Bis aber die Bagger anrollen können, sind umfangreiche Genehmigungsverfahren zu durchlaufen. Sie nehmen jetzt an Fahrt auf. In der nächsten Woche gibt es den ersten Termin vor Ort.
Wie der Bau eines Kernkraftwerks unterliegt auch der Rückbau dem Atomgesetz und setzt eine Genehmigung voraus. Dafür wiederum ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig.
Wie sie durchgeführt werden soll, wollen Vertreter des Umweltministeriums am Donnerstag, 19. März, in Grafenrheinfeld mit Politikern, Organisationen, Behörden und Verbänden besprechen.
Unter anderem sind der Fischereiverband, der Landesbund für Vogelschutz, der Bund Naturschutz, das Bündnis gegen Atomkraft sowie Landratsamt und Regierung von Unterfranken vertreten. Auch die Bürgermeister der Gemeinden aus dem Umkreis von etwa zehn Kilometern um des KKG sind eingeladen.
Ansonsten ist der so genannte Scoping-Termin nicht öffentlich; dies sei im Verfahren so vorgesehen, sagte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage unserer Redaktion.
Im Wesentlichen geht es darum einzugrenzen, welchen Inhalten die Umweltverträglichkeitsprüfung nachgehen soll. Besonderes Augenmerk dürfte man auf die Auswirkungen auf Menschen, Tiere, Pflanzen und Umwelt legen.
E.ON hat laut Antragsunterlagen den Rückbau des Atomkraftwerks in zwei Abschnitte unterteilt. Im ersten wird die Anlage formell stillgelegt und tritt in die Phase des Restbetriebs ein. Denn mit dem Abschalten können die Brennelemente nicht sofort aus dem Reaktordruckbehälter entnommen werden.
Sie müssen über Jahre gekühlt werden, bis sie eine Temperatur erreicht haben, um sie ausbauen zu können. Daher müssen alle nötigen Maschinen weiterlaufen, um die Nachzerfallswärme abzuführen und die Unterkritikalität zu garantieren, darunter versteht man den Ausschluss einer atomaren Kettenreaktion.
Allerdings können aber schon in dieser Phase kontaminierte Teile wie zum Beispiel der Deckel des Reaktordruckbehälters, der nicht mehr gebraucht wird, entfernt werden. Darauf weist der sechsseitige E.ON-Antrag ausdrücklich hin.
Letztlich geht dies auf die Erkenntnisse aus dem Abbau des AKW Würgassen zurück, bei dem man sich sozusagen von außen nach innen vorgearbeitet hat. Dies soll in Grafenrheinfeld nicht so sein, hat im Herbst 2014 E.ON-Kernkraft-Chef Ralf Güldner gegenüber unserer Redaktion geäußert.
Alle verstrahlten Teile müssen zerlegt und dekontaminiert werden, bevor sie den Kontrollbereich verlassen dürfen.
Die zweite Rückbauphase beginnt, wenn die Brennelemente ins Zwischenlager gebracht worden sind. Dann werden die Reste der Atomanlage entfernt. Ob die Gebäude stehen bleiben, lässt E.ON derzeit noch offen. Wenn sie nicht anderweitig genutzt werden können, sollen sie abgerissen werden. Wann welche Komponenten abgebaut werden sollen, will das Unternehmen im Verlauf des Antragsverfahrens festlegen.
Nach Informationen unserer Redaktion geht E.ON in seiner Terminkalkulation von einem atomrechtlichen Rückbau von zehn Jahren aus; die Genehmigungsverfahren eingerechnet könnte er am Jahresende 2027 abgeschlossen sein.
Werden auch die Gebäude abgerissen, wäre Mitte 2030 von der Anlage nichts mehr zu sehen – mit Ausnahme des Zwischenlagers, das unberührt bleibt und eine Betriebsgenehmigung bis 2046 hat.
Schon jetzt ist klar, dass beim Abbau zusätzlicher leicht- und mittelradioaktiver Müll anfällt. Der für die Lagerung vorgesehene Schacht Konrad steht allerdings noch nicht zur Verfügung. Deswegen soll dieser Abfall – wie die verbrauchten Brennelemente – zunächst auf dem Kraftwerksgelände gelagert werden.
Dazu will E.ON Nutzungsänderungen für noch zu definierende Räume beantragen. Aber auch den Transport in externe Zwischenlager schließt der Antrag nicht aus; in Betracht käme etwa die Lagerhalle für schwach- und mittelradioaktiven Müll in Mitterteich, wo bereits früher ausgemusterte Teile aus Grafenrheinfeld lagern. Der Abfall soll so lange in den Depots bleiben, bis bundesweite Endlager bereitstehen.
Diese „Randbedingung“, wie es im Antrag heißt, ist eines der beiden Hintertüre, die E.ON beim Antrag auf Stilllegung des KKG offen lässt. Solange die Endlager nicht zur Verfügung stehen, behält es sich der Betreiber vor, dass er seine „unternehmerische Entscheidung (zum direkten Abbau) gegebenenfalls anpassen“ wird.
Zweiter Vorbehalt: die laufende Verfassungsbeschwerde gegen den Atomausstieg. Deswegen gilt der Abbauantrag für das KKG juristisch gesehen nur als vorläufig.