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Rente
Weniger Kinder: Ist das gut für die Rente?
In Deutschland werden immer weniger Kinder geboren, während die Menschen immer älter werden. Wie wirkt sich das auf die Rente aus? Dazu äußert sich ein Experte.
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Foto: Jan Woitas, dpa (Symbolbild) | In Deutschland werden immer weniger Kinder geboren. Gleichzeitig werden die Menschen immer älter. Was macht das mit der Rente?
Lennardt Loß
 |  aktualisiert: 07.06.2024 06:16 Uhr

Deutschland wird alt. Die Geburtenrate liegt seit Jahrzehnten auf einem niedrigen Niveau. So wurden 2022 laut dem Statistischen Bundesamt lediglich 1,46 Kinder pro Frau geboren. Gleichzeitig werden die Menschen immer älter — und beziehen immer länger Rente. Wie sich dieses Ungleichgewicht zwischen Jung und Alt auf die gesetzliche Rentenversicherung auswirkt, lesen Sie in diesem Text.

Schon gewusst? Die Ampel-Regierung hat beschlossen, dass die Doppelbesteuerung der Rente wegfallen soll.

Wie wirkt sich der demografische Wandel auf die Rente aus?

"Der demografische Wandel ist in Deutschland längst angekommen", schreibt das Statistische Bundesamt auf seiner Website. "Die sinkende Zahl der Menschen im jüngeren Alter und die gleichzeitig steigende Zahl älterer Menschen verschieben den demografischen Rahmen in bisher nicht gekannter Art und Weise."

Vor allem in den nächsten Jahrzehnten wird man das in Deutschland zu spüren bekommen. Denn ab dem Jahr 2025 geht die Generation der Babyboomer in Rente, also die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er- und 1960er-Jahre.

So rechnet das Statistische Bundesamt damit, dass die Zahl der Menschen im Rentenalter (ab 67 Jahren) bis Mitte der 2030er-Jahre um vier Millionen Menschen auf mindestens 20 Millionen steigt. Gleichzeitig wird die Zahl der Menschen im Erwerbsalter in den nächsten 15 Jahren um 1,6 bis 4,8 Millionen Menschen sinken.

Für die gesetzliche Rentenversicherung ist das mindestens eine Herausforderung, eher ein Problem. Wenn man verstehen will, warum das so ist, muss man zuerst begreifen, wie die Rente in Deutschland funktioniert.

Übrigens: Mit einem Rentenausweis kann man bares Geld sparen.

Wie wird die Rente finanziert?

Die gesetzliche Rentenversicherung wird in Deutschland durch das sogenannte Umlageverfahren finanziert. Laut der Bundeszentrale für politische Bildung bedeutet das, dass die Beitragszahler nicht einen Kapitalbestand für ihre eigene Rente aufbauen, sondern die Bezüge der aktuellen Rentenbezieher finanzieren.

Das heißt vereinfacht gesagt:

  • Wer arbeitet und in die Rentenkasse einzahlt, spart das Geld nicht für sich selbst, sondern zahlt damit die Rente der älteren Generation.
  • Wenn man dann selbst in Rente geht, kommen dafür die jüngeren, noch arbeitenden Menschen auf.
  • Deswegen spricht man in diesem Zusammenhang auch oft von einem sogenannten Generationenvertrag.
  • Die Rente wird in Deutschland allerdings nicht nur durch die Beiträge der Versicherten gestemmt, sondern auch durch Steuermittel.

Schon gewusst? Ab dem 1. Juli 2024 steigen die Renten.

Demografischer Wandel: eine Gefahr für die Rente?

Wer bis hierhin gelesen hat, versteht vermutlich mittlerweile das Probleme: Wenn es immer weniger Beitragszahler gibt und immer mehr Rentenbezieher, muss dieses Ungleichgewicht irgendwie ausgeglichen werden.

Auch deswegen hat die Bundesregierung das sogenannte Rentenpaket II beschlossen. Es erfüllt im Wesentlichen zwei Aufgaben.

  • Einerseits soll es sicherstellen, dass die Renten nicht sinken, obwohl es immer weniger Beitragszahler gibt. Dafür wird das Rentenniveau laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bei 48 Prozent fixiert.
  • Anderseits will die Regierung in Zukunft Aktien kaufen. Mit diesem Generationskapital sollen vor allem die Beitragszahlenden entlastet werden.
  • Denn: Die Beitragssätze zur Rentenversicherung sollen ab dem Jahr 2028 auf 20 Prozent steigen.

Ob das ausreicht, um das Renten-Problem zu lösen, hält Dr. Johannes Geyer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (kurz: DIW Berlin) für fraglich.

