
Vierzig Jahre nach der Gebietsreform von 1972/1978 umfasst der heutige Landkreis Bad Kissingen eine Gesamtfläche von fast 1140 Quadratkilometern. Neben der Kreisstadt Bad Kissingen sowie den Städten Bad Brückenau, Hammelburg und Münnerstadt gehören elf Märkte und elf Gemeinden mit ihren einst selbstständigen Ortsteilen dazu. Auf dieser Fläche leben heute 104 000 Einwohner, also 90 pro Quadratkilometer. Die Redakteurinnen und Redakteure in den Lokalredaktionen Bad Kissingen, Hammelburg und Bad Brückenau sowie ein flächendeckendes Netz freier Reporter direkt vor Ort berichten täglich aus dem Landkreis über das Geschehen in Politik und Gesellschaft, Kultur und Sport.
Vor 130 Jahren, als der Würzburger General-Anzeiger, der Vorläufer der Main-Post, am 26. Mai 1883 zum ersten Mal erschien, war die Medienlandschaft eine ganz andere, die Gesellschaft war eine andere, die Zeit war eine andere. Mainfranken gehörte zum bayerischen Königreich. König Ludwig II. hatte gerade im April die Kurstadt Kissingen mit dem Prädikat Bad ausgezeichnet. Der Reichskanzler Otto von Bismarck hielt sich dort zum wiederholten Mal zur Kur auf – wie viele andere Repräsentanten aus dem europäischen Hochadel und den Herrscherhäusern.
In den Anfangsjahren hatte die kleine Redaktion des General-Anzeigers für Würzburg und Umgebung noch weniger Interesse an den ländlichen Regionen an Saale, Sinn und Lauer. Sie berichtete allerdings, wenn Bismarck oder andere Herrscher Europas in Kissingen, Bocklet oder Brückenau kurten.
Bau von Eisenbahnlinien
Es war eine aufregende Zeit. Die Auswirkungen der industriellen Gründerzeit drangen mit etwas Verspätung aus den Metropolen in die Provinz vor. Mit dem Bau der Eisenbahn waren endlich auch kleinere Orte besser erreichbar, Nachrichten und Bilder wurden schneller übermittelt. Bereits 1874 war die Bahnstrecke Würzburg-Schweinfurt-Meiningen eröffnet worden, die später bis Erfurt reichte und Münnerstadt als Bahnstation an die Verbindung Stuttgart-Berlin anschloss.
Bald nach der Gründung des Würzburger General-Anzeigers wurde auch die Lokalbahn von Gemünden ins 3000 Einwohner zählende Hammelburg eingeweiht. Für 1,3 Millionen Mark war diese Strecke endlich nach 20-jährigem Taktieren gebaut worden, musste allerdings schon 1908 wieder erneuert werden. Wegen zu geringer Kurvenradien war der letzte Waggon häufig aus dem Gleis gesprungen.
Vergeblich bemühte sich Bad Brückenau um eine Bahnanbindung mit Bad Kissingen. Stattdessen wurde dort 1901 eine Linie nach Jossa und 1908 eine nach Wildflecken eröffnet, wodurch die entlegenen Basaltwerke wirtschaftlichen Auftrieb erhielten.
Im Weltbad Kissingen nahm nach der Erhebung zum Bad der Aufschwung Fahrt auf: Der einst eher landwirtschaftlich geprägte Ort wandelte sich zur Stadt. Infrastrukturelle Verbesserungen waren dafür unvermeidlich. Nachdem sechs Jahre zuvor schon die Thüringer Gasgesellschaft in Bad Kissingen die Gasversorgung aufgenommen hatte, wurden ab 1885 Wasserrohre unter die Straßen verlegt.
Schon zwei Jahre später war auch das entfernteste Haus an die Kanalisation angeschlossen. Damit war Bad Kissingen Vorbild selbst für größere Städte Bayerns. Natürlich berichtete damals auch der General-Anzeiger als „das führende Heimatblatt“ darüber. Er war inzwischen zur weitest verbreiteten Zeitung in Franken geworden.
