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Aufbau der Landesausstellung: Die große Welle
Hinter verschlossenen Türen: Aufbau der Landesausstellung „Main und Meer“ im Zeitplan

Von unserem Redaktionsmitglied

Katharina Winterhalter

 |  aktualisiert: 27.04.2023 00:41 Uhr

Die Aufgabe lautete: für die Landesausstellung „Main und Meer“ ein elf Meter langes sinkendes Schiff zu bauen, das teilweise begehbar ist, den Ansturm von tausenden Besuchern aushält – das Ganze in Leichtbau, vor Ort auf engem Raum zu montieren, absolut sicher und kostengünstig. Es ist quasi ein großes Modell, das in diesen Tagen im Tiefparterre der Kunsthalle aus Spanten, Tischlerplatten und Sperrholz Form annimmt. Erbauer ist der Haßfurter Burkard Hauck, Spezialist für Modellbau auch in ungewöhnlichen und kniffligen Fällen.

Hauck hat lange getüftelt, bevor er das Schiff am Computer entworfen und an einem kleinen Modell erprobt hat, ob es stabil ist. Dabei stellte sich heraus, dass es die beste Lösung sein würde, das Schiff quasi falsch herum aufzubauen. Zur Montage liegt das Deck also am Boden und der Boden ist oben. Am Ende wird der Rumpf zweigeteilt, um 180 Grad gedreht und wieder zusammengeschraubt, bevor die Aufbauten mit den zwei Kaminen aufgesetzt werden.

Mitte Januar hat das Haus der Bayerischen Geschichte die Kunsthalle in Beschlag genommen. Deren Leiter Erich Schneider und die Mitarbeiter können nur noch staunend beobachten, wie sich ihr Haus jeden Tag ein Stück mehr verwandelt. Zur Eröffnung am 9. Mai wird man die Räume kaum wiedererkennen, der Besucher soll ganz in den Kosmos „Main“ eintauchen.

Seit Wochen ist die gelbe Eingangstüre verschlossen, die Fenster verdunkelt, das Foyer mit der Kasse verwaist, in der Garderobe herrscht gähnende Leere und nirgendwo in den Fluren und Kabinetten ist ein bekanntes Gesicht vom Kunsthallen-Team zu sehen. Dafür wuseln eine Menge Handwerker durch die Räume. Überall wird geschraubt, gemessen, gestrichen, montiert. Im Moment lässt sich in vielen Räumen nur erahnen, wie es in den Monaten bis Oktober in der Kunsthalle aussehen wird. Projektleiter Rainhard Riepertinger und Bauleiter Matthias Held sind völlig gelassen. Das Team liegt gut im Zeitplan.

Einzig das Foyer bleibt weitgehend, wie es ist. Die Kunsthallen-Kasse wird Shopkasse, Eintrittskarten und Audioguide gibt es an einer zweiten Theke. Hier startet der Rundgang nach links – Reminiszenz an die Vergangenheit des Gebäudes als Hallenbad, als der Besucher auch nach links musste, um durch Umkleiden und Duschen in die Schwimmhalle zu gelangen.

Im ersten kleinen Raum, wo normalerweise Rupprecht Geigers leuchtender Farbkreis auf weißem Untergrund hängt, ist außer schwarzen Wänden noch nichts zu sehen. Aber nebenan, im ersten Gang, da taucht er auf, der Fluss, um den sich alles dreht. 25 Meter lang ist die blaue Wellenwand, die sich hoch auftürmt. Der eigentliche Gag erschließt sich erst auf den zweiten Blick, wenn sich der Besucher umdreht. Plötzlich sind die blauen Wellen bunt wie ein Regenbogen oder wie das Leben an diesem Fluss. Schön.

Beim Entlangschreiten tauchen aus den Wellen Überraschungen auf, ein altes Fotos vom Haßfurter Mainbad oder der riesige Kopf eines Wels. Zu dem präparierten Kopf gibt es eine Geschichte: 79 nach Christus hat der römische Gelehrte Plinius geschrieben, dass es im Main so große Welse gebe, dass man sie mit Ochsen herausziehen müsse.

