Immer wieder gibt es Meldungen über gefährliche Spinnen aus aller Welt, die sich in Deutschland breit machen. Regelmäßig kursieren etwa Beobachtungen, dass exotische Spinnen aus Bananenkisten herauskrabbeln. In diese Horrorgeschichten reihen sich in letzter Zeit auch vermehrt Meldungen über die Braune Einsiedlerspinne. Sie ist giftig - und eigentlich in Europa nicht heimisch. Aber was ist dran an den Meldungen? Schließlich zeigt auch ein Video im Internet, dass die Spinnenart möglicherweise bei uns angekommen ist. Ob es die Braune Einsiedlerspinne nun auch in Deutschland geben könnte, erfahren Sie in diesem Text.
Braune Einsiedlerspinne: Wie sieht die giftige Spinne aus?
Die Braune Einsiedlerspinne heißt mit dem lateinischen Fachnamen Loxosceles reclusa. Laut dem Spinnen-Wiki der Arachnologischen Gesellschaft (Arages) ist sie hauptsächlich in den Staaten des Mittleren Westens der USA heimisch, wo sie in Häusern und anderen Gebäuden teilweise in großer Zahl vorkommen kann. Die Spinne ist giftig. Auch wenn Bissunfälle laut der Arages selten sind und in den meisten Fällen nur von milden Symptomen wie Rötungen und Schmerzen begleitet werden, kommt es bei jedem zehnten Fall zu schweren und langsam heilenden Hautnekrosen, die im Extremfall innerhalb weniger Tage zum Tode führen können.
Laut der Oklahoma State University (OSU) wird die Braune Einsiedlerspinne wegen der charakteristischen dunklen, geigenförmigen Zeichnung auch als Geigenspinne bezeichnet. Außerdem ist die Braune Einsiedlerspinne ungewöhnlich, weil sie sechs statt der üblichen acht Augen hat. Die Spinnen sind hell- bis dunkelbraun und haben eine Körpergröße von etwa sechs bis zwölf Zentimeter.
Braune Einsiedlerspinne: Video zeigt Spinne - ist es echt?
Im Juni 2024 berichtete RTL von der Sichtung einer Braunen Einsiedlerspinne und zeigte in einem Online-Artikel ein kurzes Video, in dem man eine braune Spinne in einem Auto-Kofferraum sieht. Dem Bericht zufolge wurde das Video von einem Mann namens Enrico Kramer in Deutschland gefilmt, im Hintergrund ist eine Kinderstimme zu hören. Der Mann entfernt die Spinne mithilfe seines Autoschlüssels.
An der Echtheit des Videos sollte man aber aus mehreren Gründen zweifeln: Zum einen lässt sich nichts über einen Enrico Kramer und dessen Qualifikation zur Bestimmung von Spinnen finden. Zum Andern lässt sich nicht ohne Weiteres nachweisen, dass die im Video gezeigte Spinne tatsächlich eine Braune Einsiedlerspinne ist.
Außerdem ist das Video keineswegs aktuell: Bereits 2020 veröffentlichte RTL dasselbe Video, in der Zwischenzeit tauchte es auch auf anderen Portalen auf. Selbst wenn die gezeigte Spinne wirklich ein Exemplar der Loxosceles reclusa sein sollte und in Deutschland gefilmt wurde, lässt sich daraus keine Aussage über die derzeitige Ausbreitung der Giftspinne in Deutschland machen - eine echte Braune Einsiedlerspinne würde den nächsten deutschen Winter nicht überleben können. Woher RTL das Videomaterial hat, geht aus der Berichterstattung nicht hervor.
Braune Einsiedlerspinne: Gibt es sie in Deutschland überhaupt?
Um zu überprüfen, ob die Spinnenart in letzter Zeit in Europa gesichtet wurde, kann man den Spinnenatlas der Arages abfragen. Dort kann man Spinnenfunde melden, mehr als 1600 Arten von Spinnentieren sind dort verzeichnet. Sucht man nach der Braunen Einsiedlerspinne, findet sich dort keine Meldung.
In den letzten Jahren hat also niemand eine Loxosceles reclusa sicher nachweisen können. Auch die ähnliche Meldeplattform naturgucker.de hat keine Sichtungen der nordamerikanischen Spinnenart registriert. Selbst bei der ihr verwandten Braunen Violinspinne (Loxosceles rufescens) wurden der Arages nur vier Exemplare gemeldet. Und auch bei der Chilenischen Winkelspinne (Loxosceles laeta) aus derselben Familie sind keine Nachweise gelistet.
Dennoch kursieren immer wieder Gerüchte, dass Spinnen dieser Arten in Deutschland gesichtet würden oder gar heimisch werden könnten. Laut einem Bericht des MDR sind solche Meldungen aber "Quatsch". Die genaue Bestimmung der zahlreichen Loxosceles-Arten sei für den Laien kaum möglich, meint der Spinnenexperte Robert Klesser vom Leipziger Naturkundemuseum in dem Artikel. Wenig verwunderlich seien demnach Falschmeldungen, wenn eine Spinne aus einer Obstkiste im Supermarkt krabble.
Ganz unmöglich ist es natürlich nicht, dass eine Braune Einsiedlerspinne ihren Weg nach Deutschland findet. "Durch die Globalisierung werden immer wieder Arten irgendwohin verschleppt", zitiert der MDR den Spinnenexperten Klesser. Aber einzelne Exemplare bedeuten noch nicht, dass sich eine Art in Deutschland etabliert hat - dafür braucht es mehrere Generationen einer Art. So ist es etwa bei der Nosferatu-Spinne der Fall, die sich mittlerweile in unseren Breitengraden immer weiter ausbreitet.
Dennoch: In Deutschland gibt es auch zahlreiche große Spinnen, die ziemlich furchteinflößend sein können. Mit der größten Spinne der Welt können sie es aber nicht aufnehmen. Doch manchmal ist die Gefahr ganz unscheinbar: Viele der giftigsten Spinnen sind klein und unauffällig. Und selbst eine heimische und wohlbekannte Art der Spinnentiere sorgt auch in Deutschland für Tote.