Es war nicht Liebe auf den ersten Blick, die Gerold Snater mit der Stadt Königsberg verbindet. Als er sich 1966 mit seinem VW-Käfer von Altershausen kommend das erste Mal dem Fachwerkstädtchen näherte, hatte er sich gedacht: „Was für ein verschlafenes Nest.“ Er war nach seinem Studium in Bamberg als junger Lehrer an die damalige evangelische Bekenntnisschule geschickt worden und war das Stadtleben in Bamberg gewöhnt. „Hier sollst du ein Jahr bleiben“, hatte er sich gefragt. Doch aus dem einen Jahr sind mittlerweile 44 Jahre geworden, Snater hat eine Königsbergerin geheiratet und als Stadtrat die Geschicke der Stadt mitgeprägt.
22 Jahre alt war Snater, als er als evangelischer Volksschullehrer nach Königsberg kam. Er übernahm im Herbst 1966 eine 5. Klasse. Der Rektor der damaligen evangelischen Bekenntnisschule war Karl Eisentraut. Den Anbau der Regiomontanusschule hatte es damals noch nicht gegeben. Der Unterricht fand größtenteils im heutigen VBW-Gebäude statt, aufgrund der immer größer werdenden Schülerzahl musste später auch ins Rathaus ausgewichen werden.
Neben der evangelischen hatte es im VBW-Gebäude auch eine katholische Bekenntnisschule in Königsberg gegeben. Allerdings war diese kleiner. Die Schüler der Jahrgänge 1. bis 4. und 5. bis 8. wurden dort gemeinsam unterrichtet. In der evangelischen Schule hatte es sechs Klassen gegeben. Erst mit dem Schuljahr 1968/69 wurden die Bekenntnisschulen aufgelöst und zu einer christlichen Gemeinschaftsschule zusammengeführt, was Snater sehr begrüßte, denn auch er hatte als junger Mensch in Bamberg noch Zeiten erlebt, wo er als Protestant sich vor Prügel aufgrund seiner Konfession in Acht nehmen musste. „Zudem hatte ich rote Haare“, fügt er schmunzelnd hinzu. Die Auflösung der Bekenntnisschulen hatte diesen Konflikt erheblich entschärft.
In Königsberg hatte sich Snater schnell eingelebt. „Vor allem weil mich meine Kollegen gut aufgenommen haben“, erinnert er sich. Dazu gehörten beispielsweise die Lehrerin Ingrid Sieber, die spätere Rektorin der Schule oder auch Isolde Vonhausen. Oskar Stubenrauch war als Spätberufener erst in den 70er Jahren als Kollege hinzu gekommen.
Zu dem kürzlich verstorbenen Oskar Stubenrauch hatte Snater eine besondere Verbindung, denn er hatte in den 60er bei ihm eine Zeitlang gewohnt. „Da hatte ich den jetzigen Bürgermeister auf meinem Schoss“, lacht er – weil dies heutzutage nicht leicht vorstellbar ist. Snater baute sich schließlich nach der Hochzeit mit seiner Frau Inge in der Altstadt eine Fachwerkscheune zu einem Wohnhaus um. Dies war aber schon Anfang der 70er Jahre. Seine Frau Inge, die Tochter des Sternwirts, hatte er bei einem Stenokurs kennengelernt, den er als Lehrer gegeben hatte.
An Wirtschaften und Kneippen in der damaligen Zeit hat Snater vor allem den mittlerweile geschlossenen Schwarzen Bären in der Regiomontanusstraße in Erinnerung. „Ich bin öfters nach der Schule zum Mittagessen dorthin gegangen.“ Die hätten auch einen Saal gehabt, wo es Tanzveranstaltungen gab, aber er sei „nie ein großer Tänzer gewesen“. Die Jugend, so weiß er, hätte sich damals im Sportheim getroffen. Das stand damals schon am Bleichdamm, denn dieser war früher der ehemalige Fußballplatz gewesen. Auch der Sportunterricht der Schule hätte dort stattgefunden.
Snater sah sich in den 60er Jahren nicht als politischer Mensch, insofern hat er die 60er nicht als wild erlebt. Der Sport sei für ihn wichtig gewesen. Viele Ballsportarten habe er ausgeübt. Besonders aktiv sei er im Handball gewesen und gründete später in Königsberg die Handballabteilung. Im Fußball galt seine Liebe dem FC Nürnberg – da musste man schon damals leidgeprüft sein. Nach der glorreichen Meisterschaft 1968 folgte ein Jahr später der Abstieg als amtierender Meister in die zweite Liga.
Gerold Snater, wie man ihn heute kennt mit langem Bart, gab es in den 60er Jahren noch nicht. „Es ist ein Faulheitsbart“, sagt er. Mit dem Bau seines Hauses hatte er keine Lust mehr gehabt, sich täglich zu rasieren. „Und da meine Frau gesagt hat, er stehe mir gut, trage ich ihn bis heute.“ In späteren Jahren, als der Bart langsam grau wurde, ließ ihn dieser zum Nikolaus bei mancher Weihnachtsfeier werden.
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