Rente ist nicht gleich Rente. Zudem ranken sich viele Irrtümer um das Thema. Für verschiedene Bedürfnisse und Ansprüche gibt es aber verschiedene Rentenformen - zum Beispiel die Erwerbsminderungsrente. Im Jahr 2021 haben 350.000 Menschen diese Form der Unterstützung bei der Deutschen Rentenversicherung beantragt. Wer sie beantragen will, muss dabei kein bestimmtes Renteneintrittsalter oder eine vorgegebene Anzahl an geleisteten Beitragsjahren nachweisen. Doch wer bekommt die Erwerbsminderungsrente, wie hoch ist sie und worauf ist zu achten? Alle Informationen lesen Sie im Artikel.
Erwerbsminderungsrente: Wer kann sie beantragen?
Die Erwerbsminderungsrente richtet sich laut der Deutschen Rentenversicherung an Menschen, dieaus gesundheitlichen Gründen nicht mehr oder nur noch sehr wenig arbeiten können und das Rentenalter noch nicht erreicht haben. Unterschieden wird zwischen voller und teilweiser Erwerbsminderung. In beiden Fällen soll die Rente das ausbleibende Einkommen ersetzen beziehungsweise ergänzen.
Rente wegen voller Erwerbsminderung bekommen Menschen, die wegen ihrer Krankheit oder Behinderung dauerhaft nur noch weniger als drei Stunden pro Tag arbeiten können. Das bezieht sich nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung nicht nur auf den eigenen Job, sondern auf alle Tätigkeiten. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erhalten Menschen, die zwar mehr als drei, aber nur noch weniger als sechs Stunden arbeiten können.
Übrigens können schwer kranke oder behinderte Menschen unter bestimmten Voraussetzungen auch früher in Rente gehen, statt Erwerbsminderungsrente zu beantragen.
Erwerbsminderungsrente beantragen: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Anträge auf eine Erwerbsminderungsrente werden von der Deutschen Rentenversicherung genau geprüft - mittels ärztlicher und weiterer Gutachten. Und bevor ein Antrag genehmigt wird, werden andere Möglichkeiten ausgeschöpft. Dazu zählen auch medizinische und berufliche Rehabilitationen. Haben beide keinen Effekt auf die Arbeitsfähigkeit, prüft die Versicherung einen Anspruch auf volle oder teilweise Erwerbsminderungsrente.
Betroffene müssen beispielsweise vor Eintritt in die Erwerbsminderung mindestens fünf Jahre in der Deutschen Rentenversicherung versichert gewesen sein. Diese Zeit gilt als allgemeine Wartezeit. Zudem müssen sie mindestens während drei dieser Jahre Pflichtbeiträge an die Rentenversicherung gezahlt haben.
Diese Pflichtbeiträge können beispielsweise aus einer versicherten Beschäftigung stammen, oder als Selbstständige oder Selbstständiger gezahlt worden sein. Laut der Deutschen Rentenversicherung zählen unter bestimmten Voraussetzung auch Zeiten, in denen Betroffene Kranken-, Arbeitslosen oder Übergangsgeld bezogen haben, in die allgemeine Wartezeit. Außerdem werden folgende Zeiten hinzugerechnet:
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freiwillige Beiträge
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Kindererziehung
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nicht erwerbsmäßige häusliche Pflege
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Versorgungsausgleich bei Scheidung oder Rentensplitting
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Beschäftigung in einem Minijob
Wer die Pflichtbeiträge unverschuldet nicht erfüllen konnte, beispielsweise wegen Schwangerschaft oder Arbeitsunfähigkeit, für den gelten Ausnahmen. Die betroffene Zeitspanne wird dann aus dem Fünfjahreszeitraum herausgerechnet und in die Vergangenheit verlegt.
Ausnahmen gelten laut der Deutschen Rentenversicherung außerdem, wenn ein Arbeitsunfall, eine Berufskrankheit, eine Wehr- oder Zivildienstverletzung oder politische Haft Grund für die Erwerbsminderung sind. Auch nach einer Ausbildung oder einem Studium gelten Ausnahmen. Die Wartezeit ist dann vorzeitig erfüllt, wenn eine Erwerbsminderung innerhalb von sechs Jahren danach eintritt und Betroffene in den zwei Jahren zuvor mindestens ein Jahr lang Pflichtbeiträge an die Rentenversicherung gezahlt haben.
