„Deutschland sucht den Superstar“ – kurz DSDS – oder „The Voice of Germany“: Das sind keine Erfindungen unserer Zeit. Genau genommen gibt es Talentwettbewerbe so lange, wie es Medien gibt. Und ein früher Wettbewerbssieger aus Schweinfurt, der heute in Oberwerrn lebt, feiert an diesem Donnerstag seinen 70 Geburtstag: Joachim Rausch.
Sohn Bernd kannte die kurz aufflammende Musikerkarriere seines Vaters zu Beginn der Sechziger nur aus Erzählungen. Und natürlich wusste er von den drei uralten Schallplatten mit ihren vergilbten Aufklebern: „eugraphon“ stand dort in altertümlicher Schrift zu lesen, „gravierter Wohlklang“. Außerdem der jeweilige Liedname und der Künstler. „Es singt: Joachim Rausch“.
Einmal war der Fußball-Nachwuchstrainer der TG 48 Schweinfurt in Euerbach unterwegs, und als die ältere Dorfbevölkerung seinen Namen hörte, wollten viele sogleich wissen, ob er denn mit dem bekannten Sänger verwandt sei. „Die Leute erinnern sich heute noch an ihn“, sagt er stolz – und der Vater nickt.
1959 hatte die Plattenfirma Ariola in Gütersloh einen Nachwuchswettbewerb ausgelobt. Motto: „Mädchen ans Mikrofon – dem Nachwuchs eine Chance“. 10 000 Teenager im Alter zwischen 15 und 20 Jahren nahmen seinerzeit daran teil, bei den Mädchen siegte Gaby King, die später einige bekannte Schlager aufnahm, in sieben Filmproduktionen mitwirkte und bis vor wenigen Jahren als Radio- und Fernsehmoderatorin arbeitete.
„Unter den Burschen trug Joachim Rausch den Sieg davon“, heißt es in einer alten Ausgabe der Heimatzeitung. Der glockenhelle Sopranist aus Schweinfurt verwies damals auch Pepsi Moran auf die Plätze, der wenig später einige Bekanntheit erlangte, als er gemeinsam mit Hank Hermans die Songs „Happy Birthday Josefin“ und „Little Trumpet Boy“ produzierte.
Karriere dauerte nur kurz
In der Region schlug der Triumph von Joachim Rausch natürlich Wellen; wo er hinkam, wurde er als großer Star gefeiert, und selbst vier Jahre später eilte ihm noch ein „großer Ruf“ voraus. Als er seinen Wehrdienst in Ebern verrichtete, wurde der „vielversprechende junge Mann“ dort mit offenen Armen empfangen und erfuhr große Unterstützung bei der Gründung eines Ariola-Nachwuchsclubs für junge Gesangstalente (einem solchen saß er in Schweinfurt bereits vor). Doch zu diesem Zeitpunkt war seine Musikerkarriere eigentlich bereits wieder beendet.
Für seinen Triumph beim Casting erhielt Joachim Rausch einen Schallplattenvertrag. 1960 spielte er in den Ariola Tonstudios Hamburg eine erste Single ein, selbst getextet und mit Musik seines damaligen Oberlehrers und Mentors Josef Weinig. „Maruschka“ sowie „Liebe ist das höchste Glück“, lauteten die Titel auf den beiden Plattenseiten, 1962 folgten eine weitere Single sowie eine Maxi-Schallplatte mit gänzlich eigenen Kompositionen. Rund 20 Stück der Vinyl-Presslinge bekam Rausch damals mit nach Hause, wie viele seiner Platten Ariola am Ende verkaufte, weiß er nicht: „Ich habe mehrmals angefragt, auch ein Anwalt war einmal eingeschaltet. Aber eine Antwort gab es nie, und Geld gab es auch keines...“
Bürgerliches Leben geführt
Für Joachim Rausch ging das Leben nach der kurzen Zeit als zumindest regional bekannter Star seinen gewohnten Gang. Er heiratete seine Frau Gerlinde, mit der er bald goldene Hochzeit feiern darf, arbeitete als Maurer (und gelernter Bauzeichner) 45 Jahre lang bei der Firma Tasch, baute ein Haus in Oberwerrn, führt bis heute ein ganz normales, bürgerliches Leben. Abgesehen von seiner Sangesfreude in der heimischen Badewanne oder unter der Dusche verbindet ihn nicht mehr viel mit der Musik. Und zum Abhören der alten Platten musste dieser Tage sogar eigens der alte Schallplattenspieler vom Dachboden heruntergekramt werden.
Joachim Rausch wurde in Breslau geboren, kam als Kind nach Schweinfurt und wuchs im alten Bahnwärterhäuschen bei Oberndorf auf. Er lernte in der Schule das Geigenspielen, war aber nie in einem Orchester aktiv und trotz seiner bemerkenswerten Stimme auch niemals in einem Chor. Seinen 70. Geburtstag begeht er heute im Kreis der Familie.