Militärstandort
Während im Bad Kissingen des ausgehenden 19. Jahrhunderts der gesellschaftliche und wirtschaftliche Schwerpunkt wie vordem beim Kurbetrieb lag, gab es in der Weinregion um Hammelburg große Veränderungen. Dort begann 1894 das bayerische Kriegsministerium mit dem Ankauf von Flächen, um ei-nen 2500 Hektar großen Truppenübungsplatz aufzubauen. Dieses Militärlager wurde zwei Jahre später in Betrieb genommen und bestimmte fortan das Leben in und um Hammelburg. Bis zum Ersten Weltkrieg diente das Gelände den bayerischen Infanteristen zur Übung, doch während des Krieges waren hier alliierte Kriegsgefangene untergebracht. Die Wehrmacht erweiterte das Übungsgelände auf 4000 Hektar, weshalb Hundsfeld und Bonnland völlig abgesiedelt wurden.
Auch im Zweiten Weltkrieg wurden hier Kriegsgefangene interniert, darunter auch Stalins Sohn und der Schwiegersohn des US-Generals George S. Patton, des späteren bayerischen Militärgouverneurs. Nach Befreiung der Gefangenen durch Pattons Soldaten wurden in denselben Unterkünften von 1945 bis 1947 über 5000 Nazi-Funktionäre interniert. 1951 sollte das Areal auf die vierfache Fläche erweitert werden. Im April 1956 wurde der Standort von der Bundeswehr übernommen. Heute leidet Hammelburg an den Auswirkungen der Truppenreduzierungen.
Dasselbe gilt für den Standort Wildflecken, der nach dem Abzug der US-Truppen 1993 in der Gemeindekasse ein großes Loch und den Arbeitsplatzverlust von vielen Zivilbeschäftigten verbuchen musste. Auch heute hat die Gemeinde – nach Übernahme des Standortes durch die Bundeswehr – die aktuellen Truppenreduzierungen wirtschaftlich zu verkraften.
Ganz andere Sorgen hat heute Bad Brückenau, dessen Staatsbad ebenso wie Bad Kissingen und Bad Bocklet seit 1996 unter den Gesundheitsstrukturreformen zu leiden hat. Ein Jahrzehnt nach Gründung des General-Anzeigers machte man sich in Bad Brückenau noch keine Gedanken. Seit Bayerns König Ludwig I. das verschwiegene Kurbad für seine heimlichen Treffen mit der irischen Tänzerin Lola Montez genutzt hatte und Schiller und Goethe dort gewesen waren, ging es mit dem königlichen Bad immer nur aufwärts.
Im Jahr 1894 wurde das Elisabethenhaus errichtet, in dem heute die Kurverwaltung ihre Büros hat. Drei Jahre später feierte man das 150-jährige Bad-Jubiläum und stellte das Denkmal zu Ehren Ludwigs I. auf. Damals hatte der Kurort etwa 1600 Einwohner.
1898 war sogar Österreichs Kaiserin Sisi mal zu einer Stippvisite in Bad Brückenau, während sie schon zum 13. Mal zu einer mehrwöchigen Kur in Bad Kissingen weilte. Es war dann allerdings ihr letzter Besuch an Saale und Sinn. Nur wenige Wochen später wurde sie in Genf ermordet, was natürlich auch im Würzburger General-Anzeiger für Schlagzeilen sorgte.
Affäre im Ballsaal
Schon drei Jahre zuvor hatte Bad Kissingen mit der Louis-Stern-Affäre 1895 weltweit Schlagzeilen gemacht. Der stellvertretende Badkommissar Friedrich Freiherr von Thüngen hatte bei einer Tanzveranstaltung den aus den USA angereisten deutsch-jüdischen Kaufmann Louis Stern nach längerer Auseinandersetzung aufgefordert, seinen minderjährigen Sohn aus dem Ballsaal zu entfernen. Anderenfalls drohe ihm eine Geld- oder Haftstrafe.