Wie sahen die Künstler den Fluss? Diese Frage wird in den zwei benachbarten Kabinetten beantwortet. Noch kleben nur Drucke, aber schon die zeigen, dass hier ein paar zauberhafte Flusslandschaften hängen werden, zum Beispiel eine Wertheim-Ansicht von Otto Modersohn. Die Ausstellung wird sich schließlich nicht auf den Main bei Schweinfurt beschränken. Der Fluss von der Quelle bis zur Mündung und seine Verbindung über die Kanäle zum Meer wird Thema sein.

Im Eckraum passen die Handwerker eine Terrassenlandschaft ein – es geht um den Weinanbau. Im zweiten Gang wird der Besucher quasi unter Wasser versetzt. Wie, wird noch nicht verraten. Nur soviel: der Besucher wird in virtuelle Aquarien sehen können, in denen Fische über ihr Leben im Main erzählen. Nebenan können sogar eine Tasse Kaffee oder ein Pfund Rindfleisch – täuschend echt nachgemacht – sprechen. Sie erzählen, welch' unfassbare Menge Wasser verbraucht wird, um sie herzustellen. Allein 130 Liter für eine Tasse Kaffee.

Nun lockt die blaue Lichtinstallation von Chris Nägele ins Tiefparterre. Von der Schatzkammer mit kostbaren Funden aus dem Main ist noch nichts zu sehen, aber die Wand mit dem Bild vom Denkmal des Ludwigskanals steht schon. An einer Hörstation erfährt der Besucher, warum König Ludwig 1846 nicht zur Eröffnung des nach ihm benannten Kanals kam.

Nebenan versinkt das begehbare Schiff vor dem größten Fotodruck, der jemals in einer Bayerischen Landesausstellung zu sehen war. Vorlage war eine Postkarte mit einem Jungen im Matrosenanzug. Thematisiert wird die Marinebegeisterung der Bayern um die Jahrhundertwende. Die Ausstellung wirft mehrere Schlaglichter auf die Beziehung der Bayern zum Meer: 1978 beispielsweise verschwand das 261 Meter lange Schiff mit Namen „München“ bei der Atlantiküberquerung spurlos in einer Monsterwelle. Auch der Main kann zum Unheilsbringer werden. Eines der spektakulären Exponate wird ein halbes Auto sein, das quasi aus den Fluten gezogen wird.

Ungewöhnlich ist auch der Tretradkran, den Schreiner-Azubis der Dr. Georg-Schäfer-Schule für die Große Halle gebaut haben – originalgetreu, ohne Schrauben und Leim, nur mit Hilfe von 400 Holzdübeln. Die Besucher dürfen rein in dieses riesige „Hamsterrad“ und ausprobieren, ob sie wirklich das 15-fache ihres Körpergewichtes heben können.

Sprechende Fische, ein begehbares Schiff, Videoprojektionen, virtuelle Unterwasserwelten – es gehört zum Konzept der Landesausstellungen, Informationen so zu servieren, dass alle Sinne angesprochen werden. Wie viele Besucher erwartet werden? Da will sich Rainhard Riepertinger nicht genau festlegen. Aber „sechsstellig“ soll es schon werden.

Main und Meer: 9. Mai bis 13. Oktober, täglich 9 bis 18 Uhr, Kunsthalle. Infos zum Begleitprogramm: www.schweinfurt.de. Vorverkauf: Touristinformation Schweinfurt, Markt 1,Tel. (0 97 21) 51 36 00. Bis 8. Mai gibt es für Familien, die eine Familienkarte oder Eintrittskarten für Kinder kaufen, ein Mitmachheft pro Kind gratis dazu.

Aufbau der Landesausstellung: Die große Welle
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Wie ein Regenbogen: Die große Wellenwand.
Foto: Katharina Winterhalter | Wie ein Regenbogen: Die große Wellenwand.
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