Im Main-Post-Gespräch erklärt Geyer, dass die niedrige Geburtenrate dafür sorge, dass wir ein weniger großes Potenzial haben, aus dem sich Beitragszahler rekrutieren. "Das Rentenpaket II ist keine echte Antwort auf dieses Problem."

Die Niveaugarantie von 48 Prozent hält Geyer einerseits für richtig, weil die Renten in Deutschland im europäischen Vergleich niedrig seien. Andererseits setze die Niveaugarantie bei einem anderen Problemen an. Nämlich bei der Frage: Wie hoch müssen die Renten ausfallen, damit man im Alter noch davon leben kann? "Durch die Niveaugarantie erhöht sich also erstmal die Belastung."

"Damit der Beitragssatz nicht exorbitant steigt, hat man die Aktien-Rente konzipiert", so Geyer weiter. Das Problem sei nur: "Die Aktien-Rente kann nur einen kleinen Teil des Beitragssatzanstiegs kompensieren. Dieser Teil ist kleiner, als der Anstieg, der dadurch hervorgerufen wird, dass wir die Niveauhaltelinie von 48 Prozent einführen."

Übrigens: Wenn die Rente nicht pünktlich auf dem Konto landet, kann das verschiedene Gründe haben.

"Der demografische Wandel ist nicht kostenlos!": Johannes Geyer über das Rentenpaket II

Für Johannes Geyer vom DIW Berlin ist das Rentenpaket II keine echte Antwort auf den demografischen Wandel. Allerdings erklärt er im Main-Post-Gespräch auch, dass es keinen Königsweg gebe.

"Es gibt nicht die eine Reform, die alle Probleme löst", so Geyer. "Es geht hier um Verteilungspolitik, wo es immer Gruppen gibt, die durch Reformen verlieren." Seien es Arbeitnehmer, die einen höheren Versicherungsbeitrag zahlen müssen. Oder die Rentner, die weniger Geld bekommen. "Der demografische Wandel ist nicht kostenlos."

"Doch momentan soll sich die Rente nur durch höhere Beiträge und höhere Steuermittel finanzieren", erklärt Geyer weiter. "Ich bin mir nicht sicher, ob das realistisch ist. Man hätte auch darüber nachdenken sollen, mehr Beitragszahler in die Rentenversicherung zu holen, wie Selbständige und Beamte."

Niedrige Geburtenrate: Sind wenig Kinder gut für die Rente?

Dass in Deutschland immer weniger Kinder geboren werden, wird meistens als große Herausforderung für die gesetzliche Rentenversicherung gesehen, als Problem oder sogar Krise. Der Renten-Experte Martin Staiger vertritt in der Frankfurter Rundschau allerdings eine andere Meinung. Seine These: Die niedrige Geburtenrate könnte dazu führen, dass mehr Geld in die Rentenkasse fließt.

Steiger argumentiert so: Wenn weniger Kinder geboren werden, können viele Menschen länger arbeiten und folglich mehr Geld in die Rentenkasse einzahlen. Umgekehrt gehen die Ausgaben für Kinder zurück. Der Staat gibt weniger Geld für Kindergeld und Schulen aus, für Jugendhilfe und Familienleistungen. "Würden die Milliardenbeträge, die sich in den nächsten Jahren wegen der sinkenden Kinderzahlen absehbar einsparen lassen, in die Rentenversicherung umverteilt", erklärt Staiger, "ließen sich die Belastungen, die durch die Babyboomer auf die Rentenkasse zukommen, deutlich abfedern."

Doch stimmt das? Johannes Geyer vom DIW Berlin hält das für keinen abwegigen Punkt. Vor allen, weil es vor Augen führe, dass man bei der Rente nicht vor einer völlig unlösbaren Problemlage stehe.

"Allerdings wäre es falsch zu glauben, dass das eine das andere ausgleichen kann", erklärt Geyer weiter. "So ist es nicht. Es werden auch Ausgaben steigen, die mit der Alterung der Gesellschaft zusammenhängen. Schon jetzt gibt es ja in der Pflege- und Krankenversicherung Anstiege."

"In den nächsten Jahren wird es wahrscheinlich schmerzhaft", sagt Geyer, "weil wir Beitragssteigerung sehen werden, die echt weh tun." Allerdings sei es nicht so, dass wir in eine unbegrenzte Alterung der Gesellschaft hineinwachsen. "Ende der 2030er-Jahre werden wir einen besonders starken Anstieg der Alterung haben. Danach nimmt der Alterungs-Trend aber wieder ab und wir landen demografisch gesehen auf einem Plateau." Das könnte sich als eine gute Entwicklung herausstellen. "Denn dann erhöhen sich die Belastungen nicht weiter und man hat bessere Kalkulationsmöglichkeiten."

Übrigens: Als Rentner ist man grundsätzlich verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben. Doch drohen Strafen, wenn man die Abgabe der Steuererklärung vergisst?

 
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