Dieser von Zeitungen im deutschen Kaiserreich und in den USA weit verbreitete Fall wurde zu einem Politikum mit antisemitischem Beigeschmack und sorgte über Monate hinweg für große diplomatische Verwicklungen zwischen dem Königreich Bayern, der Reichsregierung und den Vereinigten Staaten. Damals hatte Bad Kissingen 4700 Einwohner und 20 000 Kurgäste aus allen Erdteilen.
„Frankens Saalestück“, wie sich die Weinbauorte entlang der Fränkischen Saale seit 2009 touristisch vermarkten, lebte schon immer vom Weinbau. Die Stadt Hammelburg rühmt sich, die älteste Weinstadt Frankens zu sein, und weist dies mit einer Schenkungsurkunde Karls des Großen aus dem Jahr 777 an das Kloster Fulda nach, in der die Weinberge namentlich genannt sind. Nicht ohne Grund schlossen sich deshalb 1904 die dortigen Winzer zu einer Genossenschaft zusammen, um diesen Wirtschaftszweig professioneller auszubauen. Sechs Jahrzehnte später erwarb die Stadt das Schloss Saaleck mit seinen Weinbauflächen und firmierte seitdem unter dem Namen „Schloss Saaleck – Städtisches Weingut Hammelburg“. Als 1977 dessen Wirtschaftsgebäude abbrannte, wurden 80 000 Bocksbeutel vernichtet.
Erst vor zwei Jahren verkaufte die Stadt Hammelburg ihr städtisches Weingut mit Kellereigebäude und 15 Hektar Weinbergen gegen manchen Widerstand in der Stadt an eine Winzerfamilie.
Während sich Hammelburg auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts verstärkt dem Weinbau widmete, ging in Bad Kissingen die Blütezeit des Kurbetriebs weiter.
Das schon 1871 eröffnete und von der „Aktiengesellschaft des Badeetablissements in Kissingen“ finanzierte Luitpoldbad musste wegen steigender Nachfrage sogar 1906 um ein Obergeschoss aufgestockt und nach Süden erweitert werden. Mit seinen 236 Badekabinen war es nun das größte Badehaus Europas, umgeben vom neuen Park, den man wie das Badehaus nach seinem Auftraggeber Luitpold von Bayern umbenannte. Seit 1978 steht das denkmalgeschützte Luitpoldbad leer und soll in Kürze nach dem Willen des Freistaates für gut 20 Millionen Euro in ein Behördenzentrum ausgebaut werden.
Schon in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens geschah es, dass das Luitpoldbad nach der Schneeschmelze regelmäßig unter Wasser stand und dadurch den Badegästen der Zugang verwehrt war. Am Abend des 4. Februar 1909 erreichte die Fränkische Saale – nach dem Main der zweitgrößte Fluss Unterfrankens – am damaligen Pegel einen Stand von fast 3,50 Metern und stieg weiter an. Ungeheure Schneemassen waren kurzfristig abgetaut und hatten, verstärkt durch zweitägige Regengüsse, die Saale urplötzlich in einen reißenden Strom verwandelt. Sogar die Innenstadt Bad Kissingens stand unter Wasser, so dass Einwohner in Booten und auf Flößen den Marktplatz und die engen Gassen befuhren. Dieses Hochwasser ging als Jahrhunderthochwasser in die Annalen der Kurstadt und aller anderer Saale-Anrainer ein.
Auch in folgenden Jahrzehnten kam es immer wieder zu extrem hohen Pegelständen, die durch wachsende Umweltveränderungen der Neuzeit noch stiegen, so dass sogar Hochwasserschutzmaßnahmen nicht mehr ausreichten. So lief auch 1970 die etwas tiefer liegende Innenstadt Bad Kissingens wieder voll.
