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KIST
Beleidigungen und rechtliche Schritte gegen Faulhaber
Franz Nickel
Franz Nickel
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:02 Uhr

Normalerweise herrscht in der letzten Gemeinderatssitzung vor Weihnachten eher besinnliche Stimmung. Nicht so in Kist. Hier flogen laute Kraftausdrücke hin und her, die Versammlung musste sogar abgebrochen werden. Fünf Gemeinderäte hatten aus Protest die Sitzung verlassen und damit war das Gremium nicht mehr beschlussfähig.

Auslöser der heftigen Auseinandersetzung war ein von CSU und BfK (Bürger für Kist) gestellter Antrag, der am Donnerstag, 28. November, genau eine Woche vor der Sitzung, im Rathaus abgegeben, jedoch nicht auf die aktuelle Tagesordnung genommen worden war. Nach Angaben des Bürgermeisters Volker Faulhaber (SPD) geht es in dem Antrag um seine geltend gemachten Reisekosten und Auto-Leasing. Er (Faulhaber) habe inzwischen zu viel abgerechnete Reisekosten zurückerstattet und auch „beim Leasing nachversteuert“. „Mein Rechtsanwalt sagt, das Verfahren ist abgeschlossen.“

In der Sitzung meldete sich CSU-Fraktionsvorsitzender Klaus-Dieter Philipp unter „Verschiedenes/Bekanntmachungen“ zu Wort. Er fragte, warum der Antrag nicht auf die Tagesordnung gesetzt wurde und wollte den Wortlaut vorlesen. Dazu kam es jedoch nicht. „Ich habe das nicht zugelassen“, sagt der Bürgermeister. Faulhaber argumentierte, laut Geschäftsordnung hätte der Antrag zehn Tage vor der Sitzung eingereicht werden müssen. Er sei am Abgabetag nicht im Rathaus gewesen und habe nur über Handy mitgeteilt bekommen, dass ein Antrag vorliege. Weil die Sitzungseinladung am nächsten Tag fristgemäß verschickt werden musste, wurde dieses Thema nicht auf die Tagesordnung genommen.

Außerdem sei abzusehen gewesen, dass die Sitzung wegen wichtiger Themen – Generalsanierung des Kindergartens, Mitgliedschaft im Verein „Pro B 26n“ und Baugebiet „Flussäcker“ – lange dauern würde. „Es braucht auch eine Vorlaufzeit, um die Tagesordnungspunkte vorzubereiten“, fügte er einen weiteren Grund an, warum dieses Thema nicht berücksichtigt worden sei.

Philipp beantragte schließlich eine Sitzungsunterbrechung. Die vier CSU-Gemeinderäte und Horst König von der BfK verließen den Raum zur Beratung. Nach einigen Minuten kam der CSU-Fraktionsvorsitzende herein und gab bekannt, unter diesen Umständen werde man nicht weiter an der Sitzung teilnehmen. Weil dann nur noch sieben Gemeinderäte anwesend waren, musste die Sitzung abgebrochen werden.

Zweiter Bürgermeister Horst Siedler (SPD) bestätigte die „hitzige Debatte“ im Gemeinderat. Als Philipp sich nicht damit zufrieden gab, dass der Antrag nicht vorgelesen werden durfte, habe es „Zwischenrufe von Zuhörern“ gegeben, berichtet Siedler. Ihn ärgert an der Geschichte, dass die Gemeinderäte, die die Sitzung vorzeitig verlassen haben, „vergessen haben, dass sie gewählte Volksvertreter sind“.

„Mit so einem Amtsträger kann ich nicht mehr an einem Tisch sitzen.“
Stefan Blesch, vom Bürgermeister als „Spruchbeutel“ bezeichnet

Klaus-Dieter Philipp begründete den Antrag unter anderem damit, dass sich der Bürgermeister in der Bürgerversammlung am 18. November „als Opfer dargestellt“ habe. Das Verfahren sei zwar gegen eine Geldauflage eingestellt worden, aber Faulhaber solle zugeben, „dass er sich etwas zu Schulden kommen ließ“.

Philipp betonte, dass der Antrag rechtzeitig abgegeben wurde, weil Paragraf 19 der Geschäftsordnung besagt, „Anträge sollen zehn Tage vor der Sitzung eingereicht werden“. Es handele sich also nur um eine „Soll-Vorschrift“. Paragraf 25 sieht vor, dass Gemeinderatsmitglieder „in jeder Sitzung nach Erledigung der Tagesordnung dem Vorsitzenden Anfragen stellen können“. Sofern sie „in die Zuständigkeit des Gemeinderates“ fielen und nicht auf der Tagesordnung stehen. „Nach Möglichkeit sollten diese Anfragen sofort durch den Vorsitzenden oder anwesende Gemeinderäte beantwortet werden.

„Die meisten Anfragen aus unserem Antrag hätte er mit ja oder nein beantworten können“, hob Philipp hervor. Seiner Meinung nach habe Faulhaber „mit aller Macht versucht, die Anfragen zu unterbinden“.

Philipp ärgert auch, dass ein Zuschauer sich „erdreistet habe“, die Gemeinderäte als „Idioten“ zu bezeichnen. Auf seine Nachfrage, wen er damit meine, habe der Zuschauer geantwortet: „Euch an der Stirnseite“. An dieser Stelle sitzen die vier CSU-Gemeinderäte.

„Von Seiten des Bürgermeisters hat es keinen Ordnungsruf oder Saalverweis gegeben“, kritisiert Philipp. Der Sitzungsvorsitzende habe „nicht einmal zu einer öffentlichen Entschuldigung aufgefordert“.

Dafür habe Faulhaber aber Stefan Blesch von der BfK als „Spruchbeutel“ bezeichnet, der „nicht mehr in den Spiegel schauen“ könne. Blesch hatte sich zu Wort gemeldet und den Bürgermeister auf die von der Staatsanwaltschaft verhängte Geldauflage von 1750 Euro angesprochen. Blesch habe dann den Raum verlassen.

Stefan Blesch bestätigt, dass ihn der Bürgermeister als „Spruchbeutel“ bezeichnet hat. „Mit so einem Amtsträger kann ich nicht mehr an einem Tisch sitzen“, deshalb habe er die Sitzung schon vor der Unterbrechung verlassen, erklärt Blesch. Außerdem werde er „wegen dieser Äußerung rechtliche Schritte einleiten“.

Blesch findet, der Bürgermeister sollte als Mandatsträger den „Betrug am Steuerzahler“ zugeben. Aber Faulhaber scheue ja „die Wahrheit, wie der Teufel das Weihwasser.“ Aus dem Brief des bayerischen Justizministeriums vom 27. November ginge hervor, dass die Geldauflage für den Bürgermeister 1750 Euro betrage. CSU und BfK hätten mit dem Antrag die Zehnjahresfrist einhalten wollen, weil in dem Brief steht, dass zu viel erhaltene Reisekosten, die bis ins Jahr 2002 reichen, noch zurück erstattet werden könnten.

Philipp fordert jetzt, dass der Bürgermeister seinen Antrag in der nächsten Sitzung auf die Tagesordnung bringt. „Der Antrag mit Anfragen ist im öffentlichen Teil zu behandeln.“

 
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