Der Rettungseinsatz im Waldhotel von Stadtbergen zieht nun wesentlich größere Kreise als vermutet. Wie berichtet hatten Bewohner Mitte Dezember die Polizei über den Notruf informiert, dass sie seit Tagen keinen Strom mehr hätten. Ausgerechnet zu der Zeit, als das Tief Colleen auch im Augsburger Land im Anmarsch war, gab es somit weder Heizung noch warmes Wasser. Bewohner hatten daher ein Notstromaggregat laufen lassen, und die Abgase strömten ungefiltert durchs ganze Haus. Von Tür zu Tür waren daraufhin Polizei, Feuerwehr und Ersthelfer geeilt, um nach Opfern einer möglichen Kohlenmonoxid-Vergiftung Ausschau zu halten. Als in einem Zimmer niemand öffnete, verschafften sich die Helfer gewaltsam Zugang. Doch statt einer hilflosen Person fanden die Retter kiloweise Drogen.
Zunächst hatte die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen lediglich mitgeteilt, dass im Zuge des Einsatzes auch wegen einer weiteren Straftat ermittelt wird, sich zur Art des Delikts jedoch bedeckt gehalten. Nun hat ein Sprecher des Präsidiums auf Anfrage unserer Zeitung bestätigt, dass in dem Zimmer insgesamt 16 Kilogramm Marihuana gefunden wurden. "Die Drogen waren so aufgestapelt wie ein Ster Holz", bestätigt auch einer der Einsatzkräfte. Ein Bewohner, Mitte 30, konnte als Tatverdächtiger noch am gleichen Tag vorläufig festgenommen werden. Mittlerweile wurde der Mann beim Amtsgericht Augsburg vorgeführt. Gegen ihn wurde Untersuchungshaftbefehl erlassen und in Vollzug gesetzt. Der Mann befindet sich derzeit in einer Justizvollzugsanstalt.
Drogenfund im Waldhotel Stadtbergen: Sprachbarrieren erschweren Verständigung
Die Polizei spricht von einem sogenannten "Zufallsfund". Demnach hatte es zuvor keinerlei Verdacht auf Drogengeschäfte im Waldhotel gegeben. Vielmehr hatten sich die Bewohner durch ihren Notruf ob des gesperrten Strom letztendlich selbst die Polizei ins Haus geholt. Damit, dass aufgrund der lebensgefährlich hohen Kohlenmonoxid-Werte die Einsatzkräfte jedes Zimmer durchsuchen, hatte der mutmaßliche Dealer wahrscheinlich nicht gerechnet. Geleitet wurde der Einsatz zunächst vom Ordnungsamt der Stadt und von der Feuerwehr. Diese hatten sich trotz anfangs erheblicher Sprachbarrieren Zutritt zum Waldhotel verschaffen können, um den Grund für die fehlende Stromversorgung zu klären.
Zu dem Zeitpunkt befanden sich etwa acht bis zehn Personen in dem Haus. Nachdem eine CO-Messung lebensgefährliche Werte ergab, wurde die Polizeiüber die Entwicklung informiert, die daraufhin die Leitung des Einsatzes übernahm. Direkt nach dem Zufallsfund rückten zusätzliche Polizeikräfte und die Kripo an.
Art und Form des Betriebs wird derzeit überprüft
Zurzeit ist das Waldhotel immer noch geöffnet. Um was für eine Betrieb es sich bei dem überwiegend von ausländischen Monteuren genutzten Domizil handelt, wird derzeit vom Landratsamt geprüft. "Die Nutzung des Waldhotels ist nur bedingt mit einem klassischen Hotelbetrieb vergleichbar, da hier andere öffentlich-rechtliche Vorschriften Anwendung finden", heißt es. Je nach Ausgestaltung des Betriebs würden "unterschiedliche Nutzungsvarianten" in Betracht kommen, im Detail werde das derzeit geprüft. Das Landratsamt Augsburg weist daher darauf hin, dass alle gewerblichen Anlagen seitens der zuständigen Gemeinde regelmäßig einer entsprechenden Feuerbeschau unterzogen werden müssen. Die Umsetzung dieser Kontrolle obliege demnach dem Stadtberger Ordnungsamt. Hier allerdings wartet man noch auf die Entscheidung des Landratsamts über die erlaubte und genehmigte Beschreibung der Beherbergungsform.
Insgesamt sind aktuell nach Auskunft des Stadtberger Ordnungsamts 60 Personen im Waldhotel gemeldet. Der Betrieb war jahrelang ein beliebtes Ausflugziel und bestach vor allem durch seinen idyllischen Biergarten. Vom früheren Charme ist nicht mehr viel geblieben. Schlagzeilen machte Betreiberin Anita Strohmayr vor einigen Jahren, als der Bunte Kreis in unmittelbarer Nähe sein tiergestütztes Therapiezentrum für Kinder bauen wollte. Ihre Gäste könnten sich durch den Betrieb gestört fühlen, befürchtete sie und wollte das Projekt verhindern. Wenig später ließ sie dann die Durchgangswege über ihr Grundstück durch große Findlinge versperren. Für Spaziergänger und Wanderer gab es somit kein Durchkommen mehr. Zu dem aktuellen Fall aber wollte sich die Betreiberin nicht äußern, da sie nach eigener Aussage "Klagen eingereicht" habe und es ein laufendes Verfahren gebe.