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WÜRZBURG
BI: Autobahndirektion hält sich nicht an Abmachungen
Richard Wust
 |  aktualisiert: 16.12.2020 11:30 Uhr
Lässt sich die Stadt beim sechsspurigen Ausbau der A 3 von den Autobahnplanern gewaltig „über den Tisch ziehen“? Zumindest halte sich „die Autobahn“ nicht an das, was in einem Kompromiss vertraglich vereinbart war und im Moment als „Troglösung“ gebaut wird. Das ist zumindest die Auffassung der Umwelt- und Gesundheitsinitiative Würzburg-Tunnel e.V., die trotz gewonnenen Bürgerentscheids immer mehr auf die Verliererseite gerät, weil an der Großbaustelle vollendete Tatsachen geschaffen werden.

Doch was da jetzt passiert, entspricht nach Einschätzung der Initiative nicht dem, was man ursprünglich dem Stadtrat und der Öffentlichkeit „vorgegaukelt“ hat. Als flagrantes Beispiel wird vom Vorsitzenden der Initiative Michael Kraus und Sprecherin Dagmar Dewald angeführt, dass die Hangkante der neuen Autobahn plötzlich 45 bis 51 Meter näher an die Heidingsfelder Bebauung heranrückt. Das sind im Extremfall 117 Meter zum nächsten Wohnhaus.

Dass dies alles von Anfang an eine Täuschung gewesen sei, versuchen die streitbaren Tunnel-Befürworter damit zu belegen, dass die Autobahndirektion Nordbayern im Internet bis vor wenigen Tagen eine Video-Simulation zeigte, wo die neue Trasse genau über der alten liegt. Man habe von Anfang an wissen müssen, dass dies technisch gar nicht geht, wenn man während der Bauphase den Verkehr auf der A  3 aufrecht erhalten will, kritisieren die BI-Vertreter. Also muss die neue Trasse weiter in Richtung Heidingsfeld gelegt werden. Auf diese neue Trasse ist auch die neue Talbrücke ausgerichtet, mit deren Bau bereits begonnen wurde.

Nachdem die Thematik kürzlich bei einem Hearing zwischen Vertretern der Stadt, der Initiative und der Autobahndirektion angesprochen wurde, hat man die Visualisierung nun aus dem Netz genommen.
Kraus untersuchte mit Akribie die Pläne der Autobahndirektion und kommt bei der entstehenden Böschung auf Neigungswinkel von 41 bis 78 Prozent anstelle der angekündigten 26 Prozent. Damit wäre eine Verbindung über den Trogdeckel vom Heuchelhof nach Heidingsfeld – so wurde sie versprochen – praktisch nicht mehr möglich.

„Mit einer solchen Hangneigung kann man nichts mehr anfangen“, meint die Initiative. Das Planungsprinzip scheint für die BI-Vertreter klar: Keine genaue Festlegung in der Planfeststellung mit Hinweis auf die Ausführungsplanung. Gegen die kann man erst rechtlich vorgehen, wenn sie genehmigt ist – bisher nicht der Fall. Da hat sich die Stadt „an der Nase herumführen lassen“, sie bekomme nicht, was ihr vertraglich versprochen wurde, ist die Bürgerinitiative überzeugt. Dabei habe sie noch einem städtischen Zuschuss an den staatlichen Autobahnbau über 2,9 Millionen Euro zugestimmt. Was die BI wundert: Die Stadt reagiere nicht einmal darauf, dass Vereinbarungen nicht gehalten werden.

Baureferent Christian Baumgart wollte sich auf Anfrage der Main-Post zur Sache und den Vorwürfen nicht äußern und verwies auf das Tiefbaureferat. Dessen Leiter Jörg Roth meint, die Stadt könne nicht die Aufsicht der Regierung von Unterfranken sein. Diese sei dafür zuständig, ob die Pläne für die Autobahn eingehalten werden. Pressesprecher Johannes Hardenacke von der Regierung von Unterfranken verweist wiederum auf das bayerische Innenministerium. Die und nicht die Regierung sei Aufsichtsbehörde für die Autobahndirektion.

Zu den Vorwürfen sprach die Redaktion mit Reinhard Pirner, Präsident der Autobahndirektion Nordbayern. Er räumt ein, dass die Böschung steiler wird und spricht von 33 Prozent im Mittel. Wo technische Bauwerke sind, könne es noch steiler werden. Er führt dies aber auf eine breitere Baustraße und eine „Wassermulde“ unterhalb der Böschung zurück, mit der man von den Grundstücken bergwärts abgerückt sei. Damit habe sich auch die Hangkante verschoben. Das Video habe man aus dem Netz genommen, weil es nicht mehr aktuell sei. Es werde derzeit neu bearbeitet, auch was die Neigungswinkel angehe.

Pirner sieht den Bau juristisch abgesichert: Alle Anschuldigungen hätten vor Gericht bisher nicht zum Erfolg geführt. „Wir haben Rechtssicherheit“, es gehe nicht mehr um das Grundsätzliche der Maßnahme. Bei einem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht im Juli dieses Jahres wegen der Behelfsautobahn habe die Initiative beim Lärm-Monitoring einem Vergleich zugestimmt. In diesem habe es ein beiderseitiges Entgegenkommen gegeben, was der Autobahn-Präsident als „Zustimmung in der Hauptsache“ wertet. Und Würzburg habe mit der Einhausung viel erreicht.

Die Initiative sieht das anders – und macht sich weiterhin für einen „echten“ Tunnel unter dem Heuchelhofberg stark. So seien alle Probleme bewältigbar. Eine Umkehr ist aus Sicht der BI immer noch möglich, die Gewinne für Würzburg seien enorm.
 
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