Der Tisch ist vollgestellt mit Laptops, Kabeln und koffeinhaltiger Limonade. An den Bildschirmen sitzen ein Dutzend junger Leute. Ab und zu schauen sie zu Jochim Selzer. Der referiert über Verschlüsselung von Daten, E-Mails und Chats. Was früher ein Thema für Computernerds war, trifft spätestens nach den Enthüllungen Edward Snowdens den Nerv der Republik.
„Mein Ziel ist es, dass mein 71-jähriger Vater seine Daten mit einem Klick verschlüsseln kann“, meint Selzer. Der Nordrhein-Westfale arbeitet als Datenschutzbeauftragter bei der Deutschen Post und kennt sich im Verschlüsseln aus. Seit knapp einem Jahr zeigt der Profi auf sogenannten Kryptopartys, wie man seine Daten spionagesicher machen kann.
Diesmal ist Selzer zur ersten Würzburger Veranstaltung dieser Art im Büro der Grünen eingeladen. Seit bekannt ist, dass Geheimdienste massenhaft Daten abgreifen, werden auf der ganzen Welt immer häufiger Kryptopartys abgehalten. Die Krypto-Bewegung ist parteiunabhängig. Deshalb sitzen im Büro der Grünen auch zahlreiche Vertreter der Piratenpartei, die eine ähnliche Veranstaltung geplant haben.
Wie eine Party wirkt das an diesem Abend aber nicht. Keine Musik, dafür Limo und Brötchen. Außerdem sind die Gesprächsthemen nicht gerade partytauglich. „Kann ich über mein Navigationsgerät verfolgt werden“, will eine Teilnehmerin wissen. Experte Selzer verneint, so weit gehe die Überwachung wohl noch nicht. Doch technisch möglich wäre es, wer könne das für die Zukunft schon vorhersagen. Daher hält er diese Vorträge und bringt jedem Interessierten bei, seine E-Mails verschlüsselt zu senden oder die Daten auf der Festplatte zu chiffrieren.
Dass das nicht einfach ist, stellt sich bald heraus. Nach einer dreiviertel Stunde ist es einem Teilnehmer gelungen, die erste sichere E-Mail zu senden. „Das Einrichten ist echt nervig“, verrät Maximilian Winkler von der Piratenpartei. Doch ist das erst mal geschehen, braucht es nicht mehr als einen Mausklick, um sichere Nachrichten auszutauschen. Der Haken bei der Sache: Beide Seiten müssen die Technik nutzen.
„Das ist in der Tat noch ein Problem, kaum jemand nutzt Verschlüsselungstechnik“, gibt Selzer zu. Die notwendigen Programme gibt es kostenlos im Internet, das Know-how soll auf den Kryptopartys vermittelt werden. Doch wer chiffriert, setzt ein „rotes Ausrufezeichen“ an seine Mails, sagt der Computerprofi. Er meint damit, dass die Nachrichtendienste sich besonders für verschlüsselte Kommunikation interessieren, da sie noch so selten ist.
Gastgeber Josef Schmid von den Grünen weiß das auch, doch er will mit der Party gegen die flächendeckende Überwachung der Kommunikation im Internet protestieren. „Es schockiert mich, wie der demokratische Grundgedanke von Freiheit in Deutschland verletzt wird“, sagt er. Daher sollen die Menschen lernen, ihre Daten zu schützen. „Es sollen so viele Leute verschlüsseln, dass Geheimdienste keine Chance haben“, meint noch Jochim Selzer.
Jeder solle die Möglichkeit besitzen, zu kommunizieren, ohne ausspioniert zu werden.
Info: www.cryptoparty.in. Die nächste Veranstaltung findet am 16. August um 14 Uhr im Büro der Piratenpartei, Stephanstraße 7, statt. Um eigene Daten zu verschlüsseln, sollte man sein Notebook mitbringen.