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Gesundheit
Schadstoffe in Lebensmitteln: Das sollten Sie über Pestizide wissen
Pestizide werden seit Jahren genutzt, um die Ernte zu schützen. Trotzdem stehen sie stark in der Kritik. Aber wie gefährlich sind Pflanzenschutzmittel und Co. eigentlich?
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Foto: Patrick Pleul, dpa | Pestizide werden in Deutschland fast täglich genutzt. Über die Folgen wird hitzig diskutiert.
Elisa Jebelean
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:47 Uhr

Um die Ernte ertragreicher zu machen und sie vor Insekten, Pilzen oder Unkraut zu schützen, werden in der Landwirtschaft Pestizide eingesetzt. 350.000 Tonnen werden jährlich in der EU verkauft und dementsprechend auch genutzt. 

Über Lebensmittel und Trinkwasser nehmen Menschen auch Pestizide auf. Bei einer Untersuchung in fünf europäischen Ländern zwischen 2014 und 2021 sind laut der Europäischen Umweltagentur in 84 Prozent der genommenen Urinproben mindestens zwei Pestizide entdeckt worden. Aber wie schädlich sind sie für unsere Gesundheit?

Was sind Pestizide?

Pestizide sind Pflanzenschutzmittel, die Begriffe sollten aber nicht synonym verwendet werden. Laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ist die Bezeichnung "Pestizide" ein Oberbegriff, der nicht nur Pflanzenschutzmittel, sondern eine Vielzahl von Stoffen beinhaltet. Zum Beispiel Biozide. Sie werden nicht direkt an Pflanzen, sondern allgemein zur Bekämpfung von Schädlingen verwendet. Desinfektionsmittel oder Rattengift gehören zum Beispiel zu den Bioziden.

Alle Pestizide beinhalten aktive Substanzen, die eine Wirkung erst ermöglichen. Das können zum Beispiel Chemikalien oder Mikroorganismen, wie Bakterien, sein. Laut der EFSA funktionieren sie, indem sie die Schädlinge – meist Pilze, Insekten oder Unkraut – töten. Rückstände sind teilweise auch auf unserer Nahrung zu finden.

Pestizide in der Nahrung: Wie schädlich ist das?

"Pestizide sind Pflanzenschutzmittelrückstände, die zwar in Lebensmitteln unerwünscht, aber erlaubt sind, solange die Rückstandshöchstgehalte eingehalten werden", sagt Manon Struck-Pacyna vom Lebensmittelverband Deutschland. Laut der Expertin könne man Rückstände auf der Ernte kaum verhindern. Für jeden einzelnen Wirkstoff gibt es aber bestimmte Höchstwerte, die nicht überschritten werden dürfen. "Rückstandshöchstgehalte werden so festgelegt, dass die Mittel nach guter fachlicher Praxis angewendet werden und die Rückstände für die Verbraucher:innen absolut sicher sind", sagt Manon Struck-Pacyna. Außerdem würden Wirkstoffe in der EU vor dem ersten Einsatz immer geprüft werden, versichert die Expertin. 

Die Zulassung erfolge auf nationaler Ebene. Die Nutzung von Pestiziden sei meist auf eine bestimmte Anwendung beschränkt und mit Auflagen verknüpft. So gibt es beispielsweise auch Wirkstoffe, die nur für Äpfel oder Kernobst verwendet werden dürfen. "Damit soll der Sicherheit von Pflanzenschutzmitteln für Landwirte und Landwirtinnen, die Verbraucher:innen und der Umwelt besser Rechnung getragen werden", sagt Manon Struck-Pacyna.

Wie die Verbraucherzentrale Hamburg berichtet, werden aber teilweise mehrere Pestizide zum gleichen Zeitpunkt verwendet. Die Zusammenwirkung werde vor der Zulassung aber nicht geprüft, weshalb "unerwünschte Kombinationswirkungen" teilweise unentdeckt bleiben würden. Das Umweltbundesamt hat 2021 eine Studie dazu veröffentlicht. In der Pressemitteilung heißt es: "Diese erste umfassendere Betrachtung von Spritzfolgen und Tankmischungen zeigt, dass das Risiko typischer Anwendungsmuster deutlich höher ist, als in der Zulassungsprüfung für die einzelnen PSM (Pflanzenschutzmittel) vorhergesagt wird."

Pestizide: Wird der Schadstoffgehalt in Lebensmitteln geprüft?