Aus jüngster Vergangenheit blieb ein weiteres Jahrhunderthochwasser in Erinnerung: Am 3. Januar 2003 erreichte die Saale am Pegel Golf-Platz bei Bad Kissingen den Rekordstand von 5,56 Metern. Nur wenige Zentimeter fehlten noch, und die Innenstadt wäre wieder vollgelaufen. Bad Kissingen und umliegende Gemeinden erschienen über mehrere Tage in den Hauptnachrichten deutscher TV- und Hörfunksender, viele Zeitungen wie die Main-Post informierten mit dramatischen Fotos. Kurgarten und Kurpark standen bereits unter Wasser, und die gerade erst für 35 Millionen Euro abgeschlossene Sanierung der historischen Kurgebäude wäre fast zunichte gewesen.
Wandelhalle und Brunnenhalle, die Säle des Arkadenbaus und der Regentenbau mit seinem großen Festsaal, dem Weißen und dem Grünen Saal hatte der Freistaat seit 1998 in mehreren Bauabschnitten gerade sanieren und restaurieren lassen. Kurz nach dem Jahrhunderthochwasser von 1909 hatte der Münchner Architekt Max Littmann mit dem Bau der Wandelhalle im Kurgarten begonnen, mit deren Planung er bereits 1905 vom Prinzregenten Luitpold beauftragt worden war. Am 1. Mai 1911 wurde sie als größte Wandelhalle Europas festlich eröffnet.
Doch die Bauarbeiten Littmanns gingen weiter. Gleich anschließend modernisierte er den 1837 von Friedrich von Gärtner erbauten Arkadenbau mit seinem Saal.
Außerdem vollendete er sein architektonisches Gesamtkunstwerk mit dem Bau des großen Regentenbaus mit seinem über 1200 Gäste fassenden Konzertsaal, der vor genau 100 Jahren am 15. Mai 1913 in Anwesenheit von Ludwig III., damals noch als Prinzregent, mit einem Festakt und zweitägigen Feierlichkeiten in der Stadt eröffnet wurde.
Auch die Stadtverwaltung leistete ihren Anteil an der Verschönerung der Stadt und legte 1914 am Saaleufer für ihre Bürger den Rosengarten an. Doch die Aufbruchstimmung fand schon bald ein jähes Ende, als sich im August das Kaiserreich auf den Krieg vorbereitete. Nach der offiziellen Kriegserklärung des Kaisers wurden alle russischen Kurgäste zu Staatsfeinden erklärt und aus Bad Kissingen ausgewiesen.
Im Marsch durch die Stadt wurden sie von Soldaten zum Bahnhof begleitet. Wenige Tage später traf hier bereits am 29. August 1914 der erste Verwundetentransport mit deutschen Soldaten ein, die in den zu Lazaretten umgerüsteten Sanatorien wieder genesen sollten. Selbst im Saal des Arkadenbaues wurden – wie schon im Deutschen Krieg von 1866 – Verwundete gepflegt.
Bald nach Ende des Ersten Weltkrieges ging es mit der Wirtschaft im Landkreis wieder aufwärts. 1925 wurde der von den Kissingern als Ochsenkathedrale bezeichnete städtische Schlachthof in Dienst gestellt. Hier verarbeiteten in den folgenden acht Jahrzehnten die Schlachter aus dem Landkreis Rinder, Schweine und sogar Pferde. Erst 2002 wurde der Schlachthof wegen fehlender Rentabilität aufgegeben und wartet, unter Denkmalschutz stehend, nun schon seit mehr als zehn Jahren auf eine neue Nutzung.
Auch der Kurbetrieb hatte in Bad Kissingen, Bad Brückenau und Bad Bocklet wieder neuen Zulauf. Architekt Littmann baute in Bad Kissingen deshalb das neue Kurhausbad in der Stadtmitte. Als letztes der drei Staatsbäder wurde Bocklet am 12. November 1937 zum Bad erhoben und konnte 2012 sein 75-jähriges Bad-Bestehen feiern.
Schon 1937 waren die ersten Kriegsvorbereitungen der Nationalsozialisten und der Wehrmacht zu sehen: In Wildflecken wurde ein großer Truppenübungsplatz und in Bad Kissingen die Manteuffel-Kaserne gebaut, beide Objekte wurden nach dem Zweiten Weltkrieg über 50 Jahre lang von den US-Truppen genutzt.
