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FSME
Zecken-Experten warnen: Ganz Deutschland ist FSME-Risikogebiet
Bayern und Baden-Württemberg sind traditionelle FSME-Risikogebiete. Jetzt warnen Experten: In ganz Deutschland besteht mittlerweile nach einem Zeckenbiss FSME-Gefahr.
KINA - Zecken das Leben schwer machen       -  Ein Schild warnt in einem FSME-Risikogebiet vor Zeckenbissen.
Foto: Patrick Pleul, dpa (Symbolbild) | Ein Schild warnt in einem FSME-Risikogebiet vor Zeckenbissen.
Lukas Rameil
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:00 Uhr

Bisher galt die Auffassung, dass die Gefahr, durch einen Zeckenbiss an einer sogenannten Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME, zu erkranken, weitestgehend auf den Süden Deutschlands beschränkt ist.

Vorsicht beim Wandern oder Spazierengehen auf Wiesen oder im Wald war demnach vor allem in den offiziellen Risikogebieten geboten, etwa in weiten Teilen Baden-Württemberg und Bayern, dem Süden Hessens sowie in Teilen Sachsens oder Thüringens. Damit könnte nun Schluss sein. Denn Experten schlagen Alarm: Mittlerweile könne ganz Deutschland zu einem FSME-Risikogebiet gezählt werden. Doch was steckt dahinter?

Nach einem Zeckenbiss: Was ist FSME?

Unter einer Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) versteht man eine Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute. Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) wird der Virus hauptsächlich durch einen Zeckenbiss auf den Menschen übertragen. Menschen können eine FSME-Infektion nicht an andere Menschen weitergeben.

Aus diesem Grund werden die meisten FSME-Erkrankungen in der Zeckensaison im Frühjahr und im Sommer registriert.

Manche Erkrankte haben grippeähnliche Beschwerden wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen. Im schlimmsten Fall kann es zu einer Hirnhaut- oder Rückenmarksentzündung kommen. Während jüngere Patienten in der Regel nur wenig Symptome aufweisen, kann die Krankheit etwa bei Senioren schwere Verläufe nehmen, so die BZgA.

Zeckenbiss: Neue FSME-Risikogebiete - nicht nur im Süden

Laut Angaben des Robert-Koch-Institut (RKI) zählten im Jahr 2023 178 Landkreise zu sogenannten FSME-Risikogebieten. Die meisten der Landkreise liegen in Bayern, dicht gefolgt von Baden-Württemberg. Deutlich weniger, rund ein Dutzend Risikogebiete gibt es in Südhessen, im südöstlichen Thüringen und in Sachsen. Seit dem Vorjahr sind zudem drei FSME-Risikogebiete aus Brandenburg hinzugekommen.

Ein Trend zur nördlich-westlichen Ausdehnung von FSME-Risikogebieten lässt sich an weiteren Landkreisen (LK) festmachen, in denen laut RKI eine erhöhte FSME-Gefahr besteht. Etwa in …

  • Niedersachsen im LK Emsland
  • Nordrhein-Westfalen im Landkreis Solingen
  • Rheinland-Pfalz im LK Birkenfeld
  • Saarland im LK Saarpfalz-Kreis

Zum Hintergrund: Laut dem baden-württembergischen Landesgesundheitsamt liegt in einem FSME-Risikogebiet die Wahrscheinlichkeit einer Infektion mit dem gefährlichen Virus nach einem Zeckenstich bei 1 zu 50 bis 1 zu 100. Experten vermuten allerdings, dass die wahren FSME-Infektionszahlen aufgrund der hohen Dunkelziffer deutlich höher liegen. Obwohl FSME-Infektionen bei Menschen in Deutschland meldepflichtig sind, werden sie von vielen Betroffenen gar nicht erst entdeckt, da sie häufig symptomfrei verlaufen.

Rückgang an FSME-Infektionen 2023: Trotzdem schlagen Experten Alarm

Die gute Nachricht zuerst: Im vergangenen Jahr ist die Zahl der FSME-Fälle in Deutschland nach den Angaben des RKI zurückgegangen, und zwar von insgesamt 627 Fällen im Jahr 2022 auf nur noch 527 Fälle im Jahr 2023.

Auch in den Hochrisiko-Gebieten konnten Rückgänge an FSME-Infektionen verzeichnet werden. In Baden-Württemberg etwa gingen die FSME-Fälle von 209 auf 143 zurück, in Bayern waren es nach 291 Fällen im Jahr 2023 noch 265. Die schlechte Nachricht ist jedoch: Experten schlagen dennoch Alarm und rufen ganz Deutschland zu einem FSME-Risikogebiet aus. Doch weshalb?

FSME-Risikogebiete: Zecken mittlerweile ganzjährig unterwegs

"Diese Zahlen täuschen", sagt etwa Dr. Rainer Oehme, Laborleiter des Landesgesundheitsamts im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg. "Infektionszahlen unterliegen immer jährlichen Schwankungen. Doch der längerfristige Trend zeigt deutlich nach oben."

Laut Ute Mackenstedt, Parasitologin an der Universität Hohenheim, sei das Hauptproblem, dass die Zecken sich aufgrund der meist milderen Winter inzwischen ganzjährig aktiv sind, wie sie auf einer von der Universität Hohenheim ausgerichteten Pressekonferenz erklärte. Als Indikator stehen für sie vor allem die jüngsten Zahlen: "Auch in diesem Jahr gibt es bereits erste Fälle in Baden-Württemberg und Bayern. Bei einem Vorlauf von vier Wochen bis zur Diagnose muss die Infektion mitten im Winter stattgefunden haben. Zecken haben also keine Winterpause mehr, das FSME-Geschehen verlagert sich nach vorne."

Die Forscherin spricht sich daher dafür aus, ganz Deutschland zu einem "Endemie-Gebiet für FSME" zu erklären. "Wir können uns nirgendwo mehr richtig sicher sein."

Übrigens: Um die Risiken für eine FSME-Infektion von Anfang an gering zu halten, ist es enorm wichtig, sich vor Zeckenbissen zu schützen. Hier lesen Sie 5 Tipps zur Zecken-Vorbeuge. Falls doch ein Zeckenbiss entdeckt wird, sollten die Tiere richtig entfernt werden

 
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