife mit mineralischen Quellen in einem uralten Siedlungsgebiet, in dem unter anderem eine Blocksiedlung aus der Jungsteinzeit um 4000 vor Christus entdeckt wurde und Ortsnamen auf eine elbgermanische Besiedlung hinweisen. Erst die Entdeckung der Heilquelle durch Pfarrer Georg Christoph Schöppner im Jahr 1724 rückte den bis dato unbedeutenden Ort ins Blickfeld der Fürstbischöfe. Dreißig Jahre später errichtete Philipp Karl von Greiffenklau das erste hölzerne Badehaus, mit dem auch die Geburtsstunde Bocklets als Heilbad schlug.

In einer alten Broschüre über Bocklet wird der Kurpark, den von Fechenbach hernach errichtete, in sehr pittoresken Worten beschrieben: Die hohen ehrwürdigen Ulmen bieten selbst bei tropischer Sonnenglut kühle Lauben, heißt es dort. Zusammen mit den alten verwitterten Götterbildern und dem säulengetragenen Brunnentempel gleicht der Park einem „alten griechischen Götterhain, in welchem die Göttin der Gesundheit ihre Heimstätte aufgeschlagen hat“.

1803 ging das Bad in den Besitz des bayerischen Staates über und erlebte in der Biedermeierzeit eine zweite Blüte. Nach mehreren Aufs und Abs über die Jahrhunderte wurden die Badgeschäfte 1925, als die Anlagen in eher desolatem Zustand waren, an den Caritasverband Würzburg verpachtet. Eine gründliche Renovierung folgte, sodass der Kurbetrieb wieder florierte und bis zum Zweiten Weltkrieg Höchstzahlen bei den Kurgästen erreicht wurden. Ab 1937 durfte der Ort sich endlich auch „Bad“ nennen.

Selbst nach 1945 hielt die Glanzzeit des Biedermeierbads an, sodass 1954 ein neues Kurmittelhaus gebaut wurde. Damals war der Kurgarten ein Englischer Garten mit vielen kleinen geschwungenen Wegen. 1954 wurde er zu einem Barockgarten umgestaltet. Die Alleen verschwanden, und die vier historischen „Compartiments“ wurden als Boskette mit Springbrunnen angelegt.

In den 1960er bis 80er Jahren ging es mit dem Badewesen erneut bergauf. Die zahlreichen Gäste aus nah und fern waren Grund dafür, dass man nicht nur etliche Kurgebäude renovierte und eine neue Wandelhalle schuf. Auch der Kurpark wurde Ende der 1970er neu konzipiert. Der Kern, das heißt, der fürstbischöfliche Park, durfte jedoch nicht allzu sehr verändert werden. Die Denkmalfachbehörde befand, dass die Anlage von „überregionaler, historischer Bedeutung“ ist und dass Wege sowie Boskett-Anlagen charakteristische Stilelemente aus der Zeit um 1780 darstellen, „für die es bei einer Bäderanlage in Bayern keine Parallele gibt“.

1984 wurden 42 Lindenbäume, die 30 Jahre im Bad Kissinger Kurpark gestanden hatten, in die Bockleter Anlage umgesiedelt. Die Erneuerung des Kurgartens begann im Winter 1988/89. Alte Hecken und Sträucher wurden entfernt, die Flächen umgegraben. Mittels Haupt- und Nebenalleen teilte man den Kurpark doch wieder in vier historisch belegte „Compartiments“ auf. In zweien von ihnen plätschern Wasserspiele. Die Staatliche Kurgärtnerei Bad Kissingen, die für die Anlagen in Bad Bocklet verantwortlich zeichnet, erstellte ein Bepflanzungskonzept, sagt Leiter Martin Christ: Tausende bunter Wechselblumen, Stauden, Rosen und Ziersträucher geben dem Kurgarten auch heute noch das bezaubernde Flair.

Ziel war es die Auen an der Saale in den Park einzubeziehen. Dazu musste 1987 ein Flurbereinigungsverfahren gemacht werden. Die Gemeinde erwarb 20 Hektar Wiesenfläche. 1989 wurde eine rotblühende Kastanienallee an der Straße nach Aschach angelegt. Eine zweireihige Eschenallee rückte nun den Brunnenbau in den Mittelpunkt des Parks. Gleichzeitig bildet diese in Verlängerung der Lindenallee im Kurpark die Führungsachse in die neue Parklandschaft. Am Ende des von Eschen gesäumten Weges steht ein Pavillon, der zum Verweilen einlädt.

1995 wurde der Kurpark-Steg über die Saale in Betrieb genommen. Jetzt konnte man nicht nur im Park kilometerweit umherstreifen, sondern über den Steg auch an der Saale wandern. Aber auch Radfahrer kommen auf ihre Kosten. Inzwischen gibt es laut Bürgermeister Wolfgang Back rund um den Kurort 64 Kilometer Rad- und Wanderwege. Der Freizeitwert wird großgeschrieben. So finden jährlich etliche Events statt, die Menschen aus nah und fern anlocken, wie die Quellentage und die Kurgartenbeleuchtung.

Kurgarten Bad Bocklet

Der Kurpark ist über die A 71 (Abfahrt Münnerstadt-Bad Bocklet) oder die A 7 (Oberthulba) zu erreichen. Unmittelbar neben der Gartenanlage ist ein großer Parkplatz, der auch Plätze für Wohnmobilisten aufweist. Ein Ausflug rentiert sich für die ganze Familie: Klein und Groß kommen in der dem Park angegliederten Minigolfanlage auf ihre Kosten. Zudem gibt es interessante Wanderwege, die gut ausgeschildert sind. Oder man geht einfach mit einem Gläschen aus der Balthasar-Neumann-Quelle (stärkste Stahlquelle Deutschlands) lustwandeln. In der Kneippanlage neben dem Kurmittelhaus kann man auch etwas für die Gesundheit tun. Wie wär's dann mit einer kleinen Stärkung im Kurgartencafé? Schließlich werden dort Torten gereicht, die noch nach altem Hausrezept gebacken werden.

ONLINE-TIPP

Alle bisher erschienenen Artikel und weitere Bilder zur Gartenserie finden Sie unter www.mainpost.de/gartenserie

Fest im Park: Historische Gewänder
| Fest im Park: Historische Gewänder
Mit Augenmaß: Minigolfen im Park
| Mit Augenmaß: Minigolfen im Park
Ein Garten für Blinde
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Ausspannen und Erholung
Balthasar Neumann
Caritas
Caritasverband Würzburg
Domherren
Elisabeth von Österreich-Ungarn
Fürstbischöfe
Gartenserie 2013
Jesus Christus
Johann Wolfgang von Goethe
Jungsteinzeit (5499 - 3800 v.Ch.)
Kurgärten
Kurparks
Literatur des Sturm und Drang
Mineralquellen
Prinzessinnen
Wolfgang Back
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen