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WÜRZBURG
Der Kartoffel-Missionar
Harald Kilian weiß, welche Geschichte sicher hinter der Gedenktafel in St. Peter und Paul verbirgt.   HEIKE THISSEN
Foto: Foto: | Harald Kilian weiß, welche Geschichte sicher hinter der Gedenktafel in St. Peter und Paul verbirgt. HEIKE THISSEN
Newsdesk Süd
 |  aktualisiert: 15.12.2020 17:36 Uhr

Zu Brei gemanscht, zu Klößen geformt, in Stiften frittiert, in der Suppe püriert – die Kartoffel ist heute allgegenwärtig. Die Menschen des 18. Jahrhunderts aber wussten nichts vom Nährwert der Knolle. Einer, der das in der Region ändern wollte, war Philipp Adam Ulrich. Und deshalb steht in der Kirche St. Peter und Paul im Peterviertel eine weitgehend unbekannte Gedenktafel, die an ihn erinnert.

„Ulrich war seiner Zeit weit voraus“, erklärt Kirchenführer Harald Kilian. „Die Kartoffel war im Hochstift Würzburg weitgehend unbekannt. Man schätzte sie bestenfalls als Zierpflanze wegen ihrer weißen Blüten.“ Doch wer die Blüten aß, handelte sich schwere Lebensmittelvergiftungen ein. „Kein Wunder, dass die Leute sehr skeptisch waren und dachten, die Kartoffel wäre Teufelszeug“, sagt Kilian.

Philipp Adam Ulrich arbeitete gegen diesen schlechten Ruf an. Auf dem Gelände der ehemaligen Leighton Barracks steht noch heute eine Statue der Muttergottes aus dem Jahr 1737, vor der Ulrich für seinen Erfolg in Sachen Kartoffelanbau gebetet haben soll. Und wieso heute die Gedenktafel in St. Peter und Paul? „Ulrich hat 1717 in dieser Kirche geheiratet“, sagt Kilian. Ulrichs Frau starb bereits zwei Jahre später bei der Geburt des zweiten Kindes. Auch die beiden Töchter wurden nicht alt. Für den Rest seines Lebens soll er unter diesen schmerzlichen Verlusten gelitten und sich immer mehr auf den Ackerbau konzentriert haben.

Mit großem Erfolg. Denn Ulrich experimentierte nicht nur mit Erdäpfeln, sondern auch mit Klee. Während andere Bauern mit Müh und Not ihre Kühe über die Runden brachten, wuchsen und gediehen Ulrichs Rinder hervorragend. Die Kartoffel hingegen trug nichts zu seinem Einkommen bei. Zu groß war die Skepsis der Landsleute. Die Würzburger mussten erst Hunger leiden, bevor sie sich 50 Jahre nach Ulrichs Tod – als die Napoleonischen Kriege die Versorgung mit Lebensmitteln beeinträchtigten und Missernten eintraten – an die Kartoffel wagten.

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