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REGION WÜRZBURG
Der Mann mit dem Blick von oben
Da hebt er ab: Berthold Diem mit einem seiner Foto-Quadrocopter.
Foto: Jochen Kneucker | Da hebt er ab: Berthold Diem mit einem seiner Foto-Quadrocopter.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:07 Uhr

Bei schweren Unfällen und Bränden ist er vor Ort: Berthold Diem hat sich auf Katastrophen spezialisiert. Der gelernte Fotograf stammt aus Hettstadt und hat lange bei der US-Army als Photo-Instructor in verschiedenen Kasernen gearbeitet. Seit 18 Jahren ist er selbstständig, überwiegend als Blaulichtreporter fürs Fernsehen und diverse Printmedien. Neuerdings geht er dafür – wie zuletzt bei dem Brand in Kleinlangheim – immer öfter in die Luft.

Frage: Drei Sätze über Ihre Geschäftsidee?

Berthold Diem: Die Geschäftsidee des Blaulichtreporters hat sich entwickelt aus einer früheren Tätigkeit als Kameramann bei einem lokalen TV-Sender. Damals gehörte es auch zu meinen Aufgaben, bei Unfällen den Kontakt zu den deutschen TV-Anstalten herzustellen und dort die jeweiligen Aufnahmen anzubieten. Vor etwa 18 Jahren machte ich mich dann selbstständig.

Welches Gebiet decken Sie ab?

Diem: Bei größeren Ereignissen bin ich in Unterfranken und im nördlichen Baden-Württemberg tätig.

Immer abrufbereit zu sein . . .

Diem: . . . gehört zum Job, da sich Unfälle und Brände selten vorhersagen lassen. Ich bin an 350 Tagen im Jahr rund um die Uhr, als wirklich 24 Stunden, in Bereitschaft.

Wie schaffen Sie es, immer so schnell am Ort des Geschehens zu sein?

Diem: Zum einen hat die Polizei in Unterfranken eine Pressestelle, die hervorragende Arbeit macht. Zudem spielt das Radio eine nicht unerhebliche Rolle, besonders bei großen Unfällen, da die Autofahrer umgehend über Verkehrsstörungen informiert werden. Und nicht zuletzt wird auf entsprechenden Seiten bei Facebook über Unfälle informiert, noch bevor sie im Radio gemeldet werden. Da ich 24 Stunden am Tag abrufbereit bin, bin ich dementsprechend schnell einsatzbereit.

Ständig Unfälle und Katastrophen – wie steckt man das weg?

Diem: Am besten ist, wenn man die Ereignisse nicht an sich ranlässt – und das geht nach über 20 Jahren ziemlich gut. Vor Ort bin ich auch immer bemüht, meine Aufnahmen möglichst informativ zu gestalten, aber dabei die Privatsphäre von Betroffenen zu 100 Prozent zu garantieren. Zum Glück werden bei größeren Unfällen im Kitzinger Bereich schon seit langer Zeit – und in meinem sonstigen Einsatzgebiet immer häufiger – die Notfallseelsorger an die Unfallstelle gerufen, die sich um alle Personen vor Ort kümmern. Neben Betroffenen und Einsatzkräften suchen sie auch das Gespräch mit Medienvertretern. Das ist eine große Hilfe, um manche Situationen verarbeiten zu können.

Das schlimmste Erlebnis?

Diem: Alle Ereignisse, bei denen Kinder betroffen sind. Die kriegt man schlecht aus seinem Kopf. Ansonsten erinnere ich mich an einen Unfall auf der A 3 bei Kist während der Umbauphase. Damals war nachts ein Pkw in die Baustellenabsperrung gerast und in zwei Teile gerissen worden. Oder ein Wohnhausbrand in meiner Heimatgemeinde, bei dem ein kleines Kind verbrannte. Ich habe erlebt, wie die Familie gerettet wurde – bis auf das Mädchen.

Seit einiger Zeit gibt es auch Luftbilder, – wie kam es dazu?

Diem: Mit der Idee, Luftaufnahmen mit einem Modellflugzeug zu machen, ging ich seit Jahren schwanger. Es gab Tests mit einem Modellhelikopter, da war aber eine zweite Person nötig, die den Heli steuerte. Seit zwei Jahren ist es nun technisch und finanziell kein Problem mehr. Unter Copterpiloten wird übrigens der Begriff 'Drohne' nicht gerne gehört, da der Ausdruck zu negativ ist.

Wie funktionieren der Multicopter?

Diem: Ich besitze zwei Quadrocopter mit vier Motoren und einen Hexacopter mit sechs Motoren. Die Copter sind GPS-unterstützt und mit Kamerahalterungen versehen. Zum Einsatz kommt bei mir die Action-Cam Hero3 von GoPro. Die hat den Vorteil, dass ich bei einem Aufstieg Video und Foto gleichzeitig machen kann. Über einen Monitor am Boden kann ich per Videoübertragung das Kamerabild kontrollieren und die Kamera. Die Aufnahmen werden in der Kamera aufgezeichnet.

Was ist erlaubt – was verboten? Gibt es gesetzliche Bestimmungen?

Diem: Die gibt es. Da das Thema noch jung ist, können Bestimmungen von Bundesland zu Bundesland abweichen. Auch muss man unterscheiden zwischen Hobbypilot und einem gewerblichen Nutzer. Einheitlich ist zum Beispiel, dass man zu Flugplätzen 1,5 Kilometer Sicherheitsabstand halten muss. Die maximale Flughöhe beträgt 100 Meter. Man darf nur so weit fliegen, wie man das Flugobjekt mit bloßem Auge sehen kann.

Wie hoch waren die Investitionskosten?

Diem: Mein Hexacopter, mit dem ich meistens unterwegs bin, kostete mit allen Komponenten wie Kamera, Kamerahalterung und Sender etwa 3000 Euro. Dazu kommen einige Ersatzteile wie Motoren und Propeller.

Was macht den Reiz der Bilder aus?

Diem: Dass man den Blick von oben als Normalsterblicher ohne Hilfsmittel sonst nicht so genießen kann.

Wie fallen die Reaktionen auf die Bilder bzw. vor Ort bei den Aufnahmen aus?

Diem: Durchweg positiv. Betrachter zeigen sehr viel Interesse und verfolgen den Flug auch gerne über den neben mir stehenden Monitor.

Wann und wo kommt der Copter zum Einsatz?

Diem: Neben dem Blaulichteinsatz kann man meinen Copter auch buchen – etwa für Baufortschrittsdokumentationen, Luftaufnahmen von Firmengebäuden oder private Häuslebauer.

 
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