Erwerbsminderungsrente: Für Menschen mit Behinderung gelten Ausnahmen
Bei der Erwerbsminderungsrente gelten Menschen mit Behinderung unter Umständen schon früher als voll erwerbsgemindert. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung ist das der Fall, wenn...
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... sie in einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen arbeiten.
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... sie in einer beschützenden Einrichtung beschäftigt sind.
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... sie aufgrund der Schwere ihrer Erkrankung nicht arbeiten können.
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... sie zwar die Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllen, aber beispielsweise 20 Jahre in einer Werkstatt für behinderte Menschen gearbeitet haben und ununterbrochen voll erwerbsgemindert waren.
Erwerbsminderungsrente: Wie hoch fällt sie aus?
Wie hoch die Erwerbsminderungsrente konkret ausfällt, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Die Höhe richtet sich nach dem individuellen Rentenanspruch. Übrigens erhält auch Rente, wer nie gearbeitet hat. Informationen darüber erhalten Versicherte in der Regel einmal pro Jahr. Laut finanztip.de lag die durchschnittliche Auszahlung der vollen Erwerbsminderungsrente im Jahr 2021 bei 917 Euro pro Monat bei Neuzugängen und 877 Euro pro Monat bei Betandsrentnern.
Ab 1. Juli 2024 soll die Erwerbsminderungsrente zudem steigen. Betroffene könnten dann bis zu 7,5 Prozent mehr Geld bekommen. Den vollen Zuschlag erhalten laut der Deutschen Rentenversicherung Menschen, die bis Juni 2014 in Erwerbsminderungsrente gegangen sind. Wer von Juli 2014 bis Dezember 2018 wegen Erwerbsminderung in Rente gegangen ist, erhält 4,5 Prozent mehr. Für Rentenneuzugänge gelten laut der Versicherung bereits deutlich verbesserte Bedingungen.
Erwerbsminderungsrente: Welche Grenzen gelten für den Hinzuverdienst?
Die Deutsche Rentenversicherung geht davon aus, dass Menschen, die voll erwerbsgemindert sind, trotzdem noch bis zu drei Stunden pro Tag arbeiten können. In einem Nebenjob dürfen sie 2023 rund 17.820 Euro im Jahr hinzuverdienen.
Menschen, die nur teilweise erwerbsgemindert sind, können laut der Deutschen Rentenversicherung zwischen drei und maximal sechs Stunden pro Tag arbeiten. Ihre Hinzuverdienstgrenze liegt 2023 bei rund 35.650 Euro jährlich.
Wer übrigens mehr als drei beziehungsweise sechs Stunden am Tag arbeitet, gefährdet seinen Rentenanspruch. Laut der Deutschen Rentenversicherung könnte Betroffenen in einem solchen Fall trotz Einhalten der Hinzuverdienstgrenze die Erwerbsminderungsgrenze gestrichen werden.
Erwerbsminderungsrente: Wie wird die Höhe berechnet?
Die Erwerbsminderungsrente wird ähnlich der regulären Altersrente berechnet. Wie viel höher diese 2023 ausfällt, lässt sich übrigens in der Tabelle zur Rentenerhöhung nachlesen. Das Prinzip beider Berechnungen: je mehr Jahre jemand eingezahlt hat, desto höher fällt die Rente beziehungsweise Erwerbsminderungsrente am Ende aus.
Besonders junge Menschen würden bei dieser Rechnung aber den Kürzeren ziehen. Deshalb wird die Erwerbsminderungsrente doch etwas anders berechnet. Menschen, die bereits erwerbsgemindert sind, bevor sie 65 Jahre und 8 Monate alt sind, wird laut der Deutschen Rentenversicherung eine sogenannte Zurechnungszeit angerechnet.
Das heißt: Bei der Berechnung der Rentenhöhe wird laut finanztip.de so getan, als hätten Betroffene auch die Arbeitsjahre, die noch vor ihnen stehen, gearbeitet. Dabei wird das Einkommen der bisherigen Versicherungsjahre als Vergleichswert auch auf die eigentlichen Folgejahre angerechnet.
Verringern die letzten vier Jahre vor Eintritt in die Erwerbsminderung diesen Wert allerdings - beispielsweise wegen Arbeit in Teilzeit -, werden diese rausgerechnet und nicht berücksichtigt. Berechnet wird die angenommene Arbeitszeit bis zum 66. Lebensjahr. In der Berechnung der Erwerbsminderungsrente wird also so getan, als hätten Betroffene bis zu einem Alter von 66 Jahren gearbeitet.