Wiesentheid gilt nicht gerade als Ort der Modelabels und Haute Couture. Aber trotzdem gibt es in ganz Deutschland Frauen, die Mode aus der Marktgemeinde im Landkreis Kitzingen tragen. Und zwar von Julia Rau.
Die 39-Jährige schneidert in ihrem Atelier eine eigene Kollektion. Über die Online-Plattform DaWanda verkauft und verschickt sie ihre Mode an Kundinnen im ganzen Land.
Julia Raus Geschäftsmodell ist nur eines von vielen verschiedenen auf DaWanda - und doch ganz typisch. Die Plattform, 2006 gegründet, versteht sich als Marktplatz für Kreative und Bastler.
Massenware gibt es hier nicht, stattdessen Produkte von Privatpersonen - vom Vogelhäuschen bis zum Babystrampler. "DaWanda" ist ein afrikanischer Frauenname und bedeutet übersetzt "die Einzigartige".
Das Geschäft mit Unikaten ist lukrativ, auch wenn DaWanda in seinen Bilanzen fast jedes Jahr einen Verlust einfuhr. Nach eigenen Angaben sind 300.000 Hersteller auf der Plattform aktiv. Täglich sollen mehr als 15.000 neue Produkte hinzukommen.
Nach Unternehmensangaben wird pro Minute eine Tasche verkauft, alle 20 Sekunden geht ein Schmuckstück über die digitale Ladentheke. Einen Großteil ihres Umsatzes generiert die Plattform vor Weihnachten.
Auf Wunsch fertigt sie auch auf Maß an. "Vor allem in großen Größen. Das ist eine echte Nische", sagt sie.
Sie kann so flexibel sein, weil sie alle Arbeitsschritte von der Auswahl der Stoffe über die Schnitte bis hin zum Nähen komplett selbst ausführt. Nur eine Aushilfe unterstützt sie ab und an beim Nähen.
Dennoch: "Unter 60 Stunden pro Woche geht es bei mir meistens nicht", sagt Rau. Die Arbeit und der Verkauf über DaWanda sind längst Vollzeit und Broterwerb geworden.
Aber genauso wollte es die 39-Jährige auch. Nachdem sie in München Modedesign studiert hatte, arbeitet sie bei einem großen Modelabel.
Und merkte bald, dass es der falsche Job für sie war. "Die Branche ist krass. Da muss man sehr tough sein", beschreibt sie das Ellenbogendenken in dem Metier. Und so machte sie sich, durch eine Freundin auf DaWanda aufmerksam geworden, selbstständig.
Probleme mit unerlaubter Massenware
"Die Plattform ist wichtig, denn am Anfang kennt einen niemand", sagt Rau. DaWanda erhebt pro inseriertem und verkauftem Produkt zwar Gebühren, aber die enorme Reichweite ist für viele Verkäufer ausschlaggebend.
Und: "Es passt zum Zeitgeist", sagt Rau. "Viele Leute stellen in ihrer Freizeit selbst Dinge her, handwerken und nähen."
Dass DaWanda derartig erfolgreich ist, hat aber auch seine Schattenseiten. "Es drängen vermehrt kommerzielle Anbieter von Massenware aus Fernost auf den Markt", sagt Rau. Das entspricht zwar nicht den Vorschriften von DaWanda, lässt sich aber nur schwer kontrollieren.
Die Plattform wächst stetig weiter. "DaWanda wird zunehmend so groß, dass es für kleine Anbieter schwieriger wird", sagt Rau.
Ihr kann es fast egal sein. Die Designerin hat sich mittlerweile einen Namen gemacht und gehört zu den mittelgroßen Anbietern auf der Plattform. Viele Stammkundinnen bestellen mittlerweile direkt per Mail.
Auch in Modegeschäften in Berlin, Köln und Weimar bekommt man Mode mit dem Label "Julia Rau". Und kann dort auch nach eigenen Wünschen bestellen.
Traum von der eigenen Manufaktur
Die Nähe zu ihren Kundinnen hat für Julia Rau einen weitern entscheidenden Vorteil: "Ich habe nur ganz wenige Retouren." Vielleicht fünfmal im Jahr müsse sie Waren zurücknehmen, weil sie nicht passen. Täglich kämen im Schnitt rund drei Bestellungen rein, häufig gleich für mehrere Artikel.
Allerdings ist das Geschäft stark saisonabhängig. Vor Weihnachten und im Frühling herrscht in Raus Atelier Hochbetrieb.
Julia Rau will das Geschäft mit der eigenen Mode weiter ausbauen. Auch auf einem DaWanda-Markt würde sie gerne einmal ausstellen und verkaufen.
Am Samstag und Sonntag stellen beispielsweise Kreative aus der ganzen Region Selbstgemachtes in der Würzburger Posthalle vor, DaWanda ist Online-Partner der Veranstaltung. "Leider habe ich dafür die Anmeldung verpasst", sagt Rau.
Tatsächlich will sie sich irgendwann sogar etwas stärker von DaWanda abkoppeln. Ein eigener Online-Shop befindet sich gerade in der Planung. Der nötige Kundenstamm ist da. "Ein Shop und dazu eine eigene kleine Manufaktur, das ist mein Traum", sagt Julia Rau.
Der Kreativmarkt in der Würzburger Posthalle öffnet am Samstag von 11 bis 18 Uhr und am Sonntag von 10 bis 17 Uhr. Neben den zahlreichen Verkaufsständen gibt es auch Do-it-yourself-Schauvorführungen, Bastelangebote, Kinderschminken und verschiedene Leckereien. Der Eintritt kostet fünf Euro, Kinder unter 12 Jahren kommen kostenlos rein.