Die Herrgottskirche in Creglingen ist einer der bedeutendsten Kunstschätze im Taubertal. Jährlich kommen etwa 60 000 Besucher und bestaunen den Marienaltar von Tilman Riemenschneider. Dabei hat das Kirchlein im Münstertal noch weit mehr zu bieten als das Werk des berühmten Würzburger Bildschnitzers. Am 21. März jährte sich die Weihe der Herrgottskirche zum 625. Mal.
Neben dem Marienaltar, einem der Hauptwerke Riemenschneiders, befinden sich noch drei weitere Altäre in der Herrgottskirche. Der Hochaltar zeigt die Kreuzigung Christi. Er vereint Schnitz- und Malkunst. Die Grausamkeit des Geschehens, die sich an den Gestern und Gesichtern der Figuren ablesen lässt, gibt dem Werk gleichermaßen Dramatik und Dynamik.
Die zwei Seitenaltare sind Heiligen gewidmet. Der linke Seitenaltar bildet Johannes den Täufer und den heiligen Leonhard ab und gibt ganz nebenbei auch eine Erklärung dafür ab, wie es sein kann, dass Jesus ältere Geschwister haben konnte. Und zwar soll Joseph bereits Kinder mit in die Ehe zu Maria gebracht haben. Der rechte Seitenaltar widmet sich dem Evangelisten Johannes und der Märtyrerin Lucia.
Der genaueren Betrachtung wert ist auch die Baukunst an der Außenseite der im spätgotischen Stil erbauten Kapelle. Es werden Menschen, Tiere, Dämonen, Fratzen und Engel in teile sehr komischen Positionen dargestellt. Beispielsweise hebt dort ein Hund sein Bein, während über ihm ein Engel auf seiner Mandoline spielt. Ein andere Figur streckt ihren entblößten Hintern in die Richtung eines nahe Dorfes. Über die Bedeutung der frivolen Szene rätseln Kunsthistoriker noch heute. Klaus Hein von der Touristinformation Creglingen mutmaßt, dass dadurch die Rivalität zum ehemaligen Kloster in Münster zum Ausdruck kommt.
Streit um das Patronatsrecht und den damit verbundenen Anspruch auf Stiftungen und Spenden seien im Mittelalter nicht selten gewesen. An der Klosterkirche in Münster, so erzählen Einheimische noch heute, soll ebenfalls ein Figur zu sehen gewesen sein, die ihren nacktem Hintern der Herrgottskirche entgegen streckte.
Bleibt man bei der Außenfassade, so sind auch die Fensterbilder einen Blick wert. Die bunten Kunstwerke stammen noch aus der Entstehungszeit der Herrgottskirche und waren in einer Zeit, in der die wenigsten Menschen Lesen oder Schreiben, konnten gewissermaßen das Impressum der Kirche.
So ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich sowohl der erste Kaplan der Kirche, als auch die beiden Stifter, die Grafen Konrad IV. und Gottfried von Hohenlohe-Brauneck, in den Kirchenfenstern verewigen ließen, um das Volk und vorbeireisende Pilger auf ihren Verdienst an der Kapelle aufmerksam zu machen.
Der erste Kaplan, Albrecht Heher, stammte aus Ingolstadt bei Giebelstadt, schreibt Karl-Heinz Rehfeld. Der pensionierte Lehrer hat sich intensiv mit der Geschichte der Herrgottskirche beschäftigt und führt heute regelmäßig Besuchergruppen. Albrecht Heher stiftete das Glasbild. Die umlaufende Inschrift lautet: Albrecht Heher von Ingolstat erst capplan got geb mir siner gnaden. Kurios: Bei einer Renovierung im Jahr 1905 wurde die Inschrift falsch zusammengesetzt.
Graf Konrad IV. von Hohenlohe-Brauneck und sein Bruder Gottfried sind in einem weiteren Fenster verewigt. Beide starben im Jahr 1390, ein Jahr nach der Weihe der Herrgottskirche durch den Würzburger Weihbischof Johann Opfinger. Außerdem findet man kunstvolle Fensterabbildungen der Heiligen Andreas und Christopherus, dem Schutzheiligen der Reisenden. Letzterer wird auch noch einmal ganz besonders im Chorraum der Kapelle gewürdigt, in dem sich ein riesiges Wandbild des Fährmanns, der Reisende über einen Fluss trägt, befindet.
Höhepunkt ist unbestritten der Marienaltar von Tilman Riemenschneider, der in der Mitte des Kirchenraums die Blicke auf sich zieht. Die Szenen aus dem Leben der Gottesmutter zeigen ein Ebenmaß, wie es nur der Würzburger Meiser schaffen konnte. In mühevoller Kleinarbeit fertigte er sein Werk vermutlich in der Zeit zwischen 1505 und 1508 – den Schrein aus Föhrenholz und die Figuren aus Lindenholz. Drei Jahre arbeitete Riemenschneider an seinem Werk in dessen Zentrum er die Himmelfahrt Mariens stellte. In einer der Figurengruppen hat sich der Meister selbst verewigt.
Dass der Altar so gut erhalten ist, verdankt er einem regelrechten Kuriosum. Nachdem 1530 Brandenburg-Ansbach protestantisch wurde, verbarg man das Werk des großen Meisters hinter einem Verschlag und behängte die ungehobelten Bretter mit Totenkränzen.
Im Lauf der Jahrzehnte wurde der Altar vergessen. Erst 1832 entdeckte man, was sich hinter dem billigen Holz verbarg. Besonders zur Geltung kommt der Altar in der Zeit um den 25. August wenn gegen 17 Uhr das Licht der Abendsonne die Gottesmutter in strahlendes Licht taucht.
Am 21. März des Jahres 1389 weihte der Franziskanerpater Johann Opfinger, Titularbischof von Hebron und Weihbischof unter dem Würzburger Bischof Gerhard von Schwarzburg, das Gotteshaus. Eine öffentliche Feierstunde aus diesem Anlass in der Herrgottskirche hatte so auch das dem Leitmotto „Der Himmel auf Erden“.
Die Herrgottskirche
Laut einer Legende wurde die Kirche 1384 durch Konrad und Gottfried von Hohenlohe-Brauneck erbaut, nachdem ein Bauer 1334 an diesem Ort eine unversehrte Hostie beim Pflügen entdeckte. Exakt an der Fundstelle der Hostie, soll sich heute der Marienaltar von Tilman Riemenschneider befinden.
Eine weitere Besonderheit ist das sogenannte „Lichtwunder“ – bei der Riemenschneiders himmelfahrende Maria ganz ins Licht der Abendsonne gehüllt erscheint. Das Spektakel kann man ab dem 15. bis zum 31. August zwischen 17 und 18 Uhr bewundern.
Geöffnet ist die Herrgottskirche bis zum 31. März täglich außer Montag von 13 Uhr bis 16 Uhr und ab April täglich von 9.15 Uhr bis 18 Uhr.
Mehr Informationen im Internet: www.herrgottskirche.de |