Die Schweinfurter OB-Kandidaten Frank Firsching, Stephan Kuserau und Sebastian Remelé tun es. Harald Leitherer und Florian Töpper waren auch sofort dabei – und die vier, die in Niederwerrn um die Nachfolge von Bürgermeister Peter Seifert kämpfen, haben sich vergangenen Dienstag gestellt. Die Rede ist von einer Podiumsdiskussion, veranstaltet und moderiert von Redakteuren dieser Zeitung. In Kitzingen, Bad Kissingen, Würzburg, in vielen Gemeinden bieten diese Veranstaltungen den Wählern die Möglichkeit, sich über Kandidaten zu informieren, sich im direkten Vergleich ein Bild zu machen.
In Schwebheim hatten wir das auch vor. Aber da wird nichts draus. Und das hat uns – ehrlich gesagt – ein bisschen ratlos gemacht. Schließlich fällt ja oft das Schlagwort Politikverdrossenheit, klagen Bürger über zu wenig Beteiligung, zu wenig Infos.
Warum wir als Zeitung überhaupt solche Veranstaltungen anbieten? Chefredakteur Michael Reinhard bringt das auf den Punkt: „Die Main-Post sieht ihre Aufgabe als Regionalzeitung nicht nur darin, ihre Leserinnen und Leser Tag für Tag mit allen wichtigen Informationen aus der unmittelbaren Nachbarschaft und dem Rest der Welt zu versorgen. Für uns als meinungsbildende Tageszeitung ist es außerdem wichtig, allen Interessierten mit solchen Podiumsdiskussionen die Möglichkeit zu bieten, sich ein authentisches Bild von den jeweiligen Kandidaten zu verschaffen – und zwar durch das Aufeinandertreffen aller Bewerber.“
Fünf Kandidaten wollen in Schwebheim Nachfolger von Hans Fischer (SPD) werden, der 24 Jahre im Amt ist: Volker Karb (CSU), Thorsten Grimm (SPD), Kerstin Weingart (Freie Wählergemeinschaft Schwebheim), Mirco Böhm (Wählergemeinschaft Schwebheim) und Wolfgang Bleicher (Wählerinitiative Schwebheim Zuerst). Unsere Einladung, eine Diskussion am 9. März zu veranstalten, hat offenbar für Irritation bei den Kandidaten und den Ortsverbänden von CSU, SPD, Freie Wählergemeinschaft und Wählergemeinschaft geführt.
Wolfgang Bleicher hatte gleich zugesagt. Nicht so die Kandidaten Karb, Grimm, Weingart und Böhm und ihre Ortsverbände. Sie sind nach längerer Beratung zu folgendem Schluss gekommen: „Das von Ihnen vorgeschlagene Format einer gemeinsamen Podiumsdiskussion erscheint uns hierfür nicht geeignet.“ Und: „Wir haben ein eigenes Konzept entwickelt und werden uns in Form eines Messeforums präsentieren, bei dem die Bürger sich ein sehr gutes Bild von allen Kandidaten machen können.“
Zum Messeforum, das die vier anderen Kandidaten am 9. März veranstalten, ist auch Wolfgang Bleicher eingeladen. Er weiß aber noch nicht, ob er mitmacht. „Warum soll ich mich mit einem Messestand präsentieren“, sagt er. Seiner Meinung nach wäre es für die Bürger schön, sich die Kandidaten im direkten Vergleich anschauen zu können. So wie bei der Podiumsdiskussion in Niederwerrn. Da war er als Zuhörer und hat auf der Facebook-Seite des Tagblatts von einer für die Bürger alternativlosen Veranstaltung gesprochen. Bleicher denkt darüber nach, eine eigene Veranstaltung nach Art „heißer Stuhl“ anzubieten. „Da können mich die Leute mit Fragen bombardieren, ich halte das aus.“
Inzwischen haben uns allerlei Gerüchte erreicht. Zum Beispiel, dass Wolfgang Bleicher Initiator der ursprünglich geplanten Podiumsdiskussion sei. Ist er nicht. Ebenso wenig wie einer der drei Schweinfurter OB-Kandidaten etwas initiiert hat.
Weiteres Gerücht: Die vier Kandidaten wollen Wolfgang Bleicher kein Forum geben, weil er zu eloquent sei. Kann auch kein Grund sein. Wer Bürgermeister werden will, sollte seinen Standpunkt darlegen können. Und wer Chef oder Chefin einer nicht gerade unbedeutenden Gemeinde werden will, sollte auch keine Probleme haben, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Außerdem wird die Diskussion moderiert, es gibt klare Regeln, wer wie lange sprechen kann.
Weiteres Gerücht: Nicht jeder der Kandidaten ist mit Podiumsdiskussionen vertraut. Aber auch das können wir uns nicht vorstellen. Schwebheim ist ja schließlich nicht von der Welt abgekoppelt. Auch wenn jemand kein alter Hase in der Kommunalpolitik ist, dürfte das keine Rolle spielen. Es gibt sicherlich Leute, die man um Rat fragen könnte. Inzwischen haben uns etliche Schwebheimer angerufen, wollten wissen, ob es stimmt, dass keine Podiumsdiskussion stattfindet. „Vogel-Strauß-Politik statt Bürgernähe“, schimpfte eine Frau am Telefon. „Zustände wie bei Ceausescu“, meinte ein anderer Anrufer.
Übrigens scheinen auch nicht alle aus dem Umfeld der Kandidaten, die nicht an unserer Podiumsdiskussion teilnehmen wollen, mit dieser Entscheidung einverstanden zu sein. Der Redaktion wurde ein internes Schreiben von SPD-Kandidat Thorsten Grimm zugespielt, in dem er zum Thema Podiumsdiskussion Stellung nimmt. „Aus unserer Sicht war das Verhalten der Schweinfurter Mainpost äußerst fragwürdig und anmaßend, woraufhin wir (Volker Karb, Kerstin Weingart, Mirco Böhm und ich) uns zusammen mit unseren Ortsvereinsvorsitzenden (Toni Götschl in Vertretung für Franz Sennefelder, Herbert Holzmann, Thomas Schäfer) im Sportheim zusammengesetzt haben und gemeinschaftlich entschieden haben, dass es eine solche Podiumsdiskussion in Schwebheim nicht geben wird und dass wir uns nichts von außen aufdrängen lassen!!!“
Stattdessen habe man sich auf ein gemeinsames Präsentationsformat am 9. März in der TSV-Halle geeinigt, bei dem sich alle Kandidaten gleichzeitig präsentieren können, heißt es weiter. „Wichtig dabei ist einfach, es ist keine Podiumsdiskussion und es ist vor allem unsere eigene Veranstaltung!“ – „Wenn ihr also hören oder in der Zeitung lesen solltet, dass sich die Schwebheimer BM-Kandidaten den Schwebheimer Bürgern nicht präsentieren wollen, so stimmt das schlichtweg nicht. Wir wollen die Art und Weise nur selbst bestimmen und wählen somit unseren Weg der Präsentation, und wir sind gemeinschaftlich der Meinung, dass das so richtig ist!“, heißt es weiter in Grimms Brief.
Um es noch mal klarzustellen: Diese Diskussionen sind ein Angebot der Redaktion an Kandidaten und an die Wählerinnen und Wähler. Wenn dieses Angebot als „äußerst fragwürdig und anmaßend“ empfunden wird, tut uns das leid. Vielleicht ist ja alles ein großes Missverständnis. Und in sechs Jahren machen wir auf jeden Fall wieder ein Angebot, eine Podiumsdiskussion zu veranstalten.