In Wildflecken richteten die Amerikaner zudem ein Kriegsgefangenenlager ein, aus dem später ein Lager für Displaced Persons wurde, ein Sammellager für insgesamt 17 000 ehemalige Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus Polen, die auf ihre Heimkehr vorbereitet werden sollten. Als dieses Lager 1951 aufgelöst wurde, blieb ein polnischer Friedhof zurück, noch heute der größte Polen-Friedhof außerhalb Polens. Nach dem Abzug der US-Truppen übernahm 1994 die Bundeswehr den Truppenübungsplatz als Rhön-Kaserne.
Zwei Jahre zuvor hatten die Amerikaner in Bad Kissingen sowohl das über acht Hektar große Kasernengelände Daley Barracks und im Ortsteil Reiterswiesen ihr Army Airfield aufgegeben. Das Kissinger Kasernengelände wird seitdem zum Gewerbegebiet ausgebaut, die Wohnanlage der US-Housing Area zu modernen Eigentums- und Mietwohnungen umgebaut.
Schon Wochen vor der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 hatten US-Truppen den Main überquert. Doch selbst in den letzten Kriegstagen führten sinnlose Widerstandsaktionen noch zu Zerstörungen in einigen Städten und Dörfern der Region. Münnerstadt hatte im Krieg unter Beschuss und Bombardierung zu leiden, das Untere Tor wurde beim Panzer-Einmarsch gesprengt. Wertvolle Bausubstanz ging dort verloren. Auch Steinach wurde erheblich beschädigt.
In Bad Kissingen waren zu jener Zeit zusätzlich zu den 9000 Einwohnern etwa 4000 Evakuierte untergebracht. Die schwierige Versorgungssituation zwang die Militärregierung, ein striktes Zuzugsverbot zu verhängen. Im Altlandkreis Hammelburg hatten 28 000 Flüchtlinge und Evakuierte Zuflucht gefunden.
Ein Jahr später wurde dort ein Landesdurchgangslager für heimkehrende Kriegsgefangene und Flüchtlinge eingerichtet.
Die neue Zeit brachte nicht nur gesellschaftliche Veränderungen in die Region. Einheimische entlang der Saale mussten sich an die vielen Tausend Flüchtlinge aus den ehemals deutschen Ostgebieten, an deren Sprache und Gebräuche gewöhnen. Die Neuzeit brachte auch einen Wandel in der Zeitungslandschaft. Hatte der General-Anzeiger in seiner Berichterstattung die Ereignisse in der Region eher am Rande gewürdigt, verstand sich die Main-Post von Beginn an als flächendeckende Tageszeitung für die gesamte Region, weshalb schon Anfang 1947 die erste Regionalseite „Rhön und Saale“ erschien. Die Bedeutung der regionalen Berichterstattung nahm stetig zu, weshalb zunächst lokale Reporter vor Ort eingesetzt, später dann Geschäftsstellen und Lokalredaktionen in Bad Kissingen und Bad Brückenau und Hammelburg gegründet wurden. In einem weiteren Schritt wurden schließlich die reinen Lokalseiten eingeführt.
Zum Neubeginn in einem demokratischen Deutschland wurde am 20. Juni 1948 jedem Deutschen mit 40 D-Mark in der Hand dieselbe Chance gegeben. In Bad Brückenau, das gerade im Vorjahr sein Jubiläum zum 200-jährigen Bad-Bestehen gefeiert hatte, wurde der neue Kurgarten an der Wandelhalle angelegt und 1951 eingeweiht. Drei Jahre später gab es auch in Bad Kissingen wieder eine Eröffnung: Das heute zum Teil unter Denkmalschutz stehende, für 1,2 Millionen Mark gebaute Terrassenschwimmbad auf einem 4,5 Hektar großen Hanggelände mit freiem Ausblick weit in die Rhön wurde zur Sommersaison 1954 in Betrieb genommen. Die offizielle Einweihung fand allerdings erst nach Abschluss aller Restar-beiten Mitte August statt, gerade noch rechtzeitig vor den 66. Deutschen Schwimmmeisterschaften vom 22. bis 24. August, an denen 1000 Schwimmer teilnahmen.
