s ist schon fast wie eine eigene Jahreszeit: Immer wenn weltliches und geistliches Kilianifest Anfang Juli nahen, ticken die Uhren anders: Da freuen sich die religiösen Unterfranken auf die besondere Verehrung der Bistumspatrone Kilian, Kolonat und Totnan, die in Würzburg vor über 1300 Jahren den Märtyrertod gestorben sind, als sie das Christentum an den Main brachten. Dem heiligen Kilian ist die Messe auch gewidmet. Und dort, beim weltlichen Teil auf den Würzburger Mainwiesen, freuen sich die vielen Menschen in der Region auf die 17 Tage Volksfest und Verkaufsmesse. Während der Kiliani-Oktav des Würzburger Bistums im Juli werden die Häupter der Märtyrer im Kiliansdom aufgestellt. Sie sind das Ziel Tausender Gläubiger während der Wallfahrtswoche.
Mehr als 70 Schausteller bemühen sich jedes Jahr, die Ansprüche der Unterfranken zu befriedigen. Beispiel 2006: Die Indoor-Achterbahn Starworld, deren 15 Gondeln im abgedunkelten Schaugeschäft mit 80 km/h durch einen Zeittunnel rasen, immer wieder beleuchtet von Laser-Explosionen. So etwas sieht man nicht auf jedem Volksfest.
Ein Garant für gute Laune, gutes Essen und Trinken und stimmungsvolle Musik ist die Festwirtsfamilie Müller-Reichart. Bereits seit 77 Jahren betreibt sie in mehreren Generationen das Kiliani-Zelt. Eine Sache blieb ihr bisher erspart: das bier- und weinfreie Kilianifest, eine wohl einmalige Geschichte aus dem Jahr 1928. Alkoholfreie Getränke wollte der Stadtrat damals hoffähig machen und so durfte die Milchzentrale, die das Schankrecht auf dem Festplatz hatte, weder Bier noch Wein ausschenken. Das Ganze geriet zum Mega-Flop und hinterließ ein großes Loch in den Kassen.
Seit 976 Jahren gibt es die Kilianimesse als Kirchenfest nun schon. In früheren Zeiten standen die Verkaufsstände der Kerzenzieher, der Krämer und Blumenhändler vor dem Dom, und Gaukler, Zauberkünstler und Schwertschlucker übernahmen den Unterhaltungsteil. 1846 trennte man Verkaufsmesse (heute auf dem Marktplatz) von der Schaumesse. Das war die Geburtsstunde des heutigen Volksfestes. Es war zuerst am Sanderrasen angesiedelt, dann wechselte es auf den Viehmarktplatz, später auf die Talavera.
Die Verkaufsmesse hat auch heute noch ihren ganz eigenen Charme. Die Marktkaufleute bieten Haushaltsartikel, Geschenke und Besonderheiten, die der Kunde sonst nicht in jedem Würzburger Geschäft findet. Eigentlich ist es ein bisschen wie in alten Tagen . . .
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