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Arbeitszeit
Überstunden auszahlen lassen oder abfeiern: Welche Regeln gelten?
Wer Überstunden macht, kann sie sich unter Umständen auszahlen lassen oder sie abfeiern. Aber welche Regelungen gibt es dafür? Hier erfahren Sie es.
Marcus Giebel
 |  aktualisiert: 11.03.2024 13:31 Uhr

Es ist die wohl unbeliebteste Arbeitszeit: Überstunden. Wenn dann doch mal deutlich mehr zu tun ist oder das Pensum aus einem anderen Grund nicht im eigentlichen Zeitrahmen erledigt wurde, fällt die Freizeit umso kürzer aus.

Doch was passiert dann eigentlich mit den ganzen Stunden, die zusätzlich gearbeitet wurden?

Meistens gibt es dann zwei Optionen: Entweder werden auch die Überstunden bezahlt oder der Arbeitnehmer darf die zusätzliche Zeit in Zukunft einmal abbummeln, den Stift dann entsprechend früher fallen lassen. Hier geht es um die verschiedenen Regelungen rund um Überstunden.

Überstunden: Was ist darunter zu verstehen?

Der weltweit größte Rechtsschutzversicherer ARAG definiert Überstunden simpel als "Überschreitung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit". Sobald ein Arbeitnehmer länger arbeite als im Vertrag vereinbart, mache er Überstunden.

Im Gegensatz dazu meint der Begriff "Mehrarbeit" die "Überschreitung der gesetzlich zulässigen Arbeitszeit". In der Regel greift dies bei Bürgern, die am Tag länger als acht Stunden oder in der Woche länger als 48 Stunden arbeiten. Letzteres erklärt sich damit, dass Gesetze wie das Arbeitszeitgesetz und das Bundesurlaubsgesetz die Sechs-Tage-Woche als Grundlage nehmen.

Überstunden: Wann sind sie erlaubt?

Hierzu informiert ARAG, einseitig vom Chef eingefordert werden können Überstunden nur, wenn der Arbeitsvertrag eine entsprechende Klausel enthält. Dann hat der Arbeitnehmer womöglich zugestimmt, sich zu Überstunden zu verpflichten, sollten diese anfallen.

Bei Notsituationen jeglicher Art sind Überstunden auch erlaubt, ohne dass diese vertraglich fixiert wurden. Als Beispiele werden ein Wasserrohrbruch, ein Brand oder eine Naturkatastrophe genannt.

Problematisch könnten sich anhäufende Überstunden für Teilzeitbeschäftigte werden. Denn werden längere Arbeitszeiten beinahe zur Normalität, könnte dies von Gerichten als einvernehmliche Änderung der Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber hin zu einer Vollbeschäftigung verstanden werden.

Finanztip betont in diesem Zusammenhang §3 des Arbeitszeitgesetzes. Dort wird festgelegt, dass die "werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer" acht Stunden beträgt. Eine Verlängerung auf maximal zehn Stunden ist nur zulässig, "wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden". Es gibt also einen Zeitrahmen, in dem die eingebüßte Freizeit nachgeholt werden muss.

Überstunden: Müssen sie bezahlt werden?

ARAG verweist hier auf §612 Absatz 1 des Bundesgesetzbuches (BGB), wo es heißt: "Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist." Eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung sei dies jedoch nicht.

Hinsichtlich der Vergütung sei ein Zuschlag ebenso eine Möglichkeit wie eine Entlohnung entsprechend der Grundvergütung. Im zweiten Fall müsste der Stundenlohn lediglich mit der Anzahl der Überstunden multipliziert werden.

Auch ohne Regelungen zur Vergütung von Überstunden im Arbeitsvertrag steht dem Arbeitnehmer im Zweifelsfall zusätzlicher Lohn zu. Dies sei etwa der Fall, wenn eine Überstundenvergütung für den jeweiligen Beruf branchenüblich sei.

