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WÜRZBURG
Der letzte Tote vom Mainfeldzug
Redaktion Süd
 |  aktualisiert: 27.04.2023 05:28 Uhr

Wer auf dem Nikolausberg durch die Wälder streift, genießt die Ruhe inmitten der Natur. Doch am Rand eines Hohlwegs, der einst zu einem der Steinbrüche führte, erinnert ein Kreuz auf einer Steingrotte die Wanderer daran, dass es hier vor rund 150 Jahren ganz anders zuging. Das Grab stammt aus dem Jahr 1866, als im so genannten Deutschen Krieg preußische Soldaten gegen die deutsche Bundesarmee kämpften und der Soldat Caspar Friedrich Hollinderbäumer und viele andere ihr Leben ließen.

„Als Kind habe ich mit meinen Eltern oft unsere Verwandtschaft auf dem Nikolausberg besucht. Aber keiner wusste, was genau es mit diesem Kreuz auf sich hatte“, erzählt Sebastian Karl. Erst viele Jahre später fing er an nachzuforschen. Heute kennt er das Geheimnis, das hinter dem Kreuz am Valentin-Alois-Fischer-Weg steckt. „Eigentlich war der Deutsche Krieg schon so gut wie vorbei, als Caspar Friedrich Hollinderbäumer hier starb“, sagt Sebastian Karl. Eine der letzten Schlachten war am Tag zuvor im rund 20 Kilometer entfernten Uettingen mit insgesamt 236 Toten und 1700 Verwundeten zu Ungunsten der süddeutschen Truppen zu Ende gegangen.

Der Mainfeldzug war beendet, Preußen hatte den Krieg für sich entschieden. „Aber trotzdem gab es immer noch Scharmützel hier in der Gegend.“ Und so kam es, dass am Tag des Waffenstillstands, dem 27. Juli 1866, seitens der preußischen Truppen doch noch ein Mann zu beklagen war: Caspar Friedrich Hollinderbäumer, 29 Jahre alt.

Im Kriegstagebuch des 2. Westfälischen Infanterie-Regiments Nr. 15, dessen Mitglied er war, ist über diese Tage zu lesen: „Der Artillerie-Kampf war sehr heiß und obgleich es gelang, eine Caserne der Marienburg in Brand zu schießen, so litt die diesseitige Artillerie, namentlich die Oldenburger, doch bedeutend.“ Obwohl die Preußen eigentlich überlegen waren, hatten sie ihre liebe Not mit dem Widerstand der Bayern. Und so muss das Kriegstagebuch über diese Konfrontation auf seine nüchterne Art auch den Tod von Caspar Friedrich Hollinderbäumer festhalten: „Der Schützenzug der 9. Comp. wurde zurückgenommen; er verlor einen Verwundeten, während beim geschlossenen Füsilier-Bataillon der Füs. Hollinderbäumer, während er schlafend neben den zusammengesetzten Gewehren lag, durch Granatsplitter getödtet wurde.“

Die Kameraden hätten den jungen Mann wohl zurückgelassen, damit er die Waffen bewachte, mutmaßt Sebastian Karl und fügt an: „Das hat er nicht überlebt.“ Die Preußen ließen den Toten bei ihrem Abzug zurück, der seither an jener Stelle auf dem Nikolausberg begraben liegt. Das grottenähnliche Grabmal mit Steinkreuz errichtete der Verschönerungsverein erst Jahre später. Sebastian Karl musste mit seiner Familie viele Male hierher wandern, bevor er erklären konnte, was sich hinter diesen Worten verbirgt.

Würzburger Geheimnisse: Das Buch ist bei der Main-Post erschienen, hat knapp 200 Seiten, ist durchgehend bebildert und kostet 14,90 Euro. Erhältlich ist es in unseren Geschäftsstellen, im Buchhandel und online unter

shop.mainpost.de

An jedem Erscheinungstag vor

Weihnachten bringen wird gekürzte Geschichten aus dem Buch.

 
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