Die Amerikaner sind verrückt nach dem „Häschen“. So nennen sie den VW Golf beinahe liebevoll. Der „Rabbit“ erobert ab 1978 die Highways der USA. Hierzulande revolutioniert der Urvater der Kompaktwagen den Automarkt schon vier Jahre früher. Schnell wird er zum „König“ dieser Klasse. Innerhalb von neun Jahren wird er bis 1983 insgesamt 6,2 Millionen Mal verkauft. Seine Besonderheit: Motor und Antrieb sind vorne. Die Verkaufszahlen sprechen klar für sich und machen den Golf 1977 zum Marktführer. Nicht nur äußerlich, sondern auch in der Technik wird er zur Orientierungshilfe für die Konkurrenz.
Der Stellenwert des Autos in der Gesellschaft ändert sich grundlegend. In den 60ern gelten Pkws noch als Statussymbol, gerne mit Beinamen wie „Schiff“ oder „Badewanne“ (Ford Taunus) versehen. Die Blechkisten können nicht voluminös genug sein, ganz nach dem Motto, je größer desto erfolgreicher sein Besitzer. Ein Jahrzehnt gehören Autos aufgrund der positiven Arbeitsmarktentwicklung und steigender Stundenlöhne immer mehr zum Alltag. Jeder vierte Bundesbürger besitzt 1970 ein Auto – 14 Millionen sind 1971 auf den deutschen Straßen unterwegs. Das Auto steht für Individualität und Mobilität.
Allerdings wird der positive Aufschwung ab der zweiten Jahreshälfte 1973 jäh gebremst. Die erste Ölkrise beschert den Autobauern eine schwierige Zeit. Der bundesdeutsche Pkw-Verkaufsboom bricht zusammen und fällt um knapp 25 Prozent. Auch der Export geht um 20 Prozent zurück. Dazu steigen die Benzinpreise in Deutschland in völlig ungewohnte Höhen.
Und es gibt immer mehr Unfälle mit immer mehr Verkehrstoten. 1970 sterben 21 332 Menschen auf Deutschlands Straßen – soviel wie nie zuvor. Zusätzlich zur Sparsamkeit ist jetzt auch Sicherheit stark gefordert. Die Autoindustrie reagiert und produziert Vernunft-Fahrzeuge: Vorreiter ist hier auch wieder Volkswagen mit dem „Spar-Käfer“ 1200, der für rund 5700 D-Mark zu haben ist.
Ebenso übt sich Opel in Genügsamkeit und entwickelt Sparvarianten für Ascona-, Manta- und Kadett-Modelle. Für die Autobauer geht es ums wirtschaftliche Überleben. VW hat seine eigene Strategie. Der Konzern senkt die Produktionskosten durch den Bau von unterschiedlichen Fahrzeugen mit vielen baugleichen Teilen. So speckt er den Audi 50 ab und macht daraus den schlechter ausgestatteten VW Polo, der 1975 auf den Markt kommt.
Bei Ford dauert es etwas länger, bis Vergleichbares entsteht. Aber dann gibt es kein Halten mehr: 1976 erscheint der erste Fiesta mit großer Heckklappe. Ein Bestseller, der bis 1983 rund drei Millionen Käufer findet. Ein weiterer Superstar ist der Opel Manta: Der Typ A beschert von 1970 bis Ende 1975 den Rüsselsheimer Autobauern Goldene Zeiten. Aber auch ausländische Unternehmen entwickeln Verkaufsschlager. Ein „wahrer kleiner Freund“ ist der Renault R 5, der genau so in der Werbung betitelt wird. Kurz nach seiner Premiere 1972 ist er vielerorts auf den Straßen zu sehen. Er wird einer der ganz großen Verkaufsschlager des Unternehmens.
Zur selben Zeit erobern die Japaner den deutschen Markt. Der Toyota Corolla deckt sich mit den Bedürfnissen der Menschen und zielt auf Ford-Escort- und Opel Kadett-Interessenten ab.
Wen die Krise nicht schüttelt, der leistet sich Luxus und kann aus einem wachsenden Angebot wählen. Das britische Luxus-Auto-Label Rolls-Royce wird von Aufträgen überflutet und hat Wartezeiten von über einem Jahr. Mercedes lockt mit dem 350 SL. Überhaupt ist die neue S-Klasse ein Volltreffer. Die Fachpresse überschlägt sich mit Lob. Kein anderer Pkw vereint Klassik und Moderne so gekonnt, heißt es. Auch in Sachen Sicherheit ist Mercedes spitze. Das von Bosch ABS 2 genannte System geht als Erstes seiner Art in Serie – zuerst als Sonderausstattung in der Mercedes S-Klasse und kurz darauf im 7er BMW.
10 beliebte Autos
1. VW Golf
2. Opel Kadett
3. 3er BMW
4. Fiat 127
5. Datsun Sunny
6. Mini Cooper
7. Audi 50
8. Porsche 911 T
9. Ford Fiesta
10. Citroen GS
ONLINE-TIPP
Bilder und Texte zur Serie unter www.mainpost.de/diebunten70er