Es gibt nichts über eine Pfanne frisch gesammelter Pfifferlinge nach einem langen Marsch durch den Wald. Gut nur, wenn im Korb auch die echten Pfifferlinge liegen und keine giftigen Lamellenpilze. Nur unter Zuhilfenahme erfahrener Sammler sollten Wildpilze zum Verzehr mit nach Hause genommen werden. Denn kommt es zu einer Vergiftung durch giftige Arten, besteht Lebensgefahr.
Doch was sind überhaupt Pilze? Wie erkennt man essbare Pilze und wie kann man sie von giftigen Pilzen unterscheiden? Welche tückischen Doppelgänger gibt es, welche giftigen Pilze sollte man lieber links liegen lassen und warum reichen Apps und auch dieser Artikel allein zur Erkennung nicht aus?
Was sind Pilze?
Pilze gehören weder zu den Lebensformen der Tiere noch der Pflanzen, sie werden laut dem Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) zusammen mit den Bakterien stattdessen zur Art der zersetzenden Organismen, oder auch Destruenten gezählt. Etwas vereinfacht ausgedrückt: Pilze sind unbeweglich wie Pflanzen, besitzen aber keine Photosynthese-Pigmente, sondern beziehen ihre Nahrung durch eine Zellwand von toten oder lebenden Organismen. Für den Stoffkreislauf unserer Wälder und Ökosysteme spielen solche Organismen eine wichtige Rolle.
Durch Zersetzungsprozesse führen Pilze unter anderem Stickstoffverbindungen und andere Stoffe in den Boden zurück, die dadurch Pflanzen und Tieren erneut zur Verfügung stehen, wie NABU schreibt. Diese "Recycling"-Aufgabe mache Pilze aus ökologischer Sicht zu den Ernährern des Waldes, so der Naturschutzbund weiter.
Nur wenn zersetzende Lebensformen eine große Anzahl an Sporen bilden und sich im Weiteren laut pflanzenforschung.de zu einem Pilzgeflecht (Myzel) mit einem sogenannten Fruchtkörper entwickeln, sind sie überhaupt für den Menschen sichtbar und zu gewissen Teilen als kulinarische Köstlichkeiten wie Trüffel, Steinpilze oder Morcheln zu genießen.
Wie viele Pilze gibt es in Deutschland?
Nach den Angaben von NABU sind bis dato weltweit etwa 100.000 Pilzarten erfasst worden. Man gehe aber laut Naturschutzbund von viel mehr existierenden Pilzennarten aus. Eine gemeinsame Studie der Botanischen Gärten Berlins und Londons geht gar von 2,2 bis 3,8 Millionen Pilzarten auf der Erde aus. Demnach bilden Pilze das zweitgrößte Organismenreich nach den Tieren, das die Vielfalt der Pflanzen um etwa das 6-10-fache übertreffe.
Auch in Deutschland ist das Pilzvorkommen nach den Angaben im "Artenschutzreport 2015" des Bundesamt für Naturschutz gewaltig. Das Ministerium geht davon aus, dass von 71.500 Lebewesen in Deutschland 20 Prozent auf alle möglichen Pilzarten fallen. Doch nur ein Teil davon ist eben aufgrund reicher Sporenbildung für den Menschen zu sehen, und nur ein Teil dessen wiederum essbar.
Wie erkennt man essbare Pilze?
Einheitliche Merkmale von essbaren Pilzen gibt es nicht, weshalb Sammlern nichts anderes übrig bleibt, als je nach Fund im Einzelnen zu entscheiden. Am besten geschieht dies laut Deutsche Gesellschaft für Mykologie e.V. (DGfM) unter Zuhilfenahme eines einschlägigen Fachbuchs. Eine Auswahl von Pilzen, die zu den am häufigsten vorkommenden essbaren Arten gehören, lesen Sie hier:
- Steinpilz: Zu den beliebtesten Pilzarten gehört der nussig-aromatische und sehr für den Verzehr geeignete Steinpilz. Pilzsucher finden ihn laut NABU von Juli bis November in Nadel- oder Mischwäldern, oft auf sandigen Böden. Er ist kräftig und dickfleischig und verfügt über einen festen Stiel, woher im Übrigen sein Name stammt.
- Marone: Der Maronen-Röhrling, der von Juni bis November in Nadelwäldern zu finden ist, wächst zumeist unter Fichten und Kiefern. Und: Ein Maronen-Röhrling kommt selten allein. Vornehmlich wächst diese essbare Pilzart in Gruppen. Ältere Maronen sind laut NDR oft "wurmstichig". Im Gegensatz zum Steinpilz weist die Marone zudem keine Netzzeichnung am Stiel auf.
