Der Konflikt zwischen dem Westen und dem Osten schien mit dem Zerfall der Sowjetrepublik beigelegt. Der Kalte Krieg beendet. Doch spätestens mit dem offenen Ausbruch des Ukraine-Kriegs durch die Invasion der russischen Truppen kommen wieder Vorwürfe auf, in Wahrheit würden der von den USA angeführte Westen und der sich um Russland scharende Osten die Konfrontation suchen.
In diesem Zusammenhang fällt oft das Wort Stellvertreterkrieg. Auch Kreml-Chef Wladimir Putin deutet immer wieder an, die USA würden in der Ukraine das Sagen haben und somit sein Land direkt bedrohen. Zudem lässt der russische Präsident kaum eine Gelegenheit ungenutzt, um den Westen für die Eskalation und die Folgen für die gesamte Welt verantwortlich zu machen.
Somit verschafft er sich zumindest in einigen Teilen der Welt eine Rechtfertigung für den Tod und die Zerstörung, die der Krieg über die Ukraine bringt. Schauen wir uns Putins Argumentation genauer an.
Was steckt hinter dem Begriff Stellvertreterkrieg?
Das Lexikon des Portals frieden-fragen erklärt: "Als Stellvertreterkriege werden Kriege bezeichnet, die Staaten oder Kriegsparteien für andere aber mit deren Unterstützung führen." Auf das tägliche Leben projiziert stelle es sich so dar, dass "jemand etwas erledigen muss, aber keine Zeit und Lust dazu hat", weshalb jemand anderes beauftragt werde, "dies an seiner Stelle, also als Stellvertreter" zu machen.
Weiter wird darauf verwiesen, dass der Begriff in den Zeiten des Kalten Krieges - also zwischen 1945 und 1990 - häufig Verwendung fand. Dabei standen sich "der so genannte Ost-Block unter Führung der Sowjetunion und der West-Block unter Führung der USA" gegenüber. "Beide Seiten wollten möglichst viele Länder unter ihren Einfluss bekommen", informiert das Portal.
Folglich sei "bei den meisten Konflikten und Kriegen in anderen Ländern eine Seite von den USA und die andere Seite von der Sowjetunion unterstützt" worden. Somit hätten die beiden Nationen "'stellvertretend' für ihren großen Konflikt in einem Land durch andere Streitkräfte gegeneinander gekämpft".
Beim Schülerlexikon von learnattack gibt es noch den Hinweis auf die beiden Militärbündnisse NATO und Warschauer Pakt, die „konventionell und atomar hoch gerüstet“ gewesen seien. Die Stellvertreterkriege gelten deshalb rückblickend als kleineres Übel, hatten aber natürlich auch ihre Schattenseiten für die betroffenen Weltregionen: "Während das 'Gleichgewicht des Schreckens' eine direkte militärische Auseinandersetzung bis zu einem Atomkrieg verhinderte, kam es in anderen Teilen der Erde zu Kriegen."
Welche Beispiele von Stellvertreterkriegen gibt es?
Hier muss vor allem der Koreakrieg genannt werden. Das Land war während des Zweiten Weltkriegs eine Kolonie Japans. Nach dessen Kapitulation teilten sich die Siegermächte das Gebiet untereinander auf, der Norden wurde von der Sowjetrepublik besetzt, der Süden von den USA. Bis 1953 kam es immer wieder zu Kampfhandlungen, erst mit deren Ende wurde die Teilung gefestigt.
1964 intervenierten die beiden Weltmächte im Vietnamkrieg. Auch hier unterstützte die Sowjetrepublik den Norden, die USA stand auf Seiten des Südens. Erstere schickten lediglich Waffen, die Vereinigten Staaten sogar eigene Truppen. 1973 zogen sich die USA zurück, anschließend eroberten die Kommunisten auch den Süden Vietnams.
Ein weiterer Stellvertreterkrieg herrschte ab 1979 in Afghanistan. Hier schickten die Sowjets eigene Streitkräfte, um die kommunistische Regierung zu festigen, während die USA und andere Länder den Mudschaheddin Waffen lieferten. Nach zehn Jahren zogen sich die Truppen der Sowjetrepublik zurück. Über diese Kriege berichtet unter anderem das Lexikon auf dem Portal geschichte-abitur.
Teilweise wird auch die Kuba-Krise dazugezählt. Auf der Insel hatte die Sowjetunion Mittelstreckenraketen stationiert und diese direkt auf die USA gerichtet. Als Reaktion darauf errichteten die Vereinigten Staaten sogar eine Seeblockade. Letztlich wurde dieser 1962 eskalierte Konflikt auf diplomatischem Weg beigelegt.