
Frage: Beth, stimmt die Meldung, dass du unbedingt einen Song für Madonna schreiben willst?
Beth Ditto: Ja, dieser Wunsch ist immer noch sehr stark vorhanden. Und wenn ich schon mal dabei wäre, würde ich sie auch gerne stylen. Ich würde dafür sorgen, dass Madonna sehr chic aussieht. Sie soll nicht immer so durchgedreht und aufgemotzt herumlaufen. Sondern lieber mal etwas Klassisches tragen.
Ditto: Wirklich? Das ist so ein süßer, zuvorkommender Vergleich. Vielen Dank. „Perfect World“ ist für meinen Geschmack die größte Hymne auf dem Album, Ich habe das Lied nach dem Ende meiner vorherigen Beziehung geschrieben. Wir waren neun Jahre lang zusammen, am Ende sprachen wir nicht mehr miteinander, und das Fazit lautet: Die Welt ist einfach nicht perfekt. Es war schade, aber es war so.
Ditto: Nicht unbedingt. Wir experimentieren einfach gerne. Wir sind keine Snobs. Manche Songs benötigen mehr Synthesizer, andere schreien nach harten Gitarren. „Melody Emergency“ zum Beispiel ist eine Nummer, auf der es Brace tierisch krachen lässt an seiner Gitarre.
Ditto: Yeah. „Job“ handelt von einer Freundin und mir. Wir waren beim „Coachella“-Festival in Kalifornien, lagen im Pool und tranken Tequila. Irgendwann sagte sie „Verdammt, ich muss morgen wieder arbeiten“. Danach tranken wir die Flasche aus.
Ditto: Nein. Aber wenn, dann heftig. Ich bleibe gerne zu Hause auf dem Sofa und gucke diese mysteriösen, verschachtelten Krimiserien, wie sie die Engländer oder die Skandinavier so gut machen.
Ditto: Daheim in Portland interessiert sich keine Sau für uns, wir haben in den USA null Erfolg. Das ist einerseits Mist, andererseits super. Wenn ich zu Hause bin, habe ich meine Ruhe und kann abschalten.
Ditto: Zu fett, zu lesbisch, zu vorlaut, was weiß ich.
Ditto: Ich google mich niemals selbst, nehme so wenig Drogen wie möglich, am besten gar keine. Und ich gehe heim ins Bett, wenn ich müde bin.
Ditto: Ich bin immer noch dabei, mich mit dieser Rolle vertraut zu machen. Ich fühle mich etwas gehemmt in dieser Funktion, was bei mir wirklich nicht oft vorkommt. Insgesamt fange ich an, diese Vorbildsache ein bisschen ernster zu nehmen. Die Qualität meines Lebens ist so viel höher, weil in der Generation vor mir die Homo-Aktivistinnen und die Feministinnen sich den Arsch aufgerissen und hart gekämpft haben, damit es vorwärts geht. Jede Generation hat es leichter, und für mich war es, seien wir ehrlich, nie ein großes Drama, lesbisch zu sein, für meine Familie auch nicht. Für die nächste Generation soll es noch selbstverständlicher sein. Niemand soll sich mehr verstecken müssen.
Ditto: Ich wuchs mit zwei Schwestern auf, der Ton bei uns ist rau. Ich bekomme oft genug ein herzliches „Halt's Maul“ entgegengeschleudert. Überwiegend verdientermaßen. Ich war immer schon eine laute, fast lächerlich selbstbewusste Person. Schon als Kind war es immer ich, die
in der Schule den Ärger abkriegen sollte, aber dann doch nicht abkriegte. Weil ich nämlich mit einer tollen Gabe gesegnet bin: Ich kann mich aus jeder noch so ausweglosen Situation rausquatschen. Und irgendein Witz findet sich immer. Ich habe es meinen Lehrern immer sehr schwer gemacht, mich nachsitzen zu lassen.
Ditto: Bis heute bin ich nicht sicher, ob ich wirklich eine gute Sängerin und Musikerin bin. Aber ich habe nie daran gezweifelt, dass ich eine erstklassige Persönlichkeit habe. Ich fand mich immer stark und wuchs zum Glück mit einer Mutter auf, deren Attitüde sich folgendermaßen zusammenfassen lässt: „Beth, diese blöden Leute werden dich weder töten noch aufessen. Also brauchst du auch keine Angst vor ihnen haben. Sie sollen sich ficken“. Diese Haltung habe ich eigentlich weitgehend übernommen.
Ditto: Eine fette Person zu sein und sich in der Öffentlichkeit nackt auszuziehen, das ist ein unglaublich feministischer und politischer Akt. Es ging mir nicht ums Scharfmachen von Männern oder auch Frauen, sondern um ein „Hier bin ich“. Die Botschaft lautet: Du musst nicht dünn sein, um nackt auf dem Cover einer Zeitschrift zu landen. Ich war jedenfalls stolz darauf.
Ditto: Noch nie. Ich liebe mich genau so, wie ich bin. I don't give a fuck about the whole shit (lacht). Ich war als Jugendliche mal krank und hatte stark abgenommen. Damals war ich sehr unglücklich, ich denke, diese Kombination hat sich in meinem Gehirn verankert. Ich liebe mich selbst, ich werde von anderen geliebt, ich akzeptiere mich und möchte keine andere Figur haben.