Sportlicher Landkreis
Auch in späteren Jahrzehnten gab es im Landkreis hin und wieder bedeutende Sportereignisse, über die die Main-Post ausführlich berichtete. Dazu gehörten das Engagement Bad Kissingens bei der Fußballweltmeisterschaft 2006, als die Mannschaft aus Ecuador in der Kurstadt trainierte, oder 2010 die erste Braveheart-Battle in Münnerstadt mit Teilnehmern aus ganz Deutschland. Der Sport hatte im Bäderland immer eine große Bedeutung. Schon 1910 war in Bad Kissingen ein Golfclub gegründet worden, der zweitälteste Golfclub in Bayern, der den ältesten Golfplatz im Freistaat betreibt.
Auch wirtschaftlich wendete sich das Blatt für viele Kommunen in der Nachkriegszeit zum Guten. In Münnerstadt zum Beispiel siedelten sich nach der Teilung unter anderem Betriebe aus dem Osten Deutschlands an.
Nach wirtschaftlichem Aufbau in der Nachkriegszeit, das deutsche „Wirtschaftswunder“ stand in voller Blüte, konnte man sich auch wieder verstärkt dem kulturellen Angebot widmen. Diese Chance nutzte das Schauspieler- und Dramaturgenehepaar Lena Hutter und Oskar Ballhaus, Eltern des später in Hollywood berühmt gewordenen Kameramannes Michael Ballhaus. Sie eröffneten 1960 im Maßbacher Schloss ihr Fränkisches Theater.
Viele damals noch junge, später bekannt gewordene Schauspieler standen dort das erste Mal auf einer Bühne wie zum Beispiel Peer Augustinski, Kristina Söderbaum oder Gila von Weitershausen. Nach dem frühen Tod von Oskar Ballhaus stieg 1972 Hutters zweiter Ehemann Herbert Heinz als Theaterleiter ein.
Vor zehn Jahren übernahm Enkelin Anne Maar nach Hutters Tod die Intendanz. Mit seinen beliebten Inszenierungen geht das Fränkische Theater noch heute auf Tournee durch die Region.
Wirtschaftlicher Aufschwung war schon immer von Bauen begleitet. In den drei Altlandkreisen wurde in den 1960er und 1970er Jahren viel gebaut. Größere Bedeutung als damals gedacht, bekam erst acht Jahre später das neue Landratsamt in Bad Kissingen. 1964 wurde es auf genau jenem Platz errichtet, wo seit 1827 der Landrichter und spätere Bezirkshauptmann von Bad Kissingen und Münnerstadt seinen Amtssitz hatte. Dieser war zugleich Badkommissar (Kurdirektor) der Staatsbäder Bad Kissingen und Bad Bocklet, manche Jahre auch von Bad Brückenau. Für das moderne Landratsamt wurde das alte Bezirksamt und Landgericht mit Gefängnis abgebrochen.
Ein Jahr später wurde auch das historische Salinenbad an der Unteren Saline in Bad Kissingen abgerissen, wo Reichskanzler Otto von Bismarck während seiner Kuraufenthalte in einer für ihn abgesonderten Abteilung sein Heilwasserbad zu nehmen pflegte. An die Stelle des Salinenbades folgte die private Heinz-Kalk-Klinik, die 2009 ebenfalls wieder abgebrochen wurde.
Die Zentralisierung der Verwaltung ging für einige einst bedeutende Ämterstandorte aber auch mit Verlusten einher. Münnerstadt etwa war im Verlauf der Jahrzehnte mehrfach betroffen. Es verlor sein Amtsgericht. Die Forstmeisterei wurde aufgelassen. Das frühere Krankenhaus ebenso. Auch das Rentamt (Finanzamt) ist längst Geschichte.