In Deutschland sind die Bundesländer für die Lebensmittelüberwachung zuständig, es gibt bestimmte Behörden, die sich damit auseinandersetzen. In Baden-Württemberg beispielsweise gibt es im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung das Ökomonitoring-Programm, das jedes Jahr Berichte über die Schadstoffbelastung auf Lebensmitteln veröffentlicht. Die Berichte sind auf dem Verbraucherportal Baden-Württemberg öffentlich einsehbar. 

Pestizide: Wie stark sind die Lebensmittel belastet?

2022 könnten laut dem Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg in 75 Prozent der Proben aus ökologischem Anbau keine Rückstände nachgewiesen werden. Bei konventionellem Anbau haben mehr als 80 Prozent der Gemüseproben Rückstände aufgewiesen – die meisten davon aber innerhalb der festgelegten Höchstwerte. 

Laut dem Ökomonitoring-Report 2022 haben 0,7 Prozent der Proben aus ökologischem Anbau und 5,2 Prozent der Proben aus konventionellem Anbau die Höchstgehalte überschritten. In Bayern wurden laut dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit 2022 3,5 Prozent der Gemüseproben beanstandet. In der Tabelle ist keine Unterscheidung zwischen ökologischem und konventionellem Anbau gekennzeichnet. 

Laut der Verbraucherzentrale Hamburg ist Obst und Gemüse aus ökologischem Anbau "grundsätzlich seltener und weniger stark belastet" als aus konventionellem Anbau. Außerdem seien EU-Produkte laut dem Portal meist geringer belastet als Produkte "aus Drittländern". Auch interessant zu wissen: Wurzelgemüse ist häufig weniger belastet als Blattgemüse, da der essbare Teil nicht direkt den Pestiziden ausgesetzt ist. 

Wo sind besonders viele Pestizide zu finden?

In folgenden Früchten sind laut der Verbraucherzentrale Hamburg besonders häufig Pestizidrückstände zu finden:

  • Granatapfel
  • Mandarine
  • Kirsche
  • Grapefruit
  • Himbeere
  • Orange
  • Pomelo
  • Mango
  • Johannisbeere
  • Banane

Die meisten Beanstandungen haben folgende Gemüsesorten:

  • Frische Kräuter
  • Paprika
  • Rucola
  • Bohnen
  • Gurken
  • Aubergine
  • Spinat
  • Spargel
  • Wassermelone
  • Knollensellerie

Pestizide in Lebensmitteln: Wie giftig sind sie?

Wie bereits etabliert, nimmt man über die Nahrung meist nur sehr geringe Mengen an Pestizidrückständen auf. Trotzdem ist die Diskussion rund um Pflanzenschutzmittel hitzig. Laut der Verbraucherzentrale Hamburg wird einigen Stoffen nachgesagt, die Nerven zu schädigen oder das Hormonsystem zu beeinflussen. Wie das Portal erklärt, geben zwei Werte Auskunft über die Giftigkeit von Pestiziden:

  • Die akute Referenzdosis (ARfD): Die Menge, die am Tag über Lebensmittel ohne Gesundheitsrisiko aufgenommen wird.
  • Die duldbare tägliche Aufnahmemenge (ADI-Wert): Die Menge, die lebenslang über Lebensmittel "ohne erkennbares Risiko für die Gesundheit" aufgenommen werden kann.

Obwohl die Wirkung von Pestiziden auf Mensch und Umwelt in der Forschung noch diskutiert werden, steht fest, dass ein gesundheitliches Risiko besteht – vor allem bei direktem Kontakt, wie die Verbraucherzentrale Hamburg schreibt. Laut der Europäischen Umweltagentur gibt es Pläne, den Einsatz von Pestiziden bis 2030 deutlich zu reduzieren. Wie die Umweltagentur schreibt, ist die derzeitige Risikobewertung von Pestiziden für die menschliche Gesundheit und die Ökosysteme mangelhaft und lässt mögliche ganzheitliche Folgen außer Acht.

Wie lassen sich Pestizide von Lebensmitteln entfernen?

Bevor die Lebensmittel verpackt und verschickt werden, wird ein Teil laut der Expertin Manon Struck-Pacyna direkt gewaschen. Allerdings lassen sich nicht alle Rückstände mit Wasser entfernen. Zum Beispiel reicht es nicht aus, Äpfel nur mit Wasser zu waschen. Sie sollten anschließend mit einem Tuch abgerieben werden. Das gilt insbesondere für Obst- und Gemüsesorten, die roh verzehrt werden.

 
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