- Pfifferling: Neben dem Steinpilz die wohl bekannteste und geschätzte Wildpilzart, der wegen seines hellen, oft dottergelben Hutes laut NDR auch Eierschwamm genannt wird. Je nach Witterung kommt der Pfifferling von Juni bis in den November hinein in Laub- und Nadelwäldern vor.
- Birkenpilz: Etwa von Juni bis in den November ist der Birkenpilz zu finden, wobei die Hauptwuchszeit des Birkenpilzes laut NABU eher Herbst ist. Er wird bis zu 15 Zentimeter hoch und gedeiht unter Birken. Optisch auffallend ist der gelblich-braune Hut sowie der weiße Stiel mit schwarzen Schuppen, der an den Stamm einer Birke erinnert.
- Morchel: Bereits im Frühjahr können Speise-Morcheln gesammelt werden. Im April und Mai gedeiht der Pilz vornehmlich an feuchten Standorten oder entlang von Wasserläufen. Roh verzehren sollte man Speisemorchel allerdings nicht, daher sollten sie mindestens fünf Minuten erhitzt werden, wie NDR.de schreibt.
Die DGfM hat zudem eine sogenannte Positivliste der Speisepilze veröffentlicht, in der alle essbaren Wildpilze namentlich zur Orientierung aufgeführt sind. Die Liste mit weit mehr als 50 Exemplaren stellt allerdings nur eine Übersicht dar, die nicht zur praktischen Erkennungshilfe gedacht ist.
Wie viele Pilze darf ich sammeln?
Nach Paragraf 2 des Bundesartenschutzgesetzes heißt es, dass geschützte Arten wie Steinpilze, Rotkappen, Birkenpilze oder Pfifferlinge nur in geringen Mengen zum eigenen Bedarf gesammelt werden dürfen. In Baden-Württemberg etwa kann laut bussgeldkatalog.org unbefugtes Pilzsammeln über die Eigenbedarfsgrenze hinaus zwischen 2500 Euro bis zu 10.000 Euro Strafe zu Buche schlagen. Ähnlich hohe Strafen blühen in anderen Bundesländern, in Brandenburg kann übermäßiges Pilzesammeln sogar bis zu 20.000 Euro kosten.
Die Bayerische Verfassung garantiert hingegen jedem Bürger das Recht, Waldfrüchte und Pilze in ortsüblichem Umfang zu sammeln, was üblicherweise ein bis zwei Kilo pro Person und Tag bedeutet. Wer stattdessen gewerbsmäßig Pilze sammelt und verkauft, braucht eine Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde, wie der Bayerische Rundfunk (BR) schreibt.
Welche Pilze sind giftig?
In unseren Wäldern wachsen neben einigen essbaren Speisepilzen auch viele giftige Pilzarten, die nicht verzehrt werden sollten. Wie NABU Baden-Württemberg schreibt, sind in Mitteleuropa knapp 150 Arten giftig und von diesen wiederum etwa zehn tödlich. Eine Auswahl der laut SWR bekanntesten und mitunter giftigsten Pilze in den heimischen Wäldern lesen Sie hier:
- Grüne Knollenblätterpilz: Der grüne Knollenblätterpilz der wohl bekannteste Giftpilz in unseren Gefilden. Das Tückische: Er schmeckt gut, und seine fatale Wirkung entfaltet der Giftpilz erst nach einigen Stunden, wie SWR.de schreibt. Erst dann können Symptome wie Übelkeit, Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall einsetzen. Danach geht es den Betroffenen zunächst besser, bevor ein zweites Gift irreparable Leberschäden verursacht. Daher gilt: Nach dem Verzehr sofort den Notruf wählen. Wie pharmazeutische-zeitung.de auf Berufung der Medizinische Hochschule Hannover (MHH) berichtet, gehen 90 Prozent aller Pilzvergiftungen auf das Konto von Knollenblätterpilzen.
- Kegelhütiger Knollenblätterpilz: Wegen des weiß gefärbten Hutes wird der kegelhütige Knollenblätterpilz auch mal mit einem Champignon verwechselt. Auch der Geschmack ist laut SWR angenehm mild. Doch Vorsicht, Finger weg! Er ist er genauso giftig wie die Pilz-Verwandtschaft, namentlich der grüne Knollenblätterpilz.
- Orangefuchsiger Raukopf: Durch seinen aufgestellten Hut kann der Orangefuchsige Raukopf mit Pfifferlingen verwechselt werden, allerdings ist er etwas dunkler gefärbt und hat normale, nicht am Stiel herablaufende Lamellen. Auch er hat einen milden Geschmack, der täuscht: Denn der Raukopf enthält laut SWR.de lebensgefährliche nieren- und leberschädigende Gifte.
