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Der für Wagners Feen eine ganze Welt erfand
Würzburg Verschachtelt, mit überraschenden Durchblicken. Und irgendwie auch mal kopfüber: Das muss der Eindruck sein, den Jörg Koßdorff von der Musik hat, die Richard Wagner für seine Oper "Die Feen" schrieb. Koßdorff hat das Bühnenbild für die Oper entworfen, die am Würzburger Mainfranken Theater gespielt wird.
Von Ralph Heringlehner
 |  aktualisiert: 16.12.2020 14:11 Uhr
"Zuerst hör' ich mir eine Oper an", erzählt Koßdorff. Dann, beim Durchsehen des Klavierauszugs, kriege er - "zwangsläufig" - auch den Text mit. Aber wenn er "eine Welt erfindet", und so sieht er seine Arbeit, dann erfindet er sie nach der Geschichte, die ihm die Musik erzählt, "in irgendeiner Form." Es gebe immer mehrere Möglichkeiten. Die gelte es, mit den Gegebenheiten des Theaters (auch dem Etat!) und dem Regisseur abzustimmen. "Wir sind fast schon wie ein altes Ehepaar", sagt Koßdorff über "Feen"-Regiseur Christian Pöppelreiter. Beide arbeiten sie in Graz: Koßdorff als Intendant der Oper, Pöppelreiter als Professor an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst.

Zusammen haben sie unter anderm Wagners "Ring des Nibelungen" auf die Bühne gebracht. Als Chef eines Hauses mit 1275 Plätzen ist Koßdorff aber so ausgelastet, dass er zuletzt eher wenig als Bühnenbildner gearbeitet hat, und wenn, dann "meistens mit Pöppelreiter und Konwitschny". Nun sitzt er in Würzburg in der Theaterkantine, versucht so gut wie möglich, den Lärm und die Aufregung um sich herum zu ignorieren (es ist kurz vor einer Probe) und sinniert über Wagners Jugendoper, zu der ihn Christian Pöppelreiter geholt hat, "und ich hab' in dieser Plötzlichkeit zugesagt". Wie jeder, der mit den "Feen" zu tun hat, kratzt sich auch Jörg Koßdorf (bildlich gesprochen) am Kopf, wenn er zu seiner Meinung befragt wird, und überlegt erst einmal. "Ich bin erstaunt, wie viel Großartigkeit und auch Unsinnigkeit da drin steckt", urteilt er dann. Als Bühnenbildner, sagt er, müsse er die Geschichte mit erzählen. "Ich möchte beim Publikum auch für Irritation sorgen. Denn Irritation bedeutet auch Nachdenken." Würde er das Geschehen nur illustrieren, "töte ich das Nachdenken".

Wenn sich bei den Würzburger "Feen" eine kopfüber hängende Ritterstatue samt Pferd über das Volk von Tramond senkt, dann gehört das wohl in die Sparte "Irritation" - und der Zuschauer darf nachdenken. Etwa darüber, ob das nun bedeutet, dass im kriegsgebeutelten Tramond mit seinen desinteressiert wirkenden Höflingen die Ritterlichkeit und die damit verbundenen Werte aus dem Lot geraten sind.

Es kann aber auch in die Sparte Ironie gehören, denn Koßdorff arbeitet gerne ironisch. Zwar will er "niemals die Leute bewusst brüskieren", stellt sich aber schon auch mal gegen Publikums-Erwartungen. "Das Theater ist keine Berieselungsanstalt." Das klingt nach Theater als moralischer Anstalt, vielleicht sogar ein bisschen oberlehrerhaft und gar nicht so, als solle Oper einfach auch Spaß machen. Da ist aber dieser angenehm selbstironische und gar nicht oberlehrerhafte Zug am "Bühnenbildner des Jahres" von 2001.

Er sei ja, erzählt der Grazer in österreichisch gefärbtem Deutsch, ausgebildeter Architekt. Als solcher sei er, angesichts diverser Bausünden, "mit Herzeleid" durch Würzburg gelaufen. Da könne man's sehen: "Was Sie als Architekt machen, hat womöglich Jahrhunderte Bestand. Auch wenn es schlecht ist. Was Sie am Theater machen, das geht schnell wieder vorbei. Das ist das Schöne und Lustige dran."

Nächste "Feen"-Aufführungen: 26.
Februar, 2., 4. und 6. März. Karten
unter Tel. (09 31) 39 08-124.

Eine kopfüber hängende Ritterstatue samt       -  Eine kopfüber hängende Ritterstatue samt Pferd über dem Volk von Tramond: Szene aus den Würzburger 'Feen'.
Foto: FOTO THOMAS OBERMEIER | Eine kopfüber hängende Ritterstatue samt Pferd über dem Volk von Tramond: Szene aus den Würzburger "Feen".
 
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