Dafür schärfte die Lauerstadt ihr Profil als Standort für Bildung und Erziehung. Viele Familien aus der Region ließen ihren Kindern in dem seit 1660 bestehenden Johann-Philipp-von-Schönborn-Gymnasium die höheren Weihen der Bildung angedeihen. Das ehemalige humanistische Gymnasium war vielfach Vorreiter bei Bildungsreformen, so in den 1970er Jahren mit dem Kollegstufenmodell und in den Anfängen des neuen Jahrtausends bei der Ganztagsschule.
Die Augustiner hatten von kurz nach der Jahrhundertwende bis ins letzte Viertel des 20. Jahrhunderts dort ein Studienseminar betrieben. Seit 2005 ist Münnerstadt auch Sitz des Bundesausbildungszentrums der Bestatter.
Während die Deutsche Bundesbahn ihren Betrieb im ländlichen Raum wegen sinkender Nachfrage zunehmend einschränkte oder streckenweise sogar aufgab, wurde das westdeutsche Straßen- und Autobahnnetz ausgebaut. So wurde im Juli 1968 endlich das Teilstück Fulda-Würzburg der Nord-Süd-Autobahn A 7 nach mehrjähriger Bauzeit für den Verkehr freigegeben. Damit hatten die drei Altlandkreise endlich direkten Anschluss an das Autobahnnetz. Nach der Wiedervereinigung wurde mit den Vorarbeiten zum Bau der Autobahn A 71 von Schweinfurt nach Würzburg begonnen. Nach Abschluss des letzten Teilstückes von Meiningen zur Anschlussstelle Bad Kissingen/Oerlenbach im Dezember 2005 war damit die direkte Fahrt nach Thüringen frei.
Das Jahr 1972 brachte mit der bayerischen Gebietsreform den größten Umbruch in die Regionalverwaltung. 1939 waren die drei ehemaligen Verwaltungsbezirke Bad Brückenau, Bad Kissingen und Hammelburg in Landkreise umbenannt worden. Zwar wurde Hammelburg schon einmal 1940 vorübergehend in den Landkreis Bad Kissingen eingegliedert, doch wurde dies 1948 wieder rückgängig gemacht. Nun sollte 1972 die Verwaltung verschlankt werden. Ziel war es, nur noch Landkreise mit mehr als 80 000 Einwohnern zu haben. Der Altlandkreis Hammelburg hatte damals auf 35 000 Hektar Fläche mit 35 Gemeinden nur knapp 28 000 Einwohner in weniger als 9000 Haushalten.
Alle drei Landkreise sollten deshalb in nur einen Großlandkreis mit Verwaltungssitz in Bad Kissingen zusammengeführt werden. Trotz heftigen Protests einzelner Kommunen wurde die Forderung der Landesregierung in mehreren Schritten bis 1978 umgesetzt. Die alten Pkw-Kennzeichen HAM und BRK wurden durch KG ersetzt. Erst in die jüngste Zeit fällt die Entscheidung, die alten Kennzeichen wieder möglich zu machen.
Auch in den Jahren nach der Gebietsreform berichtete die Main-Post täglich über regionale Ereignisse von nationaler Bedeutung. So wurde 1986 der Kissinger Sommer aus der Taufe gehoben, ein von Stadt, Landkreis und Förderverein subventioniertes Festival klassischer Musik mit internationalen Stars, das bis zu 30 000 Gäste jährlich anzieht. Als saisonales Gegenstück folgte 1999 der erste Kissinger Winterzauber mit etwas leichterer Unterhaltung, aber ebenfalls hohem Niveau.
Das Jahr 1991 war ein besonderes Jahr für die Rhön und die zu ihr gehörenden Landkreise. Die Weltorganisation Unesco erklärte das Mittelgebirge zu einem der weltweit 300 Biosphärenreservate. Nicht nur Vorteile der besseren touristischen Vermarktung, sondern auch Nachteile in der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen waren damit verbunden. Dies wurde erst gerade wieder an der Diskussion deutlich, als es darum ging, weitere Landkreis- und Kommunalflächen in das Kerngebiet einbringen zu müssen.