- Karbol-Egerling: Er wird auch Gift-Champignon genannt, weil er mit den Champignons verwandt ist und ebenso auf Wiesen wächst. Der Karbol-Champignon enthält allerdings krebserregendes Phenol, weswegen er beim Kochen deutlich nach Desinfektionsmittel riecht und Brechreiz verursacht, wie SWR berichtet.
- Frühjahrs-Lorchel: Junge Exemplare werden mit essbaren Morcheln verwechselt. Doch die Früh- oder Frühjahrs-Lorchel enthält ein Gyromitrin-Gift, das den Angaben von BUND Bayern zufolge in der Vergangenheit nach dem Verzehr des Pilzes zu dauerhaften Organschäden und selbst zum Tod geführt hat.
- Fliegenpilz: Der vom Namen her womöglich bekannteste giftige Pilz ist der Fliegenpilz. Er verursacht zwar selten Todesfälle, kann aber in hohen Mengen durchaus schwere Vergiftungen hervorrufen, die mitunter zu Rauschzuständen wie Halluzinationen oder auch Muskelzuckungen führen können, wie BUND Hessen berichtet. Die Namensursache liegt auf der Hand.
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Kahler Krempling: Jahrhunderte wurde dieser Pilz als hervorragender Speisepilz geschätzt, bis merkwürdige Vergiftungen nach dessen Verzehr auffielen, so SWR.de. Einige Kremplinge sollen demnach ein Antigen enthalten, das bei mehrmaligem Verzehr die roten Blutkörperchen im Körper angreift und so zum Tod führen kann.
Am häufigsten treten übrigens laut DGfM Pilzvergiftungen durch zu alte Pilze oder zu lange beziehungsweise falsch gelagerte Pilze auf. Auch der Verzehr von rohen oder ungenügend gedünsteten Speisepilzen kann zu Vergiftungserscheinungen führen, umso mehr, falls eine individuelle Unverträglichkeit im Zusammenhang mit einem Speisepilz auftritt. Für eine Übersicht stellt die DGfM eine Liste zu allen Giftpilzarten im Netz bereit.
Grundsätzlich gilt: Sobald sich nur ein Hauch Unsicherheit einschleicht, um welchen Pilz es sich handelt, sollten Sie ihn links liegen lassen, denn die Gefahr ist nicht gering, dass ein giftiger Doppelgänger vor Ihnen steht.
Doppelgänger von giftigen Pilzen: Warum Experten vor Pilzerkennungs-Apps warnen
Die DGfM rät unerfahrenen Pilzesuchern dringend davon ab, sich bei der Identifizierung von Pilzen allein auf eine App zur Pilzerkennung zu verlassen. Denn anders als Experten beziehen die Apps zu wenig Merkmale ein. Der Grund ist das noch unzureichende Datenmaterial der Anwendungen und die ständige Gefahr der Verwechslung. Denn: Manche hochgiftige Pilze sind essbaren Pilzen wie auf den Fruchtkörper geschnitten.
Am gefährlichsten ist die Verwechslung des grünen Knollenblätterpilzes mit der essbaren Pilzart der Wiesenchampignons. Die jungen Knollenblätterpilze sind den Angaben der DGfM zufolge zudem leicht mit jungen Bovisten zu verwechseln, da sie noch nicht die charakteristische grüne Hutfarbe zeigen. Aber auch die Verwechslung von giftigen Lamellenpilzen oder orangefuchsigen Raukopf-Pilzen mit den besonders schmackhaften Pfifferlingen ist nicht selten, wie NABU Niedersachsen berichtet.
Eine Übersicht über sich ähnelnde Pilze stellt außerdem die Giftzentrale Bonn (GIZ) im Netz bereit.
Giftige Pilze: Was Sie nach dem Verzehr tun sollten
Treten nach dem Verzehr von Pilzen einzelne oder gleichzeitige Symptome wie Schweißausbrüche, Durchfall oder Benommenheit auf, besteht Verdacht auf eine Vergiftung. Die DGfM empfiehlt nun unverzüglich einen Arzt oder eine Klinik aufzusuchen oder in größeren Städten sich an eine Giftnotrufzentrale zu wenden.
Liegt die Mahlzeit weniger als fünf Stunden zurück, sollte der Magen durch selbst herbeigeführtes Erbrechen entleert werden. Die DGfM rät zudem, das Erbrochene und noch vorhandene Speisereste zur Identifizierung der Gifte dem Arzt zu übergeben.
Macht sich die Vergiftung erst nach acht oder mehr Stunden bemerkbar, besteht der Verdacht auf eine Vergiftung mit einem gefährlichen Knollenblätterpilz. Hierbei gilt es, die Ruhe zu bewahren und sofort den Notarzt zu verständigen.