In den meisten Fällen übernehmen Frauen die Erziehung der Kinder und stecken dafür beruflich zurück. Das Problem: In dieser Zeit verdienen sie nur wenig oder sogar gar nichts und das wiederum wirkt sich auf die Rentenbeiträge aus. Daher bekommen Frauen durchschnittlich deutlich weniger Rente als Männer. Allerdings gibt es die Möglichkeit, sich die Kindererziehungszeit für die Rente anrechnen zu lassen. Wie das funktioniert und wie viel Geld das für den Ruhestand einbringt, erfahren Sie im Artikel.
Was ist die Kindererziehungszeit?
Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) stellt denjenigen Elternteil, der das Kind hauptsächlich erzieht, in etwa so als hätte er "Beiträge aufgrund des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten gezahlt". Laut DRV sind Kindererziehungszeiten Pflichtbeiträge, die die Rente erhöhen. So wird ein Ausgleich geschaffen.
Für diejenigen, die nie gearbeitet haben und daher auch keinen Anspruch auf Rente haben, kann die Kindererziehungszeit sogar dazu führen, dass überhaupt erst ein Rentenanspruch besteht. Das kann etwa bei Hausfrauen der Fall sein.
Übrigens: Es gibt einige Renten-Irrtümer. Nicht nur die Kindererziehungszeit, sondern auch die Rente allgemein muss beantragt werden. Dafür wird die Rentenversicherungsnummer benötigt. Und auch als Rentner muss eine Steuererklärung abgegeben werden, sonst drohen Strafen.
Formular V0800: Wie kann die Kindererziehungszeit beantragt werden?
Wichtig ist, dass die Kindererziehungszeit beantragt wird, da sie nicht automatisch zur Rente angerechnet wird. Das kann mit dem Formular V0800, das auf der Seite der Deutschen Rentenversicherung runtergeladen werden kann, passieren.
Wie viel mehr Geld bekommt man durch die Kindererziehungszeit?
Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung bringt ein Jahr Kindererziehungszeit fast einen Rentenpunkt. Umgerechnet sind das aktuell über 39 Euro Rente pro Monat.
Wer gleichzeitig zur Kindererziehung noch arbeitet, der bekommt die Beiträge zur Kindererziehungszeit zusätzlich zu den Beiträgen, die selbst eingezahlt werden. Das gilt allerdings nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze, also bis zur Höchstrente.
Wer bekommt Kindererziehungszeit?
Kindererziehungszeit bekommt immer nur ein Elternteil zur selben Zeit. Und das ist der Deutschen Rentenversicherung zufolge derjenige Teil, der die Erziehung des Nachwuchses in einem Monat überwiegend übernimmt. Erziehen Mutter und Vater das Kind gemeinsam, bekommt die Mutter den Anspruch. Wenn der Vater die Kindererziehungszeit angerechnet bekommen soll, muss der Rentenversicherung eine gemeinsame und übereinstimmende Erklärung abgegeben werden. Die Erklärung gilt nur für die Zukunft und rückwirkend maximal für zwei Monate abgegeben werden.
Aber auch andere Personen können die Kindererziehungszeit in Anspruch nehmen:
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Adoptiveltern, Stiefeltern oder Pflegeltern
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Großeltern oder andere Verwandte. Aber nur, wenn das Kind dort dauerhaft als Pflegekind in einer häuslichen Gemeinschaft wohnt. Dabei darf kein Erziehungs- oder Obhutsverhältnis mehr zwischen dem Kind und den leiblichen Eltern mehr bestehen.
Es gibt allerdings auch Ausnahmen. Die Kindererziehungszeiten werden nicht bei Personen angerechnet, die
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bereits die Regelaltersgrenze erreicht haben und eine Altersvollrente oder eine andere Versorgung beziehen, wie zum Beispiel eine Pension
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bereits die Regelaltersgrenze erreicht haben, aber nie gesetzlich rentenversichert waren
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wegen der Erziehung in einem anderen Versorgungssystem Anwartschaften erhalten haben, die genauso wie in der gesetzlichen Rente berücksichtigt werden
Was gilt bei der Kindererziehungszeit für gleichgeschlechtliche Eltern?
Grundsätzlich bekommt laut Deutscher Rentenversicherung der leibliche Elternteil die Erziehungszeit zugesprochen. Wenn beide Elternteile nicht die leiblichen Eltern sind, dann erhält der Teil die Erziehungszeit, der die Elternstellung zuerst erlangt hat, also zum Beispiel der das Kind zuerst adoptiert hat. Das Gleiche gilt auch bei Pflegeeltern.
Wenn kein Elternteil leiblich ist und es auch kein Elternteil gibt, der die Elternstellung zuerst erlangt hat, dann bekommen beide Elternteile die Erziehungszeiten im monatlichen Wechsel zu gleichen Teilen.
Was bekommt man bei der Kindererziehungszeit konkret?
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Kinder, die vor 1992 geboren sind: Durch die sogenannte Mütterrente erkennt die DRV Personen, die Kinder vor 1992 geborenen haben eine Erziehungszeit von bis zu 30 Monaten an. Diese beginnt mit dem Monat nach der Geburt. Außerdem können Berücksichtigungszeiten von bis zu zehn Jahren angerechnet werden.
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Kinder, die 1992 oder später geboren wurden: In diesem Fall wird eine Kindererziehungszeit von bis zu 36 Monaten gutgeschrieben. Die Erziehungszeit beginnt ebenso mit dem Monat nach der Geburt. Auch hier können zusätzlich Berücksichtigungszeiten wegen der Kindererziehung von bis zu zehn Jahren angerechnet werden.
Was passiert mit der Kindererziehungszeit bei mehreren Kindern?
Wer gleichzeitig mehrere Kinder erzieht, dem kann laut Deutscher Rentenversicherung mehr Kindererziehungszeit anerkannt werden. Zum Beispiel, wenn man Zwillinge bekommt oder während der Erziehungszeit des ersten Kindes noch ein weiteres bekommt.
Beispiel:Geburt des ersten Kindes: 17. April 2004Geburt des zweiten Kindes: 2. Januar 2006
Als das zweite Kind geboren wurde, waren erst 21 von insgesamt 36 Monaten Erziehungszeit vorbei. Ein Monat nach der Geburt des zweiten Kindes, also ab Februar 2006 wird die Erziehungszeit dann auf 51 Monate verlängert, weil noch 15 verbleibende Monate vom ersten Kind übrig sind und nun weitere 36 Monate für das zweite Kind dazukommen. Insgesamt gibt es für diese zwei Kinder also 72 Monate Kindererziehungszeit.
Übrigens: Wann sie in Rente gehen können, hängt vom Geburtsjahr und den Beitragsjahren ab. Das kann bereits mit 63 Jahren der Fall sein oder erst nach 40 Versicherungsjahren. Manche Menschen müssen 35 Beitragsjahre oder 45 Beitragsjahre sammeln, um den Ruhestand antreten zu können. Ein anderes Modell ist die Altersteilzeit mit 55 Jahren.
Eine Ausnahme gilt für Menschen, die bestimmte Krankheiten oder eine Schwerbehinderung haben. Diese können abschlagsfrei früher in Rente gehen. Auch anderen Arbeitnehmern steht es frei früher in Rente zu gehen, allerdings ist dann mit finanziellen Einbußen zu rechnen.