Den Staatsanwalt kostet es sichtlich Überwindung, die Anklageschrift vorzutragen, in der einem 20-jährigen Azubi aus dem Landkreis Kitzingen fünf Fälle der Bedrohung und Gewaltverherrlichung vorgeworfen werden. Es geht um Nachrichten über das soziale Internetnetzwerk Facebook. Von dort aus hat der junge Mann unter Pseudonym einem noch minderjährigen Klassenkameraden Mitteilungen geschickt und ihn massiv mit dem Tode bedroht.
Neben ekelhaften sexuellen Anspielungen heißt es in den insgesamt 19 Nachrichten an einer Stelle „Ich werde zu Dir kommen und Dich töten“, an einer anderen droht der Absender „Ich werde Dich öffentlich hinrichten“. An die Nachrichten sind Fotos der widerwärtigsten Art angehängt, die verstümmelte Menschen zeigen. Irgendwann wurde es dem Empfänger zu bunt, zumal er bereits ahnte, wer hinter dem Alias-Namen steckte. Der Schüler ging zur Polizei, die bald den 20-Jährigen als Absender ermittelte. Vor dem Kitzinger Jugendrichter gibt sich der Azubi geläutert. „Ich wollte ihn nur erschrecken“, sagt er, und dass er die Taten bereue.
Hintergrund der üblen Attacken war offenbar, dass die beiden Schüler nicht miteinander konnten. Der Jugendliche habe sich über ihn vor der Klasse lustig gemacht. „Er hat mich verarscht“, sagt der Angeklagte. Da sei er auf die Idee mit den Facebook-Nachrichten gekommen. Das Alias-Konto bei dem Netzwerk habe er schon länger besessen und von dort aus immer mal „irgendeinen Blödsinn gepostet“. Im April dieses Jahres folgten dann die Morddrohungen an den Mitschüler, inzwischen sei das Konto aber gelöscht.
Dass sich Jugendliche lieber über Facebook austauschen, als vielleicht mal direkt ein Wort miteinander zu wechseln, ist nicht neu; bei dem Angeklagten ist es aber geradezu folgerichtig. Der 20-Jährige leidet unter Internet-Sucht, ist deshalb auch in einer Wohngruppe der Jugendhilfe untergebracht. Doch auch die Aufsicht der Betreuer kann freilich nicht verhindern, dass sich der junge Mann Zugang zum Netz verschafft – so auch im Tatzeitraum im April.
Und so ganz ist man sich auch jetzt nicht im Klaren, ob der junge Mann inzwischen tatsächlich begriffen hat, was sein Problem ist. „In der Woche ist er fast gar nicht im Internet unterwegs, dafür an den Wochenenden fast rund um die Uhr“, berichtet sein Betreuer.
Dennoch hofft man bei Gericht, dass der Angeklagte zumindest keine Straftaten mehr begeht. Deshalb bietet der Richter dem nicht vorbestraften Heranwachsenden an, das Verfahren gegen eine Geldbuße von 400 Euro und 60 Stunden soziale Hilfsdienste einzustellen – eine verhältnismäßig harte Sanktion bei einem Ersttäter. „Sie müssen massiv spüren, dass Sie massiv etwas falsch gemacht haben“, sagt der Jugendrichter. Der Angeklagte stimmt den Auflagen zu, der Staatsanwalt ebenfalls.