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ESSEN
Atomausstieg setzt die Versorger massiv unter Druck
Wohin nach der Energiewende? Logos der vier großen Stromkonzerne EnBW, RWE, Vattenfall und E.ON.DPA
Foto: Foto: | Wohin nach der Energiewende? Logos der vier großen Stromkonzerne EnBW, RWE, Vattenfall und E.ON.DPA
Von den dpa-Korrespondenten w. Dahlmann und N. Murphy
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:41 Uhr

Fukushima und die Energiewende setzen den Energieversorgern zu. Der Anteil der vier großen Stromkonzerne in Deutschland an den regenerativen Erzeugungskapazitäten liegt zum Teil noch im einstelligen Prozentbereich. Nun müssen sie Milliarden in die Hand nehmen, um Versäumtes nachzuholen. Einst hatten sie fette Gewinne eingefahren, doch die Zeiten sind vorbei. Schon vor dem GAU in Japan und dem nachfolgenden Atomausstieg in Deutschland hatten E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall kleinere Brötchen gebacken. Das Marktumfeld mit fallenden Gewinnen aus dem Stromgeschäft, hohen Gas-Beschaffungspreisen und die Brennelementesteuer haben die Gewinnaussichten und Investitionsbereitschaft gesenkt.

Vor einem Jahr hatten die vier Atomkonzerne die Steuer für Brennelemente mit einem lachenden und einem weinenden Auge gesehen. Sie war der Preis für die Aussicht auf satte Gewinne durch die zunächst durchgesetzte Laufzeitverlängerung. Nachdem die Bundesregierung im Frühjahr 2011 in einer Kehrtwende den Ausstieg verfügte und seitdem acht Altmeiler stillstehen, ist der Unmut bei den Versorgern groß. Denn die Regierung hielt an der Brennelementesteuer fest. Meiler früher abschalten und Milliarden zahlen – das ist aus Sicht der Betreiber eine doppelte Gewinnbelastung. Sie klagen gegen die Brennelementesteuer, E.ON wehrt sich auch juristisch gegen den Atomausstieg. An der Energiewende kommen die großen vier aber nicht vorbei, auch wenn es für sie teuer wird. Die Position der Energiemanager ist klar: Sie waren nicht für den schnellen Atomausstieg und versuchen, gegenüber der Regierung Ansprüche geltend zu machen – aber die Tatsache selbst akzeptieren sie. Was tun die Unternehmen also, um die Wende hin zu einer Zukunft mit regenerativer Energie hinzubekommen? E.ON wird für 2011 wohl einen Verlust ausweisen. Auf dem Weg in die grüne Zukunft bauen die Versorger um und setzen den Rotstift an. E.ON streicht 11 000 Arbeitsplätze. Bei RWE sollen 8000 Stellen wegfallen, zum Teil über den Verkauf von Gesellschaften. Denn nach dem Atomausstieg sind auch die Verkaufslisten länger geworden. RWE und E.ON sind dabei, sich von Konzernteilen im zweistelligen Milliardenbereich zu trennen. Die regenerativen Kapazitäten machten bei den Versorgern bislang zumeist weniger als zehn Prozent am gesamten Mix aus. Der Zubau dient nun auch dazu, dass die Konzerne ihre CO2-Bilanz nach dem Wegfall der Atomkraft in den Griff bekommen. Ab 2013 werden die Zertifikate teuer. Für Vattenfall kommt ein weiteres Braunkohlekraftwerk aus diesem Grund nicht infrage, obwohl Braunkohle ein Gewinnbringer ist. Ohne CO2-Speicherung sieht Vattenfall-Europe-Chef Tuomo Hatakka keine Chance für neue Kohlekraftwerke. Ein Pilotprojekt zur Speicherung an Land hat er wegen politischen Widerstandes abgesagt. Eine Möglichkeit wäre noch die Speicherung unter dem Meer. Hatakka will sich wie die drei Konkurrenten auf grünen Strom konzentrieren. Bei Vattenfall stehen kleine hocheffiziente KWK-Anlagen (Kraft-Wärme-Koppelung) auf dem Investitionszettel und Windkraft auf See. Auch E.ON, RWE und EnBW wollen einen großen Teil ihrer Milliardeninvestitionen in Offshore-Windparks stecken. Die ersten Felder sind genehmigt, doch die Probleme fangen erst an: Die Anbindungen an das Stromnetz verzögern sich und damit ganze Projekte. Die Zahl der genehmigten Windparks hat sich in eineinhalb Jahren verdreifacht, und die Liste für neue Genehmigungen ist lang. Außerdem müssen die Netzgesellschaften Stromautobahnen von Nord- nach Süddeutschland bauen. Ziel der Bundesregierung ist es, den Ökostromanteil bis 2050 auf 80 Prozent zu bringen. Ende vergangenen Jahres waren es 20 Prozent. Der künftige RWE-Chef Peter Terium sieht die Energiewende als Chance. „Ist es ein gutes Geschäft? Noch nicht. Wird es ein gutes Geschäft? Ja“, sagt er.

 
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