Das Internet sei etwas Tolles, Neues – für junge Leute. So hieß es in einem Zeitungsbericht vor 15 Jahren. Nur für junge Leute? „Kann gar nicht sein!“, dachte sich Herta Hohmeister und schrieb einen Leserbrief. So kam die heute über 70-Jährige in Kontakt mit einer Initiative, die älteren Menschen das weltweite Netz zugänglich machen wollte. „Internetcafé von Senioren für Senioren“ nennt sich das Projekt, das seit inzwischen 15 Jahren die IT-Szene in Würzburg bereichert.
Vater der Idee ist Herbert Schmidt. Als Ingenieur war der heute 77-Jährige mit Technik bestens vertraut. Ende der 1990er Jahre belegte er einen Kurs mit dem Namen „Lebenslang Lernen“, den ein Telekommunikationsunternehmen für ältere Semester mit Neugier aufs Internet angeboten hatte. Das weltumfassende Kommunikationsnetz, beschloss Schmidt, sollte das Thema sein, mit dem er sich in seinem Ruhestand beschäftigen wollte. So begann er, Mitstreiter für die Idee eines Internetcafés von und für Senioren zu suchen.
Bei der Stadt stieß Schmidt auf offene Ohren. Mit kommunaler Hilfe konnte die neue Einrichtung denn auch schon Anfang April 2000 im Würzburger Ehehaltenhaus eröffnet werden.
Am Anfang standen zwei Computer zur Verfügung
Zwei Computer gab es. Und ein Modem, mit dem man aus heutiger Sicht im Schneckentempo surfen konnte. Dennoch zog das Internetcafé eine Menge Menschen an: „Wir waren von Anfang an voll.“ Bis Ende 2000 bespielte man den Keller des Ehehaltenhauses, dann zog die Crew ins St.-Thekla-Heim um, wo das Internetcafé bis heute etabliert ist.
Neben Herta Hohmeister, die bei der Bundesbank in Frankfurt beschäftigt war und auf diese Weise früh mit dem weltweiten Netz in Kontakt kam, gehört Hiltrud Jung zu den Urgesteinen des Projekts. Die 71-Jährige war im Institut für Hochschulkunde der Universität Würzburg tätig. Auch sie hatte früh schon mit den modernen Superhirnen zu tun: „Der erste Computer auf dem ich schrieb, war noch so groß wie ein Klavier.“
An allen Computerkursen des Rechenzentrums nahm Jung mit Interesse teil. Auch beobachtete sie alles genau, wenn einer der IT-Spezialisten ins Büro kam, um an einem Rechner etwas Neues zu installieren. „Wäre ich später geboren worden, hätte ich bestimmt Informatik studiert“, meint die ehemalige Sekretärin.
Heute unterstützt Hiltrud Jung jene Besucher des Internetcafés, die ein Laptop geschenkt oder vom Sohn vererbt bekommen und nicht genau wissen, was sie damit anfangen sollen. Oft muss der tragbare Computer erst einmal entrümpelt werden. Jung: „Überflüssige Programme führen dazu, dass die Rechner sehr langsam sind.“
Ältester Internetcafe-Besucher ist 94 Jahre alt
Im Internet nach Informationen recherchieren, online einkaufen, Bankgeschäfte von daheim aus tätigen oder zeitunabhängig eine Reise buchen, das alles möchten die Besucher des Internetcafés lernen. Rund 25 000 Seniorinnen und Senioren kamen laut Herbert Schmidt bisher in die von ihm gegründete Einrichtung: „Der Älteste war 94 Jahre. Er kam mit einem brandneuen iPhone.“
Eher selten kommt es vor, dass ein Senior den Umgang mit eBay erlernen möchte. Doch auch für solche Fragen gibt es im Internetcafé einen Experten: Peter Wisshofer. Der ehemalige Geschäftsführer probierte die Versteigerungsplattform schon vor 15 Jahren aus. „Um zu lernen, ersteigerte ich, damals noch per Vorkasse, Billiges wie Bücher“, erzählt der 68 Jahre alte ehrenamtliche Helfer.
Versteigerungsplattformen seien nicht ganz ungefährlich, warnt er Ungeübte. Überhaupt seien die Risiken des Netzes parallel zu den Kompetenzen der Gäste in den vergangenen 15 Jahren gewachsen. Die Flut an Mails zum Beispiel überfordert viele ältere Menschen, bestätigt Jung. Selbst ein guter Spamfilter fischt nicht alle Schad-Mails heraus - flugs hat man sich ein Virus oder einen Trojaner eingefangen. Auch damit kommen die Menschen dann ins Internetcafé.
Während Senioren von eBay eher der Finger lassen, finden sie die Möglichkeit, sich elektronische Bücher oder Hörbücher ausleihen zu können, klasse, ergänzt Theo Brotzeller, ebenfalls ein Urgestein des Internetcafés. Doch wie funktioniert das mit der Online-Leihe genau? Auch dies ist eine typische Frage, mit der die Besucher zum Team um Herbert Schmidt kommen.
Senioren-Internetcafe in Kürze
Das Internetcafé von Senioren für Senioren im St. Thekla-Heim, Ludwigkai 12 in Würzburg, ist dienstags von 9 bis 12 Uhr sowie mittwochs und donnerstags von 14 bis 17 Uhr geöffnet. An jedem Öffnungstag sind ehrenamtliche Helfer vor Ort. Eine Stunde im Internet Surfen kostet 2,50 Euro. Wer ehrenamtlich mithelfen möchte, kann sich unter schmidt@stufr.de an Herbert Schmidt wenden.