Januar 1944. Die Postleitzahlen werden in Deutschland eingeführt, die „Feuerzangenbowle“ wird uraufgeführt. Ein Erdbeben erschüttert Argentinien. Jimmy Page, Angela Davis und Achim Reichel erblicken, wie insgesamt 1 413 230 Babys in diesem Jahr, das Licht der Welt. Am 18. Januar, einem nebligen und kalten Montag, wird in Marktredwitz ein Junge mit einem der damals beliebtesten Vornamen geboren: Rainer Kinzkofer. Aufgewachsen in München und Würzburg feiert er heute, sieben Jahrzehnte später, in Veitshöchheim seinen 70. Geburtstag.
„Ich bin Sternzeichen Steinbock“, verrät er – und behauptet im nächsten Satz, dass er nichts von Horoskopen hält. Rainer Kinzkofer beschreibt sich als „durchaus dominant“, habe ein Helfersyndrom und sei „sensibel“. „Das lasse ich mir aber nicht anmerken“, sagt er. Und lächelt. Nach 42 Jahren kommunalpolitischer Erfahrung und fast 30 Jahren als Veitshöchheimer Bürgermeister weiß er, wie man seine Schwächen verdeckt. Ohne zum Schauspieler zu werden. Freundlich ist er. Und direkt. Seine Sekretärin Christina Hidringer behauptet von ihm: „Er ist immer er selber.“ Pünktlichkeit ist ihm wichtig. Seine Mitarbeiter sind deshalb lieber 15 Minuten zu früh im Büro.
Rainer Kinzkofer ist in zweiter Ehe verheiratet und hat drei Kinder. Früher war er Lehrer und Leiter der Grund- und Teilhauptschule Güntersleben. Er nennt sich selbst einen „kleinen Perfektionisten“. Hat ihn etwas verletzt, verarbeitet er das lieber alleine – ohne wirklich introvertiert zu sein. Bürgernähe ist ihm wichtig. „Ich bin ein Mensch aus dem Volk“, sagt er und engagiert sich in unzähligen Vereinen. Und das nicht erst, seit er Bürgermeister ist. Darauf legt Rainer Kinzkofer wert.
Er lebt in einer närrischen Familie: Seine Frau Barbara und die Töchter Eva und Julia sind im Veitshöchheimer Carnevals-Club aktiv. Er selbst lasse sich zwar gerne von Jux und Späßen mitreißen, sei aber in Sachen Humor „begrenzt“. „Ich habe einen hintersinnigen Humor,“, behauptet Kinzkofer und erklärt, dass er oft das Gegenteil von dem meint, was er sagt. Seine Sekretärin nickt.
Seit 15 Jahren arbeitet Christine Hidringer in Kinzkofers Vorzimmer. Sie kennt seine Macken und Schwächen. Wie die für Süßigkeiten. „Wenn irgendwo im Haus welche stehen, schimpft er schrecklich.“ Aber nur, weil er nicht widerstehen kann. Weich wird er auch bei Kindern: Sobald seine Enkelkinder die Treppe hochkommen, leuchten seine Augen, verrät Hidringer.
Dass seine Amtszeit bald endet, liegt nicht an Kinzkofer, sondern an den gesetzlichen Vorschriften. Dabei kennen viele Veitshöchheimer gar keinen anderen Bürgermeister. In einer Ortschronik heißt es denn auch: „Voller Respekt vor seiner Leistung und Dankbarkeit widmen wir ihm dieses Buch.“
Die Zeit als Kommunalpolitiker hat den Veitshöchheimer geprägt. Öffentliche Auftritte, Einweihungen und eine Vielzahl von Begegnungen mit Persönlichkeiten aus dem sportlichen, kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Leben haben diese Jahre „unvergessen, interessant, spannend und fast immer angenehm gemacht“, sagt Kinzkofer im Rückblick. Dass er 1986 zum Bürgermeister gewählt wurde, hat ihn selbst überrascht: „Ich habe es nicht stur gewollt, nie eigensinnig angestrebt, aber immer gedacht: ,Das möchte ich gerne machen.‘“
Fünf Mal in Folge ist er gewählt worden. Sein Privatleben ist da manchmal schon etwas kurz gekommen. Für die Zeit nach dem Bürgermeisteramt hat er Vorstellungen: „Ich möchte mich wieder mit Kunst und Kultur beschäftigen. Und malen.“ Studieren will er nicht noch einmal: „Das lasse ich lieber, besuche höchstens einmal Vorlesungen über Zeit- und Kunstgeschichte.“ Und reisen will er. Mit den Veitshöchheimer Vereinen und in die Veitshöchheimer Partnerstädte.
Einen großen Traum hat er sich schon im letzten Jahr erfüllt: Urlaub in Island. „Ich musste meine Frau fast zehn Jahre bearbeiten. Sie mag mehr die Sonne und den Strand.“ Rainer Kinzkofer aber schwärmt noch heute von der eher kühlen Vulkaninsel. Auch sonst hat der Mann einiges nachzuholen. Zum Beispiel im Haushalt: „Ich weiß bis heute nicht, wie die Spülmaschine angeht“, verrät er. Sein Domizil wird deshalb wohl eher der Garten werden.
Seinen 70. Geburtstag sieht Rainer Kinzkofer locker: „Ich kann damit leben.“