Ein Schicksalsschlag für alle deutschen Kurorte kam 1996 mit der Gesundheitsstrukturreform. Hatte Bad Kissingen im Jahr davor noch mit 1,9 Millionen Übernachtungen das Rekordergebnis seit Bestehen seines Kurbetriebs melden können, sank diese Zahl binnen eines Jahres plötzlich auf nur noch 1,4 Millionen. Inzwischen konnte sich die Übernachtungszahl auf 1,5 Millionen Übernachtungen pro Jahr einpendeln. Einen Einbruch mussten auch die beiden anderen Kurorte hinnehmen. Dies war für den Freistaat letzter Anstoß, die Kommunen bei seinen kostenintensiven Staatsbädern stärker in die Pflicht zu nehmen.
Einbruch bei Gästezahlen
Während die Privatisierung in Bad Brückenau wegen der Entfernung zur Stadt schwer möglich schien und deshalb vorerst unterlassen wurde, übernahm Bad Bocklet den operativen Betrieb vollständig, während in Bad Kissingen der Freistaat Bayern mit 60 Prozent immerhin noch Mehrheitsgesellschafter der dort im November 1998 gegründeten Staatsbad Bad Kissingen GmbH blieb. In den kommenden Jahren wird die Stadt allerdings, einem 2012 unterzeichneten Vertrag entsprechend, schrittweise bis zu 51 Prozent der Anteile übernehmen.
Eine weitere Konsequenz aus dem Niedergang der Buchungszahlen ist der Zusammenschluss der fünf unterfränkischen Bäder – zusätzlich zu den drei Staatsbädern auch die kommunalen Bäder Bad Neustadt und Bad Königshofen im Nachbarlandkreis Rhön-Grabfeld. Schon 2002 hatten sich die Kurdirektoren der zuvor von Politikern oft als Bäder-Pentagon bezeichneten Kurorte in der Arbeitsgemeinschaft Bäderland Bayerische Rhön zusammengefunden. 2004 wurde dieser lockere Verbund dann von Bürgermeistern und Landräten offiziell übernommen. Der seit 1996 notwendige Wandel in den Staatsbädern machte sich besonders in Bad Kissingen bemerkbar: Im April 2004 beendete die Arbeiterwohlfahrt im 150 Jahre alten Fürstenhof den Betrieb ihres Diabetes-Reha-Zentrums, konnte allerdings erst 2008 das Gelände an eine von russischen Investoren gegründete Immobiliengesellschaft mit Sitz in der Schweiz verkaufen. Die neuen Eigentümer planen seitdem die Anlage eines Luxushotels mit Baubeginn im Herbst 2013. Auch das von Steigenberger einst betriebene Kurhaushotel musste im Oktober 2010 seine Tore schließen. Der Freistaat will die Immobilie abreißen lassen und dort von privaten Investoren ein neues Fünf-Sterne-Hotel bauen lassen. Hier ist ebenfalls an einen baldigen Baubeginn gedacht.
Frühzeitiger Wandel sichert den Bestand. Im heutigen Bäderlandkreis hat dieses Gebot Gültigkeit. Es gilt, das Wissen um die historische Bedeutung dieser Region im Lauf der Geschichte wachzuhalten, aber auch den Blick in die Zukunft zu richten. In Bad Kissingen war dieser Spagat gerade zu erleben: Am 26. Mai, genau am 130. Geburtstag der Main-Post, feierten der Freistaat und die Stadt mit einem Festakt das 100-jährige Bestehen des Regentenbaus. Gleichzeitig aber wurde – und dies zum ersten Mal in der Geschichte dieser Kurstadt – ein altes Klinikgebäude in das moderne Großhotel Cup Vitalis umgewandelt. Ganz nach Adenauer: „Große Vergangenheit verpflichtet; sie verpflichtet zum Streben nach gleich großer Zukunft.“