Der Gang in die heißersehnte Rente ist nicht immer nur mit Erleichterung und Freude verbunden. Auf einmal liegt zwar alle Zeit der Welt ausgebreitet vor einem, doch für was? Für viele Menschen war die Arbeit zudem jahrzehntelang Dreh- und Angelpunkt im Leben. Aufgaben, Anerkennung und ein nicht zu unterschätzender Teil des sozialen Lebens gingen mit ihr einher. Wenn das alles von einem Tag auf den anderen wegbricht, gleicht das einer 180-Grad-Wende. Wir sagen Ihnen, welche Fehler Menschen kurz vor Renteneintritt machen, und wie man sie vermeiden kann.
Kurz vor der Rente machen Menschen diese Fehler: Rente romantisieren
Die Rente wird vor allem in den letzten Jahren der Berufstätigkeit nicht selten idealisiert und romantisiert. Dabei baut der Rosarote-Brille-Blick auf die künftige Zeit ohne Arbeit und Verpflichtungen eine Fallhöhe auf, die kaum der Realität standhalten kann. Vor allem in Bezug auf Reisen und einen Lebensabend im Ausland seien viele Vorstellungen von Trugschlüssen gespickt, wie Sebastian Kernbach im Interview mit ZEIT-Online sagt. Der 44-Jährige, der an der Universität St. Gallen zum Übergang vom Arbeitsleben in den Ruhestand forscht, appelliert daher die Wunschvorstellungen zunächst auf Herz und Nieren zu prüfen. Im Falle eines immer schon gehegten Lebenstraums im Süden oder einer Weltreise könne demnach ein langer aber temporär begrenzter Auslandsaufenthalt eine erste Feuertaufe sein. Wer darüber hinaus mit dem Renteneintritt einen dauerhaften Umzug in ein anderes Land plant, sollte einige Dinge beachten.
Kurz vor der Rente machen Menschen diese Fehler: Von 100 auf 0
Ein weiterer Fehler hängt ebenfalls mit der idealisierten Vorstellung zusammen, ein massiver Zugewinn an Zeit sei automatisch ein Mehrwert an Lebensqualität. Natürlich hat niemand etwas gegen mehr Zeit einzuwenden. Doch nicht wenige Menschen sind damit überfordert, genau diese einzuteilen, gerade wenn eine 40 Stundenwoche durch einen maximalen Zeitgewinn und das Fehlen jeglicher Tagesstruktur ersetzt wird. Zumindest am Anfang kann sich so ein sogenannter "Bore-Out"-Effekt, das heißt große, zu Lethargie führende Langeweile oder gar eine depressive Verstimmung einstellen, wie die Bayerische Beamten Lebensversicherung a.G schreibt.
Die Versicherungsgruppe empfiehlt daher für den Einstieg in die Rentenzeit mit 65 oder sogar früher, mit 63 Jahren, einen sanften Übergang zu wählen. Die Arbeitszeit im Vorfeld also Schritt für Schritt zu reduzieren oder zu viel freie Zeit durch einen Minijob oder ein Ehrenamt abzufedern. Ein womöglicher Hinzuverdienst neben der Rente macht sich zudem im Portemonnaie vieler Rentnerinnen und Rentner bemerkbar. Wer bereits während seiner beruflichen Laufbahn ernsthaft krank wird, kann außerdem einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellen.
Kurz vor der Rente machen Menschen diese Fehler: Stärken im Beruf werden nicht mehr abgerufen
Sinnvoll ist zudem in der Rente nicht irgendeiner Nebenbeschäftigung nachzugehen, sondern die Zeit mit sinnvoller Tätigkeit zu füllen. Das kann ein Ehrenamt genauso wie ein Hobby sein. Dies bringe laut Renten-Experte Kernbach sogenannte Flow-Momente mit sich, in denen man ganz in einer Tätigkeit versinkt, sozusagen eins mit ihr wird. Bei vielen fordernden Berufen ist solch ein Intensitätsgrad an der Tagesordnung. Fällt ein Beruf weg, geht somit nicht nur die zeitliche Struktur verloren, sondern auch das Vergnügen an der Tätigkeit an sich.
Kurz vor der Rente machen Menschen diese Fehler: Geistige Betätigung schleifen lassen
Ein weiterer Fehler ist laut "Die Bayerische" der Trugschluss nur auf der faulen Haut zu liegen und geistige Tätigkeiten, die häufig mit einem gewissen Mindestgrad an Anstrengung verbunden sind, ganz ruhen zu lassen. Gerade "Denksport"-Fächer wie Philosophie, Politikwissenschaften oder Geschichte seien nicht nur spannend, sondern auch oft die gewinnbringendere Alternative zur Briefmarkensammlung - immersive Flow-Momente inklusive. Auch Musikinstrumente, Sprach- und Kochkurse könnten dafür sorgen, dass der Geist weiter gefordert bleibt und nicht so schnell verschleißt.
Kurz vor der Rente machen Menschen diese Fehler: Soziales Umfeld nur auf den Beruf reduzieren
Wenn die Kontakte zu alten Arbeitskollegen rar werden, fällt vielen Rentnern auf, wie sehr ihr Beruf gleichzeitig ihr soziales Leben mitgeprägt hat. Ein Phänomen, dass laut Kernbach vor allem die Herren der Schöpfung betrifft: "Meine Erfahrung ist, dass Frauen den Übergang zur Rente besser verkraften als Männer. Oft berichten Frauen von intensiveren Freundschaften als Männer, auch solche, in denen sie sich verletzlich zeigen können. (...) Männer scheinen da pragmatischer zu sein. Sie treffen sich dreimal im Jahr für ein Tennisspiel oder auf dem Fußballplatz. (...) Oft bleiben solche Beziehungen aber oberflächlich und helfen in der Rente nicht."
Zahlreiche Studien, unter anderem der Harvard Universität, zeigen zudem, welchen großen Einfluss zwischenmenschliche Beziehungen und gerade lebenslange persönliche Verbindungen auf das Glücksempfinden der Menschen haben. Wichtig ist demnach das soziale Leben nicht einzig auf den Beruf zu beschränken und viel Geduld und Aufwand in lebenslange Freundschaften zu investieren. Es lohnt sich in jedem Fall.
Übrigens: Rente: Für Millionen Deutsche hat sich bei den Renten-Bezügen einiges geändert. Denn wer Rente bezieht, muss sich seit dem 1. Juli 2023 auf einige Änderungen einstellen. Fakt ist zudem: Wer noch nie gearbeitet hat, hat auch nie in die Rentenversicherung eingezahlt. Doch wie hoch fällt dann die Rente aus? Andere Informationen, die über die Rente kursieren, gehören dagegen ins Reich der Mythen. Diese Renten-Irrtümer solten Sie daher kennen.