Voraussetzung für eine Bezahlung von Überstunden ist auch, dass der Arbeitnehmer deren Ableistung nachweisen kann und sie vom Arbeitgeber angeordnet oder gebilligt wurden. Sollte es zu einem gerichtlichen Streit kommen, könnte die Vorlage der entsprechenden Nachweise verlangt werden.

Übrigens: Infolge der Erweiterung des Nachweisgesetzes müssen Arbeitgeber darüber informieren, inwiefern Überstunden vergütet werden. Darauf verweist Finanztip.

Überstunden: Wer bekommt sie nicht bezahlt?

Bei diesem Thema nennt ARAG "leitende Angestellte", bei denen sogenannte "Dienste in höherer Art" zu unbezahlten Überstunden führen können, denn die Vergütung beziehe sich nicht auf die abzuleistenden Stunden, sondern auf die Verrichtung bestimmter Aufgaben. So verhalte es sich etwa bei Ärzten, Rechtsanwälten oder Steuerberatern.

Auch Arbeitnehmer, die eine "deutlich herausgehobene Vergütung" erzielen, bekommen Überstunden womöglich nicht bezahlt. Grund: Das Bundesarbeitsgericht hielt die Bezahlung von Mehrarbeit ab einer bestimmten Gehaltsklasse in der Vergangenheit bereits für "unüblich".

Unbezahlte Überstunden sind auch möglich, wenn im Arbeitsvertrag festgehalten ist, in welchem Umfang diese zusätzliche Arbeitszeit bereits mit dem Festgehalt abgegolten ist. Beispielhaft könnten "Überstunden im Umfang von bis zu zehn Prozent der vereinbarten Wochenarbeitszeit" oder "bis zu drei Überstunden pro Woche" vereinbart werden.

Überstunden: Wann ist Freizeitausgleich rechtsgültig?

Die Alternative zur zusätzlichen Bezahlung sieht vor, dass Arbeitnehmer die Überstunden an weniger arbeitsreichen Tagen wieder reinholen können, indem sie früher in den Feierabend gehen oder bei entsprechender Anzahl an Überstunden den einen oder anderen zusätzlichen Tag frei bekommen.

Damit dieser Freizeitausgleich auch rechtsgültig ist, muss er vertraglich festgehalten werden, wie ARAG schreibt. Dem würde eine Klausel entgegenstehen, die diese Methode zum Abbau von Überstunden untersagt.

Überstunden: Entscheidet der Arbeitnehmer über den Freizeitausgleich?

Nein, dies liegt laut ARAG in der Hand des Arbeitgebers. Er entscheidet über den genauen Zeitpunkt. Ausnahme: Der Arbeitsvertrag enthält eine Klausel, die dem Arbeitnehmer das Recht einräumt, über den Freizeitausgleich selbst entscheiden zu dürfen.

Überstunden: Wann verjähren sie?

Nach drei Jahren verlieren Überstunden ihre Gültigkeit. ARAG spricht hier vom 31. Dezember des dritten Jahres. Eine gesetzliche Regelung besteht dazu jedoch nicht. Im Arbeitsvertrag kann auch ein kürzerer Anspruchszeitraum vereinbart werden, weniger als drei Monate sind jedoch laut Rechtsprechung nicht zulässig.

Überstunden: Was passiert bei Kündigung?

Wie ARAG berichtet, bleibt der Anspruch des Arbeitnehmers auf Auszahlung der Überstunden oder Freizeitausgleich auch bei einer fristgemäßen oder fristlosen Kündigung bestehen. Sieht der Arbeitsvertrag keine Klauseln zu einem Freizeitausgleich vor, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Überstunden auszuzahlen. Hier gibt der Rechtsschutzversicherer den Tipp, die "geleisteten Überstunden genau zu notieren oder auf einem Arbeitszeitkonto nachzuverfolgen", denn so wäre im Streitfall ein Nachweis zur Hand.

 
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