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GELSENKIRCHEN
1. Fc Nürnberg: Die Qual hat ein Ende
Leidgeprüfte Fans: Die Anhänger des 1. FC Nürnberg hatten in dieser Saison eine ganze Menge auszuhalten . . .
Foto: Jonas Güttler, dpa | Leidgeprüfte Fans: Die Anhänger des 1. FC Nürnberg hatten in dieser Saison eine ganze Menge auszuhalten . . .
frak
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:33 Uhr

Reden wir nicht lange drum herum: Das Beste an dieser Club-Saison war nach dem 1:4 (0:2) beim FC Schalke 04, dass sie nun endlich vorbei ist. Was der 1. FC Nürnberg da seinen Anhängern angetan hat, war – das kann man nicht anders sagen – eine Qual. Mickrige 26 Punkte hat der FCN gesammelt. Es ist die bislang zweitschlechteste Bundesliga-Saison des nun alleinigen Erstliga-Rekordabsteigers. Und selbst in der Gurken-Spielzeit 1983/84, in der der FCN umgerechnet auf die heutige Zählweise 20 Punkte sammelte, gab es immerhin sechs Siege und damit einen mehr als diesmal. Erst eine komplette Vorrunde ohne Sieg, dann in der Saisonendphase nur noch eines der letzten zwölf Spiele gewonnen und die anderen Partien sang- und klanglos verloren: Der achte Abstieg des Ex-Rekordmeisters ist einer der verdientesten überhaupt.

So verdient, dass man gar nicht zu klagen braucht über all die Pfosten- und Lattentreffer, über viele Verletzte, über all das Pech auf einem Haufen. Daran lag's nun wirklich nicht. Einzig die Schwäche der Konkurrenz ließ bis zum Ende noch die Hoffnung leben. Aber was heißt bis zum Ende? Nach viereinhalb Minuten auf Schalke war's am letzten Spieltag auch damit vorbei: Joel Matip traf per Kopf nach einer Ecke zum 1:0 (5.). Roman Neustädter (45.), Julian Draxler (75.) und ein unglückliches Hinterkopf-Eigentor von Raphael-Schäfer-Ersatz Patrick Rakovsky (90.+2) gaben dem Club den Rest. Zwischendurch schraubte Josip Drmic sein Saison-Torkonto immerhin noch auf 17 Treffer (von insgesamt 37 FCN-Toren!). Drmic wird nach Leverkusen wechseln, das gilt als beschlossene Sache. Es gibt tatsächlich auch Gewinner beim Club.

Er gehört nicht dazu: Martin Bader wirkt gehetzt an diesem Tag auf Schalke. Der Stress und der Frust haben Spuren hinterlassen. Der Sportvorstand ist es, der die meiste Kritik aushalten muss: Der Kader zu schwach, die Trainerwechsel falsch.

Am Ende sind eben viele schlauer. Und Bader fehlen die Argumente. „Brutal“ sei all das, sagt er, als alle Hoffnung verflogen ist. Das Wort wiederholt er immer wieder: „Brutal.“ Bader hat sich möglicherweise brutal geirrt, mehrfach in dieser Saison. Vielleicht hatte er auch einfach nur Pech. Es hätte auch anders laufen können. „Entscheidend waren die Wochen, in denen wir gegen direkte Kontrahenten die Punkte nicht geholt haben. Erst dadurch sind wir in die Situation geraten, dass wir einen Sieg auf Schalke brauchten“, sagt Bader. Das bedeutet: Unter Gertjan Verbeek wurde es verbockt. In den letzten drei Spielen war es zu schwer, den Trend umzukehren.

Das stimmt, aber nur zum Teil. Was Interimscoach Roger Prinzen in den letzten Wochen tat, erscheint im Rückblick auch nicht wirklich glücklich. Die einzige Hoffnung bestand zuletzt nur noch darin, dass der jeweilige Gegner vielleicht aus irgendeinem Grund das Tor nicht treffen könnte. Eigene Initiative, Torchancen? Nichts zu sehen beim Club. Und wenn es tatsächlich eine Mauertaktik gewesen sein sollte, hielt noch nicht einmal die Abwehr dicht. Ob in ein paar Jahren noch jemand weiß, wer beim Abstieg 2014 auf Schalke auf der Club-Bank saß? Prinzens Kurzengagement bleibt eine letzte Fußnote in dieser Pleiten-Saison.

Blick in die zweitklassige Zukunft

Das soll's dann auch gewesen sein mit dem Blick auf all die Tristesse. Schauen wir lieber in die zweitklassige Zukunft. „Der Verein ist wirtschaftlich gesund“, sagt FCN-Vorstand Bader. Er muss das betonen. Es ist sein Werk. Vielleicht lässt sich all das, was in dieser Saison kaputt ging, schnell reparieren. Mit einem raschen Wiederaufstieg. Bader wird, davon ist auszugehen, weitermachen dürfen. Denn auch seine Gegner im Verein wüssten derzeit keinen, der den Job besser machen könnte. Eines aber scheint gewiss: Bader wird in Zukunft einen Mann zur Seite gestellt bekommen. Einen weiteren Verantwortlichen, der – wie es heißt – sportliche Kompetenz mitbringt. Einer, der vielleicht schon hochklassig gekickt hat. Der Name Christian Nerlinger, einst beim FC Bayern in verantwortlicher Position, war schon einmal in Nürnberger Medien zu lesen. Auch der Würzburger Frank Baumann würde ins Anforderungsprofil passen. Er steht freilich noch ein Jahr als „Direktor Profifußball und Scouting“ bei Werder Bremen unter Vertrag. Eine Degradierung für den Sportdirektor? „Nein“, sagt Bader, „starke Leute müssen starke Leute um sich haben.“ Ein neuer Trainer soll auch schnell gefunden sein. „Wir haben ein paar Dinge in der Schublade“, kündigt Bader an. Es sollen schnell Tatsachen geschaffen werden. Keine Zeit für Aufregung.

Es war ein Ende, das nicht zu dieser turbulenten Saison passen wollte. So harmonisch wie auf Schalke wäre der Abstieg nirgendwo sonst verlaufen. Die Clubfans wollten gerade mit ihren Schimpftiraden beginnen, als die FCN-Kicker nach dem Spiel mit hängenden Köpfen in Richtung Gästeblock schlurften. Da erhob sich der Rest des Stadions komplett von den Sitzen und schmetterte in erstaunlicher Lautstärke: „Der FCN steigt wieder auf!“ Die Schalker taten sich leicht, sie hatten in dieser Saison ja auch nur wenige Qualen erleiden müssen.

 
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